Interview wurde überwacht Inszenierung befeuert neue Sorge um Peng Shuai
08.02.2022, 07:51 Uhr
Peng Shuai (r.) schaut gemeinsam mit IOC-Präsident Thomas Bach (m.) das Ski-Freestyle-Finale.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Erstmals nach ihrem Verschwinden spricht Peng Shuai mit ausländischen Medien. Doch das Interview mit "L'Équipe" räumt die Sorgen um die frühere Weltranglisten-Erste im Doppel nicht aus. Es wirkt inszeniert. Die Tennisorganisation WTA fordert erneut eine unabhängige Untersuchung.
Die Damen-Tennisorganisation WTA zeigt sich nach einem überwachten Interview von Peng Shuai während Olympia weiter besorgt um die 36-Jährige und fordert erneut eine Untersuchung des Falles. Die chinesische Tennisspielerin hatte bei den Winterspielen in Peking IOC-Präsident Thomas Bach getroffen und im Interview der "L'Équipe" erneut einen sexuellen Übergriff durch einen chinesischen Spitzenpolitiker bestritten.
"Es ist immer gut, Peng Shuai zu sehen, ob es in einem Interview oder beim Besuch der Olympischen Spiele ist. Jedoch mildert ihr jüngstes Interview keine unserer Sorgen über ihren ursprünglichen Post am 2. November", sagte WTA-Chef Steve Simon in einer Mitteilung am Montag. Peng Shuai habe durch ihre Vorwürfe einen mutigen Schritt getan. "Wir haben eine formelle Untersuchung ihrer Vorwürfe durch die geeigneten Behörden und eine Möglichkeit für die WTA, sich mich Peng vertraulich zu treffen, um ihre Situation zu diskutieren, gefordert." Die deutsche Damen-Bundestrainerin Barba Rittner antwortete darauf via Twitter: "Stolz auf unsere WTA."
Der Fall bewegt die Welt, seit die frühere Weltranglisten-Erste im Doppel im November im sozialen Netzwerk Weibo Vorwürfe wegen eines sexuellen Übergriffs durch einen chinesischen Spitzenpolitiker veröffentlicht hatte. Der Post wurde bald danach gelöscht. Seither äußerten Sportler, Politiker und Menschenrechtler Sorge um Peng Shuais Wohlergehen. Sie hatte später bestritten, die Vorwürfe erhoben zu haben. Ihre Aussagen wirkten jedoch gestellt. Der "L'Équipe" sagte sie nun: "Ich habe niemals gesagt, dass irgendwer mich irgendwie sexuell belästigt hat." Erneut sprach sie von einem "enormen Missverständnis".
Peng Shuai verlässt olympische Blase
Auch das neuerliche Interview wirkte inszeniert. Die französische Zeitung wies selbst darauf hin, welche Bedingungen durch das Nationale Olympische Komitee Chinas (COC) erfüllt werden mussten: Peng würde sich auf Chinesisch äußern, die Fragen mussten vorab eingereicht werden, das Interview sollte ohne weiteren Kommentar veröffentlicht werden. Zudem saß bei dem Gespräch ein Vertreter des COC im Raum, der Fragen und Antworten übersetzte.
Auch der chinesische Künstler und Dissident Ai Weiwei hatte sich am Wochenende im englischen "Observer" zu Peng Shuai geäußert. "Sie ist in den sehr sicheren Händen der Kommunistischen Partei", sagte er auf die Frage, wie es der Tennisspielerin wohl gehe. Diese werde ihr Verhalten bestimmen: "Es gibt keinen Geist mehr für sie. Sie ist eine andere Person geworden, und was immer sie sagen wird, ist nicht wahr."
Unterdessen teilte IOC-Präsident Thomas Bach mit, dass Peng Shuai die olympische Blase in Peking verlassen werde. Dies habe sie ihm bei einem gemeinsamen Besuch beim Ski-Freestyle gesagt. "Ich habe sie gerade erst getroffen. Sie saß hier im Stadion", sagte Bach der Agentur Reuters beim Verlassen des Veranstaltungsorts: "Wir hatten die Möglichkeit zu sprechen, und jetzt verlässt sie die Blase und muss in Quarantäne gehen."
Quelle: ntv.de, sue/dpa