Wirtschaft

Viele Töpfe auf dem Feuer Ackermanns Sorgen

Ackermann muss penibel auf seine Wortwahl achten, denn die Reihen seiner Kritiker sind dicht besetzt.

Ackermann muss penibel auf seine Wortwahl achten, denn die Reihen seiner Kritiker sind dicht besetzt.

(Foto: AP)

Es gibt leichtere Jobs als den von Josef Ackermann. Während es in der Branche kocht und brodelt, muss der Top-Manager aufpassen, dass auch im eigenen Haus nichts anbrennt.

Als größtes Geldhaus Deutschlands steht die Deutsche Bank im Zentrum der Aufmerksamkeit höchst unterschiedlicher Interessengruppen. Wenn Bank-Chef Josef Ackermann vor Publikum spricht, muss er penibel auf die Wortwahl achten. Als kritik-erfahrener Mann weiß er, dass seine Worte je nach Zuhörer anders ausgelegt werden.

Die Reihen seiner Kritiker sind dicht besetzt: Anleger, Kunden, Analysten, Mitarbeiter, Großinvestoren, Aktionärsschützer, Mitbewerber, Aufseher, Politiker, Medienvertreter und Notenbanker legen jede von Ackermanns Aussagen auf eine eigene Goldwaage.

Josef Ackermann auf dem European Banking Congress in Frankfurt.

Josef Ackermann auf dem European Banking Congress in Frankfurt.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Für den Mann an der Spitze der Deutschen Bank stehen die Ertragskraft des Hauses und die Auswirkungen der Finanzkrise natürlich ganz oben auf der Agenda. Daneben gibt es allerdings noch eine Reihe weiterer Brennpunkte, die ihm und vielen seiner Zuhörer erheblich auf den Seelen lasten. Hier ein kurzer Überblick:

Die Ertragskraft der Bank

Im dritten Quartal 2009 verbuchte die Bank einen Nachsteuergewinn von 1,4 Mrd. Euro - und lag damit über dem Vergleichswert von 414 Mio. Euro aus dem dritten Quartal 2008. "Wir haben in diesem Quartal wieder ein solides Ergebnis vorgelegt", ließ sich Ackermann anlässlich der Bekanntgabe der Zahlen zitieren. "Dabei haben wir an unserer strikten Bilanzdisziplin festgehalten, unser Kapital weiter gestärkt und zugleich wichtige Schritte zur Ausweitung unseres Geschäfts gemacht. Alle unsere Geschäftsbereiche waren im dritten Quartal profitabel."

Wer diese Krise übersteht, dem winkt ein glückliches Bankenleben: Josef Ackermann in Frankfurt.

Wer diese Krise übersteht, dem winkt ein glückliches Bankenleben: Josef Ackermann in Frankfurt.

(Foto: REUTERS)

Von seinem umstrittenen Renditeziel aus früheren Tagen von 25 Prozent auf das eingesetzte Eigenkapital rückt der Bank-Chef mittlerweile ab. Das Erreichen dieser Marke würde wohl schwieriger, räumte er im November ein. "Wir werden nicht mehr Risiko nehmen, um partout 25 Prozent zu erreichen", versprach er.

Die mittelfristig angepeilte Eigenkapitalrendite sei kein Wert an sich. Ziel bleibe es, zu den besten Banken der Welt zu gehören. "Wenn für alle Marktteilnehmer andere Voraussetzungen gelten, ändert sich womöglich die Messlatte für die Besten", sagte der Top-Banker, der auch Präsident der Internationalen Bankenvereinigung IIF ist.

Die Auswirkungen der Finanzkrise

Der Chef der Deutschen Bank sieht mittlerweile in der Finanzkrise das Schlimmste überstanden. "Die Notenbanken sind die Defibrillatoren gewesen, die die Finanzmärkte zurück ins Leben geholt haben", stellt Josef Ackermann auf dem Europäischen Bankenkongress (EBC) in Frankfurt fest.

Dank der staatlichen Hilfe sei die Situation mittlerweile unter Kontrolle. Für eine Entwarnung ist es laut Ackermann aber noch zu früh. Die Erholung sei fragil, wiederholt er seine Warnungen.

Abhaken will er die Krise allerdings noch nicht. "2010 wird ein weiteres Jahr mit vielen Herausforderungen", warnt Josef Ackermann am Rande des Kongresses. Zwar liege das Schlimmste hinter den Finanzmärkten, wiederholte er. Vor allem die steigenden Kreditausfälle bereiteten ihm Sorgen, sagt er.

Die Lehren aus der Krise

Viele Töpfe auf dem Feuer: Bei erfahrenen Köchen geht selten etwas schief.

Viele Töpfe auf dem Feuer: Bei erfahrenen Köchen geht selten etwas schief.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Ackermann wehrt sich gegen eine starke Regulierung der Finanzbranche. "Gerade in einer Phase fragiler Wirtschaftsentwicklung muss man auch den Preis sehen, wenn man zu weit gehen würde", sagte der Schweizer am Freitag auf einem Finanzkongress in Frankfurt. Dies könnte die Finanzierung der Wirtschaft stark beeinträchtigen. Klar sei, dass die Banken als Puffer mehr Eigenkapital vorhalten müssten. Die Frage sei aber, wieviel genau nötig sei. Hier müssten Kosten-Nutzen-Überlegungen eine Rolle spielen.

