Zerschlagung der Großbanken Ackermann fordert Rücksicht
16.11.2009, 13:07 UhrDeutsche-Bank-Chef Josef Ackermann spricht sich gegen eine Zerschlagung großer Geldhäuser aus. Überraschen kann er mit dieser Haltung wohl niemanden - mit seiner Anerkennung für einen Vorschlag der Wirtschaftsweisen dagegen schon.
Die Größe allein dürfe nicht per se Kriterium für deren Systemrelevanz sein, sagte Ackermann auf einer Branchenkonferenz in Frankfurt. Kleine Institute könnten bei einem identischen Geschäftskonzept in der Summe genauso systemrelevant sein wie eine Großbank, sagte Ackermann.
Zudem könnten nur große Banken effizient Dienstleistungen für globale Unternehmen erbringen. Anstatt der Größe sei vielmehr entscheidend, wieviel Risiken eine Bank in ihren Büchern habe. Ein Institut mit viel Risiko sollte auch mehr Eigenkapital vorhalten müssen.
"Für keine Bank darf es eine bedingungslose Bestandsgarantie geben", betonte Ackermann und wiederholte damit eine seit Monaten diskutierte Forderung von Branchenkritikern.
Weltweit hatten zuletzt unter anderem auch Politiker aus Großbritannien als Reaktion auf die Finanzkrise eine Zerschlagung großer Banken gefordert.
Im Gegensatz zur Zerschlagung hält Vorstandschef Ackermann einen europäischen Banken-Notfallfonds für denkbar. Damit könne eine geordnete Abwicklung von Instituten im Falle einer Finanzkrise finanziert werden, erklärte Ackermann.
Die Idee geht zurück auf einen Vorschlag des Sachverständigenrat der Bundesregierung zur Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. In den neu zugründenden Stabilitätsfonds sollen internationale Banken je nach Größe eine Abgabe einzahlen. Gerät ein Institut in Schieflage, könnte die Hilfe teilweise aus diesem Topf bezahlt werden, hatten die auch "Wirtschaftsweise" genannten Experten Ende vergangener Woche erklärt.
Der Patient erklärt die Therapie
Ackermann warnte zugleich vor den Gefahren einer frühen Einführung neuer Eigenkapitalregeln für die Finanzindustrie. Der Schweizer sprach für einen schrittweisen Start der Vorschriften aus. So könnten alle Beteiligten unerwartete Nebenwirkungen besser in den Griff bekommen.
Die Regierungen der 20 größten Industrie- und Schwellenländer sind sich einig, dass schärfere Regeln erst nach der Wirtschaftskrise eingeführt werden. Ackermann warnte aber, dass bereits die Ankündigung ihre Schatten vorauswerfe: Banken beschränkten eventuell ihr Wachstum, also die Kreditvergabe.
Die Institute weltweit müssen sich als Folge der Krise darauf einstellen, künftig mehr und qualitativ hochwertigeres Eigenkapital vorzuhalten. Die neuen Regen dürften die Zügel für die Banken aber nicht zu eng ziehen, mahnte Ackermann. "Ich bin etwas in Sorge, dass der kumulative Effekt der diversen Veränderungen unterschätzt werden könnte", sagte er. Es bestehe die Gefahr, dass die Fähigkeit der Geldhäuser zur Kreditvergabe übermäßig eingeschränkt werde.
Geldflut am Markt
Ackermann machte deutlich, dass die Milliardengewinne seines Hauses und vieler Rivalen in diesem Jahr noch kein Anzeichen für ein Ende der Krise sei. "Die guten Zahlen spiegeln eine Sondersituation wider", betonte der Deutsche-Bank-Chef. Märkte und Banken profitierten noch von den Stützungsmaßnahmen der Notenbanken und Staaten weltweit.
Diese führten etwa zu einer Anleiheflut an den Finanzmärkten, an der Investmentbanken kräftig Geld verdienten. Wie sich die Banken nach einer Normalisierung - ohne die staatlichen Milliarden am Markt - schlagen, ist Ackermann zufolge noch offen. Viele Experten erwarten, dass die Gewinne der Investmentbanken bereits im nächsten Jahr wieder sinken werden.
Quelle: ntv.de, rts