
Putin in Peking - gedanklich aber wohl in der Ukraine.
(Foto: imago images/SNA)
Die Olympischen Spiele finden statt - und Putin plant Krieg. Was nun während des Sportevents in Peking passierte, ist mittlerweile ein russisches Verhaltensmuster. Schon zum dritten Mal ignoriert der Staatspräsident den "Olympischen Frieden".
Russische Athletinnen und Athleten waren gerade in die Heimat zurückgekehrt, da wurde die "Unabhängigkeit" der Separatistengebiete im ukrainischen Donbass verkündet. Tag eins nach den Olympischen Spielen in Peking ist Tag eins des Angriffs auf die Ukraine durch Russlands Präsident Wladimir Putin.
Von vielen Staaten wurden die Olympischen Spiele politisch boykottiert, nur wenige Politiker ließen sich in Peking blicken. Einer von ihnen war Putin, der die Eröffnungsfeier besuchte und später zu denjenigen gehörte, die am Tisch von Chinas Staatsoberhaupt Xi Jinping Platz nahmen. Putin betonte, man verstehe sich als "gute Freunde".
Ihm ging es dabei nicht um den Sport, sondern darum, Allianzen zu stärken, Fäden zu ziehen und sich der Unterstützung rückzuversichern. In Putins Kopf und auf Strategiepapieren muss längst klar gewesen sein, was direkt nach Erlöschen des olympischen Feuers folgt: die Invasion, schließlich der Krieg in der Ukraine. So eine Entscheidung fällt nicht innerhalb weniger Stunden.
Es ist kein neues Muster in Putins Handeln. 2014, während der Winterspiele in Sotschi, im eigenen Land, wird die Besetzung der Krim vorbereitet und nur zwei Tage nach Ende der Paralympics durchgeführt. Auch schon 2008 während der Sommerspiele in Peking geht Russland mit dem Kaukasuskrieg ähnlich vor. Der Einmarsch russischer Truppen in Georgien findet am 8. August 2008 statt - am Tag der olympischen Eröffnungsfeier. Der damalige russische Präsident vor Putins Gnaden - Dmitrij Medwedew - kündigt "Gegenmaßnahmen" gegen eine angebliche "Militäroffensive Georgiens" an, Putin sitzt gelassen auf der Tribüne und verfolgt die Eröffnungsfeier.
Olympischer Frieden von UN festgeschrieben
Nicht nur, dass der Plan, Krieg zu führen, ohnehin immer zu verurteilen ist, missachtet Putin mit dem Einmarsch in die Ukraine nun schon zum dritten Mal den "Olympischen Frieden". "Wir fordern die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, einzeln und gemeinsam heute und in Zukunft die Olympische Waffenruhe einzuhalten und das Internationale Olympische Komitee bei seinen Bemühungen um die Förderung des Friedens und der Verständigung zwischen den Menschen durch den Sport und das olympische Ideal zu unterstützen." Dies ist Bestandteil der Milleniumserklärung der Vereinten Nationen, verabschiedet von der UN-Generalversammlung am 8. September 2000.
Die Olympische Waffenruhe hat lange Tradition - sie ist fester Teil der Olympischen Bewegung, wird auch vom Internationalen Olympischen Komitee mitgetragen, die UN ruft jedes Mal vor Olympischen Spielen erneut dazu auf. Schon in der Antike verstanden die Griechen unter der Ekecheiria (Gottesfriede) eine Art Immunität für Athleten, für sie sollte die Anreise und Teilnahme gesichert sein. Die UN sieht vor, dass in den Tagen vor, während und nach den Spielen kriegerische Konflikte ruhen. Mit hinein zählen auch die Paralympics, die in diesem Jahr am 4. März eröffnet werden und bis zum 13. März in Peking stattfinden.
Kriegsvorbereitung während Olympia
Pierre de Coubertin, der Gründer der Olympischen Spiele der Neuzeit war überzeugt, dass die Spiele Völkerverständigung schaffen und wer sich ehre und schätze, könne gar keine Kriege gegeneinander führen. Offensichtlich eine naive Sichtweise. Das beweist nicht nur Putin, das zeigen zudem die Kriege im Jemen, Kongo, Mali, dazu Grenzverletzungen und auch Cyberkriege. Die Idee des Olympischen Friedens sei nobel, sagte Melanie Coni-Zimmer, Friedensforscherin bei der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, dem Deutschlandfunk: "Gleichzeitig ist es eher eine utopische und keine realistische Idee."
Der russische Angriff auf die Ukraine steht nun zwischen den Olympischen und Paralympischen Spielen. Doch vorbereitet wurde er, während Sportlerinnen und Sportler in Peking um Medaillen kämpften. Die russischen Truppen an der Grenze zur Ukraine wurden immer weiter aufgestockt. Das gemeinsame Militärmanöver mit Belarus fand statt, auch ein Marine-Manöver nahe der Krim.
Was ist also dran am Olympischen Frieden? "Es ist ein Kommunikationsdeal, um den olympischen Gedanken zu verbreiten. Und natürlich ist die Generalversammlung der Vereinten Nationen ein perfektes Forum, um das zu verstärken und umzusetzen", sagte Wolfgang Dietrich, Friedensforscher der Universität Innsbruck, dem Deutschlandfunk. Allerdings betonte er auch: "Es ist nicht mehr als das, es ist ein ethisches Statement." Eines, das Putin offenbar nichts wert ist.
Quelle: ntv.de