Hat es Huawei auch gut gemacht? Mate S ist ein Smartphone der Edelklasse
22.09.2015, 17:30 Uhr
Das Huawei Mate S hat einen entzückenden Rücken.
(Foto: kwe)
Das Huawei Mate S sieht fantastisch aus und ist bis ins kleinste Detail hochwertig verarbeitet. Ob es auch technisch höchstes Niveau erreicht, hat n-tv.de getestet.
Der chinesische Hersteller Huawei arbeitet sich Schritt für Schritt an die Spitze der Smartphone-Hersteller. Die Nummer 1 zu werden, ist sein erklärtes Ziel und mit dem Ascend Mate 7 oder dem P8 ist er den Großen der Branche schon sehr nahe auf den Pelz gerückt. Jetzt hat Huawei bei der IFA in Berlin das Mate S vorgestellt, das wie eine Mischung aus beiden Geräten aussieht, aber letztendlich eine Klasse für sich selbst darstellen soll. Ob das gelungen ist, hat n-tv.de ausprobiert.
Schon das P8 konnte sich sehen lassen, doch das Mate S ist ein optischer Leckerbissen. Das matte Aluminiumgehäuse mit geschliffenen Kanten und leicht gewölbter Rückseite sieht klasse aus. Die Aussparungen für die Antennen sind viel dünner als beim iPhone 6 und so sauber eingefügt, dass sie mit dem Finger kaum zu ertasten sind. Ebenso perfekt sitzen Lautstärke-Wippe und Einschalter im Rahmen. Ein an den Rändern leicht nach unten gewölbtes Displayglas rundet den hochwertigen Eindruck des Mate S ab.
Groß, aber handlich
Das Gerät fühlt sich nicht nur gut an, es ist auch noch handlich, trotz eines 5,5 Zoll großen Bildschirms misst es nur 149,8 x 75,3 x 7,2 Millimeter. Zum Vergleich: Das iPhone 6 Plus kommt bei gleichem Display-Maß auf 158,1 x 77,8 x 7,1 Millimeter. Huaweis Designer haben eine prima Arbeit gemacht, auch wenn sie dabei offensichtlich ein Auge auf das HTC M9 geworfen haben. Das Mate S ist ein Smartphone der Edelklasse.
Design und Verarbeitung sind aber nur die halbe Miete, was hat das Mate S technisch auf dem Kasten? Fangen wir mit dem Bildschirm an. Im Gegensatz zu den Displays von Boliden der Android-Konkurrenz begnügt es sich mit einer Full-HD-Auflösung. Dies genügt aber für eine Pixeldichte von 401 ppi und das Auge sieht keinen relevanten Unterschied zu höher auflösenden Bildschirmen. In allen anderen Bereichen ist das AMOLED-Panel des Mate S spitze. Es bietet knackige Kontraste, brillante Farben und ist auch von der Seite noch in extremen Winkeln gut ablesbar. Durch einen leichten Blaustich wirkt es etwas kalt, doch das ist kein Problem: Huawei ermöglicht bei seinen Smartphones, die Farbtemperatur in den Einstellungen frei zu wählen.
Brillantes Display, akzeptabler Akku
Das Display des Mate S kann auch hell leuchten, doch das verhindert die ziemlich gut arbeitende automatische Regelung meistens. Gut so, denn für das schicke, flache Design hat Huawei Abstriche bei der Akku-Kapazität gemacht. Mit 2700 Milliamperestunden ist das Mate S kein Dauerläufer wie das Ascend Mate 7. Ein Schlappschwanz ist es allerdings nicht. Bei durchschnittlichem Gebrauch sinkt die Anzeige auch an längeren Tagen bis zum Schlafengehen kaum unter 30 Prozent. Nutzer, die ständig Twitter, Whatsapp und Facebook checken, ihre Youtube-Abos abarbeiten und bei jeder Gelegenheit knipsen, sollten allerdings die umfangreichen Stromspar-Möglichkeiten einsetzen, die Huaweis Benutzeroberfläche Motion UI bietet. Im Laufe der rund dreiwöchigen Testphase verbesserte sich die Laufzeit im Vergleich zu den ersten Tagen deutlich, insgesamt enttäuschte das Gerät in dieser Disziplin nicht.

Durch die leicht bauchige Rückseite sieht das Gerät noch dünner aus als es ohnehin schon ist.
(Foto: kwe)
Was die Leistung betrifft, ist beim Mate S sonst alles im grünen Bereich. Der 8-Kern-Prozessor ist zwar kein Benchmark-Meister, erledigt aber mit 3 Gigabyte Arbeitsspeicher auch anspruchsvollere Aufgaben mühelos. Lediglich bei sehr aufwändigen Spielen merkt man ihm die Anstrengung etwas an und die Rückseite erwärmt sich deutlich. Der interne Speicher des Standardmodells ist mit 32 Gigabyte ausreichend bemessen, da der Schlitten für die Nano-SIM auch eine microSD-Karte aufnimmt, die eine Kapazität von bis zu 128 Gigabyte haben darf.
Klasse Fingerabdruckscanner
Ein großes Lob verdient Huawei für den Fingerabdruck-Scanner auf der Rückseite. Er reagiert äußerst schnell und präzise und sitzt direkt unter der Kamera genau richtig. Egal mit welcher Hand das Gerät gehalten wird, der Zeigefinger findet den quadratischen Sensor sofort. Das sichere Entsperren ist sein wichtigster Job, aber der Scanner hat noch weitere Talente. So kann man ihn als Touchpad nutzen und beispielsweise durch Fotos scrollen, Anrufe annehmen oder die Benachrichtigungsleiste herabziehen. Sehr nützlich ist der Sensor auch als Auslöser bei Selfies.
- Betriebssystem: Android 5.1.1
- Display: 5,5 Zoll, AMOLED, 1920 x 1080 Pixel, 401 ppi
- CPU: Hisilicon Kirin 935, 8 Kerne
- RAM: 3 GB
- Interner Speicher: 32 GB
- Hauptkamera: 13 MP, f/2.0, Dual-LED
- Frontkamera: 8 MP, f/2.4
- LTE, WLAN 802.11 b/g/n, 2,4 GHz, Bluetooth 4.0
- Sensoren: Fingerabdruck, Kompass, Beschleunigung, Gyro, Näherung, Umgebungslicht, HALL
- Akku: 2700 mAh
- Maße: 149,8 x 75,3 x 7,2 mm
- Gewicht: 156 g
Die Rück-Kamera des Mate S entspricht der des P8 und muss daher nicht näher besprochen werden. Sie macht im 16:9-Format Bilder mit 10 Megapixeln, im 4:3-Format mit 13 Megapixeln. Sie hat einen eigenen Foto-Prozessor, ist schnell und bei schwachen Lichtverhältnissen ganz weit vorne. Sie hat einen optischen Bildstabilisator und ist in der Lage, prächtige Nahaufnahmen zu machen. Zusatz-Funktionen wie Langzeit-Belichtungen mit "Lichtmalerei" gefallen ebenfalls. Klasse ist auch die Selfie-Kamera mit Blende f/2.4 auf der Vorderseite, der Huawei im Mate S einen eigenen Blitz spendiert hat. Auf kurze Distanz sind so eigentlich in allen Lichtverhältnissen mehr als ansehnliche Selbstportraits möglich.
Guter Klang, eigenwillige Software
Huawei hat beim Mate S auch auf einen guten Ton geachtet. Der Mono-Lautsprecher unten rechts ist sehr laut und liefert für Smartphones einen ziemlich kräftigen Sound. Bei Telefonaten hören sich beide Teilnehmer klar und deutlich, Nebengeräusche stören kaum. Für die optimale Aufnahme von Gesprächen hat das Gerät drei Mikrofone. Die Rekorder-App bietet neben einem normalen Modus für Besprechungen und Interviews spezielle Modi, die die Mikros der Situation entsprechend einsetzen.
Die Benutzeroberfläche Emotion UI 3.1 ist optisch gelungen und bietet einige hübsche und nützliche Extras. Ganz vorne ist hier der Telefonmanager zu nennen, über den Nutzer unter anderem unkompliziert Speicher, System oder Stromverbrauch optimieren können. Achtung: Wer Messenger, E-Mail- oder Nachrichten-Apps von Drittanbietern nutzt, muss darauf achten, dass sie als "Geschützte Apps" im Hintergrund weiterlaufen dürfen, wenn das Display deaktiviert wird. Sonst werden Nachrichten weder abgerufen noch gepusht.
Wann kommen Updates?
Wer von einem anderen Android-Gerät wechselt, muss sich auch erst an die von Apples iOS übernommenen Eigenschaften gewöhnen. So gibt es keine App-Sammlung, alle Anwendungen werden auf die Homescreens verteilt. Hübsch, aber nicht unbedingt jedermanns Sache sind die Fingerknöchel-Gesten. So können Nutzer beispielsweise den Bildschirm durch zweimaliges Anklopfen einschalten oder Anwendungen öffnen, indem sie einen zugeordneten Buchstaben mit dem Knöchel auf den Touchscreen malen.
Was die Software betrifft, hat Huawei in der Vergangenheit eine große Schwäche gezeigt: Android-Updates kommen sehr spät oder gar nicht. Das über ein Jahr alte Ascend Mate 7 wartet beispielsweise immer noch auf Lollipop (Android 5). Vielleicht wartet Huawei auf Android 6 (Marshmallow), weil hier eine Schnittstelle für Fingerabdrucksensoren integriert ist. Am 29. September stellt es Google vor, dann tickt auch die Update-Uhr fürs brandneue Gerät, das mit Android 5.1 ausgeliefert wird.
Qualität hat ihren Preis
Unterm Strich ist Huawei mit dem Mate S ein hervorragendes und hochwertiges Smartphone gelungen, das optisch und funktional überzeugen kann und eine prima Kamera-Ausstattung bietet. Echte Schwächen hat das Gerät nicht, ein etwas dickeres Bäuchlein für einen größeren Akku hätte ihm allerdings nicht geschadet. Und: Ein Preis-Kracher wie seine Vorgänger ist das Mate S nicht. Huawei schließt hier ebenfalls zu Samsung & Co. auf, das 32-Gigabyte-Modell hat eine unverbindliche Preisempfehlung von 649 Euro. Das Gerät soll in Kürze in den Handel kommen.
Die Chinesen haben in Berlin auch ein Mate S mit 128 Gigabyte Speicher und Force-Touch-Display gezeigt, es soll allerdings erst im kommenden Jahr verfügbar sein. Ob es sich lohnt darauf zu warten, ist fraglich. Der Funktionsumfang ist doch deutlich kleiner als bei Apples 3D-Touch-Technologie, die im iPhone 6s zum Einsatz kommt.
Quelle: ntv.de