Dreßen über die Olympia-Abfahrt "War nie in Bedrängnis. Das ist schlecht"

Thomas Dreßen wird bei seinen ersten Olympischen Spielen Fünfter - und will sich beim Olympiasieger was abgucken.

Thomas Dreßen wird bei seinen ersten Olympischen Spielen Fünfter - und will sich beim Olympiasieger was abgucken.

(Foto: imago/GEPA pictures)

Mit Startnummer eins geht Deutschlands Top-Speedfahrer Thomas Dreßen in die olympische Abfahrt. Schon im Ziel ahnt er allerdings, dass es mit einer Medaille eng werden wird. Die Gründe dafür weiß er sofort. Von den norwegischen Doppelsiegern Aksel Lund Svindal und Kjetil Jansrud will er sich für die Zukunft derweil einiges abschauen.

Thomas Dreßen hat sich in der Weltspitze etabliert.

Thomas Dreßen hat sich in der Weltspitze etabliert.

(Foto: dpa)

Herr Dreßen, viele Experten haben Ihnen hier in Pyeongchang eine Medaille zugetraut. Die gehen nun nach Norwegen an Aksel Lund Svindal und Kjetil Jansrud sowie den Schweizer Beat Feuz. Sind sie enttäuscht?
Thomas Dreßen: Ich war am Anfang schon enttäuscht, dass es für eine Medaille nicht gereicht hat. Aber am Ende des Tages ist ein fünfter Platz auch nicht so schlecht. Ich glaube, ich habe jetzt wirklich gezeigt, dass ich mich in der Weltspitze etabliert habe und ich werde alles daran setzen, dass ich da bleibe.

Wann haben Sie das erste Mal gemerkt, dass es heute nicht die optimale Fahrt war?
Das habe ich direkt im Ziel gemerkt. Ich bin unterwegs nie wirklich in Bedrängnis gekommen, alles ist sich relativ locker ausgegangen. Und das ist meistens nicht so gut, weil du dann eine zu weite Linie oder mit zu wenig Risiko gefahren bist. Deswegen habe ich im Ziel auch "Hm, schau'n mer mal, was daraus wird" zu mir gesagt.

Es ist jetzt vielleicht müßig darüber zu diskutieren, aber wenn man die Nummer eins nimmt, kann man sich bei den anderen ja gar nichts abschauen …
Ach, das ist echt wurscht. Hätte ich die Nummer elf gehabt, wäre der Plan auf der Strecke nicht anders gewesen. Wer nach vier Läufen noch immer nicht weiß, wo er lang fahren muss, naja. Erst als ich unten war, habe ich aber gemerkt, dass der Schnee nicht mehr so aggressiv ist. Da siehst du schon, was Erfahrung ausmacht. Wenn man sich mal anschaut, welche Leute vor mir sind, da ist keiner jünger als ich. Die haben dann halt die Erfahrung und merken im Rennen schon: "Es ist doch ein bisschen weniger aggressiv, man kann ein bisschen härter oder frecher fahren" - und das macht's dann am Ende des Tages aus.

Aber wenn Sie die anderen Fahrer gesehen hätten, dann hätten Sie doch bemerkt, dass diese die Kampflinie fahren ...
Ja, aber es ist immer schwierig für einen Athleten, seinen Plan umzuschmeißen oder zu ändern. Klar, im Nachhinein ist man immer schlauer, aber ob ich deswegen so viel schneller gewesen wäre um dann auf Platz drei zu kommen, das sei einmal dahingestellt.

Aksel Lund Svindal schmeckt sein Gold. Kjetil Jansrud (l.) und Beat Feuz freuen sich über Silber und Bronze.

Aksel Lund Svindal schmeckt sein Gold. Kjetil Jansrud (l.) und Beat Feuz freuen sich über Silber und Bronze.

(Foto: REUTERS)

Vor vier Jahren in Sotschi gab es gar keine deutschen Speed-Fahrer bei Olympia. Heute sind zwei in den Top Ten. Was hat das für eine Bedeutung, dass Sie so gut präsent sind?
Ich glaube, es ist besser, zu gucken, welche Bedeutung das für jeden Einzelnen hat. Für mich ist nicht wichtig, was vor vier Jahren gewesen ist, sondern was jetzt ist. Und ich glaube, wir sind im Moment ein richtig starkes Team, das sich gegenseitig pusht, aber auch noch viel Luft nach oben hat. Wir wollen einfach den Abstand zu den führenden Nationen verringern und hoffen, dass wir irgendwann konstant vorne mitfahren.

Ist das Ziel, so ein Team zu werden, wie es die Norweger aktuell sind?
Ob wir so erfolgreich sein werden können, puh, das ist mit Sicherheit sehr schwierig. Aber wenn es ein Team gibt, das so erfolgreich ist, dann ist es ja nicht unmöglich das auch zu schaffen. Ich glaube, man muss sich auch Ziele setzen, bei denen man sich am Anfang denkt: "Boah, das wird hart". Ziele, die man locker erreichen kann, kann sich ja jeder setzen.

Was macht die Norweger denn eigentlich so gut?
Das müsst ihr die Norweger selbst mal fragen. Unsere Trainer werden aber versuchen, herauszufinden, was sie so gut machen. Ich glaube aber, dass wir auch nicht so schlecht arbeiten, sonst hätten wir nicht so viel aufgeholt.

Aksel Lund Svindal ist der erste Skifahrer, der Super-G-Gold und Abfahrts-Gold bei den Olympischen Spielen gewonnen hat - zeigt das auch einfach, was er für ein überragender Skifahrer ist?
Das hätte man auch gewusst, selbst wenn er heute nicht Erster geworden wäre. Er ist einfach ein richtig cooler Typ, ein netter Kerl, dem man es wirklich gönnt, dass er gewinnt. Weil er auch einfach so bodenständig ist. Ich freue mich für ihn und sehe das eher als Ansporn, dass ich mir sage: "Was er erreicht hat, das möchte ich auch mal schaffen". Und ich werde auf jeden Fall hart weiterarbeiten, dass ich irgendwann einmal auch dort stehe.

Als Sie Aksel Lund Svindal zum Olympiasieg gratuliert haben, was haben Sie da gesagt?
Hut ab vor seiner Leistung und dass er ein Vorbild für jeden Athleten ist, der am Start steht.

Morgen geht's direkt weiter. Der Super-G steht an. Was ist da möglich?
Ich freue mich auf morgen, weil ich weiß, dass die Form stimmt. Im Super-G hat keiner Erfahrung. Da werden wir dann einfach Gas geben und sehen, was dabei rauskommt.

Das Gespräch wurde aufgezeichnet von Tobias Nordmann.

Quelle: ntv.de

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