Warmer Regen am Aktienmarkt Apple verteilt Milliarden
19.03.2012, 14:40 Uhr
Mit der richtigen Aktie lohnt sich das Warten: Der iPad-Hersteller beugt sich dem Druck der Börsen und öffnet erstmals seit knapp 17 Jahren seine Geldspeicher. Dort schlummern Reserven in Höhe von fast 100 Milliarden Dollar. Ein guter Teil davon soll nun an die Anteilseigner fließen.
Nach langem Drängen der Aktionäre gibt der US-Konzern Apple Auskunft darüber, was die Konzernführung mit dem Geldpolster von rund 98 Mrd. Dollar zu tun gedenkt. Kurz vor Handelsstart in New York bekommt die Öffentlichkeit eine Antwort: Erstmals seit 1995 können Anteilseigner wieder mit einer Ausschüttung rechnen.
Die Dividende wurde auf 2,65 Dollar pro Aktie im Quartal angesetzt, kündigte das Unternehmen in einer mit Spannung erwarteten Mitteilung an. Außerdem will der Hersteller von Produkten wie und eigene Aktien im Wert von 10 Mrd. Dollar zurückkaufen. Insgesamt sollen binnen drei Jahren 45 Mrd. Dollar an die Aktionäre ausgeschüttet werden.
Apple hatte in den 90er Jahren die Dividendenzahlungen eingestellt, als das Unternehmen finanziell und konzeptionell am Abgrund stand. Inzwischen sitzt der iPhone- und iPad-Hersteller jedoch auf einem Geldberg von rund 100 Mrd. Dollar - das entspricht in etwa dem Bruttoinlandsprodukt von Marokko oder der Slowakei.
Ein Großteil der Reserven geht auf die Verdienste des kürzlich verstorbenen Apple-Chef Steve Jobs zurück, der dem Konzern mit seinen Design-Vorstellungen und hohen Qualitätsansprüchen zu enormen Erfolg verholfen hatte.
Mit dem Geldregen kommt Apple den Forderungen seiner Anteilseigner nach, die in den vergangenen Monaten immer stärker auf eine Verteilung der riesigen Bargeld- und Wertpapierbestände gedrungen haben. An der Börse löste die Ankündigung gemischte Reaktionen aus: In Frankfurt grenzte das Apple-Papier seine Gewinne vom Vormittag wieder ein. Im vorbörslichen Handel an der der Wall Street zeigte sich der Anteilsschein richtungslos. In einem beweglichen Umfeld drehte die Aktie kurz vor Börsenstart wieder ins Plus.
In den Genuss einer Dividende kamen Aktionäre bei Apple zuletzt im Jahr 1995. Kurz darauf geriet der Konzern in die Bredouille und verbuchte 1996 einen Nettoverlust von 816 Mio. Dollar. Nur eine Radikalkur des zurückgekehrten Firmenmitgründers Steve Jobs brachte Apple wieder in die Erfolgsspur.
Mittlerweile ist Apple das teuerste börsennotierte Unternehmen der Welt. Am Aktienmarkt wird der Konzern mit rund 546 Mrd. Dollar bewertet. Analysten gingen davon aus, dass hinter den Kulissen heftig um das Thema Dividende gerungen wurde.
Steve Jobs war immer dagegen
Apple-Gründer , der das Unternehmen in den 90er Jahren vor der Pleite rettete und bis zu seinem Tod 2011 führte, galt als strikter Gegner einer Dividende. Sein Nachfolger machte den Aktionären schon seit einigen Monaten Hoffnung. Eine weitere Forderung bezog sich auf den Wert der Aktien. Apple kommt dem Drängen daher auch mit einem großangelegten Aktienrückkauf nach.
Die Dividendenzahlungen sollen im vierten Geschäftsquartal starten, das bei Apple mit dem Juli beginnt. Die Aktienrückkäufe sind erst im nächsten Geschäftsjahr geplant. Bisher ging Apple sehr zurückhaltend mit den Geldreserven um. Sie wurden für kleinere Firmenzukäufe eingesetzt - oder Milliarden-Deals, die eine langfristige Versorgung mit wichtigen Bauteilen sichern.
Apple-Chef Tim Cook versicherte, trotz der Investitionen verfüge der Konzern über "eine Kriegskasse für strategische Gelegenheiten". Durch die Entscheidungen verschließe sich für das Unternehmen keine Tür. Vielmehr werde sich damit die Basis an Aktionären und Investoren verbreitern. Cook kündigte an, die Dividendenpolitik regelmäßig zu überprüfen.
Aufs Gesamtjahr hochgerechnet liegt Apples Dividendenrendite bei 1,8 Prozent. Zum Vergleich: Die Deutsche Telekom bietet ihren Aktionären 7,89 Prozent. John Strand von Strand Consulting begrüßte die Neuankündigung trotzdem: "Apple ist ein überkapitalisiertes Unternehmen und es ist wahrscheinlich besser, das Geld in die Taschen der Aktionäre zu stecken als es in Apples Taschen zu belassen."
Der Technologiekonzern sitzt angesichts glänzender Geschäfte mit seinen Produkten in den vergangenen Jahren . Apple-Anleger hatten daher immer vehementer gefordert, der Konzern müsse deutlich machen, was mit dem Geld passieren solle.
Dem Analysten Brian Marshall von der ISI Group würden die knapp 100 Mrd. verteilt auf alle Apple-Aktien 104 Dollar pro Anteilschein entsprechen. Unter Experten war allerdings nicht ausgemacht, in welcher Form eine Ausschüttung erfolgen könnte.
Denkbar sei eine Einmalzahlung oder auch eine jährlich Dividende, hieß es vor der Bekanntgabe des Plans. Letzteres macht die Apple-Aktie auch für solche Anleger interessant machen, die vor allem auf die Dividende als Rendite setzen. Vom Rückkaufprogramm für Apple-Aktien profitieren Aktionäre indirekt, weil dadurch der Aktienkurs in der Regel steigt.
Aktiensplitt unwahrscheinlich
"Eine Dividende würde Sinn ergeben", hatte der Analyst Shaw Wu von Sterne Agee die Aussichten beschrieben. "Und die Antwort darauf kann nur binär ausfallen: Es geht um 'Ja' oder 'Nein'. Viele hoffen, dass sie 'Ja' ist." Einen Aktiensplitt hielt Wu hingegen für unwahrscheinlich. Gebe es einen Splitt, würde es Apple schwerer fallen, die Gewinnprognosen der Analysten zu übertreffen, sagte er.
Die Apple-Aktie war in der vergangenen Woche - auch dank der Aussichten auf einen Aktienrückkauf - auf ein Allzeithoch von über 600 Dollar gestiegen. Zu diesem Preis bekommen Apple-Fans bereits ein nagelneues iPad. Ein solch hoher Kurs ist für börsennotierte Unternehmen eher ungewöhnlich.
Für Kleinaktionäre etwa ist eine Firma damit eher unattraktiv. Daher splitten viele Firmen ihre Aktien, wenn sie über die Jahre relativ teuer geworden sind. Dabei könnten zum Beispiel Aktionäre statt ihrer bisherigen Aktie zu 600 Dollar 20 neue Aktien zu je 30 Dollar bekommen.
Quelle: ntv.de, dpa/rts