Trüber Ausblick Anleger strafen VW ab
24.02.2014, 11:01 Uhr
VW will die Marke aufpolieren - Anlegern reicht offenbar der bisherige Glanz.
(Foto: picture alliance / dpa)
Volkswagen will endlich bei der Lkw-Tochter Scania durchregieren. Dazu nehmen die Wolfsburger viel Geld in die Hand. Allerdings bricht bei Analysten kein Jubel aus. Einige monieren die Fixierung auf Größe. Und auch die Prognosen sind reichlich konservativ.
Aktionäre von Europas größtem Autobauer Volkswagen grummeln über das als zu teuer gewertete Übernahmeangebot für Scania sowie den enttäuschenden Ausblick. Die Titel sackten bei einem äußerst regen Handel um fast acht Prozent ab auf ein zwischenzeitliches Tagestief von 184,95 Euro und waren damit Schlusslicht im Dax.
"Unserer Meinung nach macht das Angebot für Scania sowohl unternehmerisch als auch finanziell wenig Sinn", schrieb UBS-Analyst Frederic Stahl. In der Lkw-Branche habe es jede Menge Fusionen und Übernahmen gegeben, die frühe Synergie-Versprechen nicht hätten einlösen können. Scania sei unter anderem deshalb so erfolgreich, weil die Firma in den vergangenen Jahren nicht durch ein entsprechendes Hin und Her abgelenkt gewesen sei.
VW lockt mit sattem Aufschlag
VW hatte am Freitag angeboten, Scania für insgesamt 6,7 Milliarden Euro komplett zu übernehmen. Pro Scania-Aktie will VW 200 schwedische Kronen zahlen. Das ist eine Prämie von 35,6 Prozent zum Schlusskurs vom Freitag. Zu Wochenbeginn schnellten die Titel des schwedischen Lkw-Herstellers an der Börse in Stockholm um 32 Prozent nach oben, blieben bei einem Kurs von 194,70 Kronen aber unter dem Angebotspreis.
Bislang hält VW 62,6 Prozent der Scania-Aktien und 89,2 Prozent der Stimmrechte. Die vollständige Integration des schwedischen Konzerns soll langfristig mehrere Hundert Millionen Euro an Synergieeffekten bringen. Finanziert werden soll die Übernahme unter anderem durch die Ausgabe neuer Vorzugsaktien im Volumen von bis zu zwei Milliarden Euro.
Analysten brechen nicht in Jubel aus
Analysten reagierten auf die Pläne eher zurückhaltend, und auch die vorsichtigere Prognose für das operative Ergebnis im laufenden Jahr vermochte nicht alle zu überzeugen. Barclays stufte VW auf "Neutral" herunter. "Unter strukturellen Gesichtspunkten mögen wir VW nach wie vor; ihr Baukastensystem scheint zu funktionieren, sie vermarkten sich gut und haben großartige Ingenieure", heißt es im Barclays-Kommentar. Eine negative Gewinndynamik - vor einem Jahr seien die Erwartungen für das 2014er Ergebnis je Aktie noch um 15 Prozent höher gewesen - und die aktuelle Unsicherheit über die weitere Entwicklung seien aber negativ für die Aktie.
"Der schwache Ausblick für 2014 und das hohe Angebot für Scania werden sehr wahrscheinlich die Stimmung trüben und die Ansicht festigen, dass das Management zulasten der Aktionäre vordergründig auf Größe fokussiert ist", heißt es in der Studie weiter. Angesichts der vierten Kapitalerhöhung in vier Jahren müsse die Frage erlaubt sein, warum nie die Halter von Stammaktien herangezogen werden und was wohl noch auf der Agenda stehe.
Missverhältnis von Kosten und finanziellen Vorteilen
Für Arndt Ellinghorst vom Londoner Analysehaus International Strategy & Investment stellt sich die Frage nach dem Sinn der teuren Transaktion. Er sieht ein Missverhältnis von Kosten und finanziellen Vorteilen. Die in zehn Jahren zu erwartenden Synergien abzüglich Steuern und Kapitalkosten schätzt er auf knapp 1,8 Milliarden Euro. Dies stehe in keinem Verhältnis zu den 6,7 Milliarden Euro, die VW dafür hinblättern wolle.
Die Ratingagentur Fitch befürchtet gar, die aggressive Akquisitionsstrategie könne den finanziellen Spielraum von VW verringern. Der Konzern werde im laufenden Jahr voraussichtlich zwischen 40 und 50 Prozent der geplanten Übernahme aus dem Cashflow finanzieren.
Analyst Ellinghorst kritisiert zudem, dass VW durch die angestrebte 100-prozentige Übernahme seine Grundsätze über Bord werfe. Bislang legt der Konzern Wert darauf, die Marken nicht am Gängelband zu führen, sondern ihnen Freiheiten zu lassen. Ein Beispiel ist die Pkw-Tochter Audi, von der ein kleiner Aktienanteil noch an der Börse notiert ist. Scania dagegen soll ganz von der Börse verschwinden.
VW hält dem entgegen, nur durch die vollständige Übernahme von Scania könnten Hürden beseitigt werden, die die Zusammenarbeit mit MAN bisher behinderten.
Nach Einschätzung der DZ Bank, die VW-Aktien zum Kauf empfiehlt, sollte der vorsichtige Geschäftsausblick nicht überbewertet werden, "insbesondere da sich VW sehr vorsichtig zu den Markterwartungen in Europa und einigen Schwellenländern äußert". Auch die LBBW bekräftigte ihre Kaufempfehlung für die Titel.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