Die Regierungen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer wollen die Eigenkapitalvorschriften für die Finanzindustrie ab 2011 verschärfen. Die Institute müssen künftig mehr und qualitativ höherwertiges Eigenkapital vorhalten. Details stehen aber noch aus.

Angst vor der Regulierung

Nach Einschätzung von Ackermann dürfen die künftigen Regeln nicht über das Ziel einer besseren Risikokontrolle hinausschießen. "So viel Regulierung wie nötig, um die Stabilität des Finanzsystems ausreichend zu stärken, ohne es aber zu strangulieren", betonte er in dem Interview. Ein gewisses Risiko müsse man in Kauf nehmen. "Es ist daher naiv zu glauben, dass es nie mehr eine Krise geben wird."

Die eigene Bonitätsnote

Wegen Kreditrisiken drohen der Deutschen Bank schlechtere Noten von der Ratingagentur Moody's. Die Experten prüfen nach eigenen Angaben eine Herabstufung der Bewertungen des Instituts. Zwar sei die Deutsche Bank durch die Finanzkrise bislang mit geringeren Verlusten gekommen als zahlreiche Konkurrenten, erklärt Moody's. Zugleich attestieren die Analysten dem Geldhaus aber eine gewisse Schwäche im Kreditprofil.

Die Finanzstärke der Deutschen Bank bewertet Moody's derzeit mit der Note "B". Das Rating für die vorrangigen Verbindlichkeiten lautet auf die zweithöchste Note "Aa1". Die Experten gehen davon aus, dass die Deutsche Bank und andere Institute weltweit sich in den kommenden Quartalen mit einer zunehmend schlechteren Qualität von Vermögenswerten konfrontiert sehen. Dies werde wahrscheinlich zu größeren Kreditausfällen führen als in den bisherigen Bonitätsnoten berücksichtigt.

Ackermanns Fonds-Vorschlag

Für künftige Krisen regt Ackermann die Bildung eines von Banken und Staaten finanzierten Fonds an - idealerweise auf europäischer Ebene. Hieraus sollten dann notleidende Institute gestützt werden, schlägt der Vorstandschef vor.

Seine Idee eines Fonds für schlingernde Finanzinstitute muss er gegen massive Kritik von verschiedenen Seiten verteidigen. "Eine Banken-Rettungsaktion würde das Vermögen des privaten Sektors schlichtweg übersteigen, womit dieser überfordert wäre", hält Ackermann dagegen. Daher brauche es den Staat, wie etwa bei der Stützung der Krisenbank Hypo Real Estate.

Eine systemische Krise könne nicht von einer Branche alleine gelöst werden. "Ohne Fonds müsste der Staat bei systemisch wichtigen Banken ja wieder alleine oder doch zumindest viel stärker einspringen."

Kritisiert hatten ihn unter anderem hochrangige deutsche Politik, Vertreter der Finanzaufsicht und ein Experte der Europäischen Zentralbank. EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark lehnt den Vorstoß strikt ab. Stattdessen fordert er strengere Regeln und eine bessere Aufsicht über das Finanzsystem.

"Nun ist es Zeit zu handeln und sicherzustellen", so Stark in seiner Replik auf Ackermanns Vorschlag, "dass Finanzinstitute niemals wieder das wirtschaftliche Wohlergehen von Menschen als Geiseln nehmen können, die überhaupt nicht an den unverantwortlichen Geschäftsentscheidungen dieser Institute beteiligt waren." 

Die Zukunft der Branche

Im Hinblick auf international kursierende Vorschläge, schwer zu kontrollierende Großbanken in mehrere kleinere Häuser umzuwandeln, muss Ackermann eine wenig überraschende Position vertreten: Er spricht sich selbstverständlich gegen eine "Zerschlagung" aus.

Die Größe allein dürfe nicht per se Kriterium für deren Systemrelevanz sein, sagt der Schweizer. Großbanken seien wichtig zur Finanzierung international aktiver Unternehmen. Anstatt der Größe sei vielmehr entscheidend, wieviel Risiken eine Bank in ihren Büchern habe. Ein Institut mit viel Risiko sollte auch mehr Eigenkapital vorhalten müssen. "Für keine Bank darf es eine bedingungslose Bestandsgarantie geben", betont er.

Weltweit hatten zuletzt einige Politiker als Folge der Finanzkrise eine Aufteillung großer Banken gefordert, um dem Teufelskreis zwischen Größe, Systemrelevanz und infolgedessen erpressbarer Regierungen zu entkommen.

Der Zertifikatemarkt

Der Zertifikatemarkt in Deutschland scheint sich gemessen an den Börsenumsätzen weiter zu erholen. Das Handelsvolumen derivativer Wertpapiere an den Börsen in Stuttgart und Frankfurt steigt im Oktober im Vergleich zum Vormonat um zehn Prozent auf 4,82 Milliarden Euro gestiegen. Das zumindest teilt der Deutsche Derivateverband (DDV) Mitte November mit. Von alten Glanzzeiten ist die Branche aber damit noch immer weit entfernt. Im Oktober vergangenen Jahres lag der Umsatz noch bei 10,55 Mrd. Euro gelegen.

Die drei ersten Plätze in der Emittentenrangliste belegen nach wie vor die Deutsche Bank, Commerzbank und Royal Bank of Scotland.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/dj/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen