Wirtschaft

Staatsbankrott rückt immer näher Athen reitet auf der Rasierklinge

DI20546-20120206.jpg7583669500616763231.jpg

(Foto: dapd)

Griechenlands Übergangsregierung steht zwischen allen Stühlen. Um den akut drohenden Staatsbankrott abzuwenden, soll sie mit einem Sparprogramm aus der Feder der Troika und einer Gläubigerbeteiligung den Weg für ein 130 Milliarden Euro schweres Hilfspaket freimachen. Doch der Widerstand der Griechen gegen den eingeschlagenen Weg wird größer.

Griechenlands Premier Lucas Papademos

Griechenlands Premier Lucas Papademos

(Foto: AP)

Ein weiterer Schicksalstag für Griechenland - und wieder kommt das Land keinen Schritt weiter im Ringen gegen die drohende Staatspleite. Fristen verstreichen, Ultimaten laufen ab - so auch am Montag. Eigentlich sollten sich die drei Parteien der griechischen Einheitsregierung bis zum Montagmittag zum Sparprogramm bekennen, das die Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds dem Land für milliardenschwere Hilfen auferlegt hatte. Doch statt einer Einigung verlautet lapidar, es gebe kein Ultimatum. Im Laufe des Tages stellt sich dann heraus, dass nicht einmal ein Krisentreffen der an der Regierung beteiligten Partien stattfinden wird. Athen vertagt sich, wieder einmal.

Statt handfester Ergebnisse der Regierung steht am Abend nun ein weiteres Treffen für Ministerpräsident Lucas Papademos mit der Troika auf der Agenda. Oft wird sich dieses Schauspiel nicht mehr wiederholen können: Mitte März muss Griechenland eine Staatsanleihe über 14,4 Mrd. Euro ablösen - ohne das Geld von EU und IWF aus heutiger Sicht undenkbar. Fließt kein Geld, ist Athen bankrott. Zudem reißt den Rettern aus Brüssel, Paris und Berlin erkennbar der Geduldsfaden. Das gilt nicht nur für Sparzusagen, sondern auch die versprochene Einigung mit privaten Gläubigern auf einen Schuldenschnitt. "Wir sind bereits hinter der Deadline", sagte ein Sprecher der EU-Kommission. Der Ball liege nun auf der Seite der griechischen Regierung.

Sonderkonto statt Sparkommissar

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy setzen der Regierung in Athen die Pistole auf die Brust. Nachdem die jüngste Debatte um einen Sparkommissar in Athen als inakzeptable Demütigung vom Tisch gewischt wurde, nähern sich Merkozy der selben Frage, nämlich einem wirksamen Durchgriff auf die griechischen Finanzen, auf anderem Wege. Bei ihren Regierungskonsultationen in Paris bringen sie ein Sonderkonto für alle griechischen Staatseinnahmen ins Gespräch. Über dieses Konto sollen die griechischen Staatsschulden künftig abgebaut werden. Und sie stellen fest: "Die Zeit drängt." Es bringe jetzt nichts mehr, die Verhandlungen ständig zu verlängern. 

Statt der geforderten Sparzusagen hatten sich die drei Regierungsparteien am Wochenende lediglich auf unkonkrete Einsparungen von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts geeinigt. Die Troika will jedoch präzise Zusagen zu bestimmten Maßnahmen erhalten. Knackpunkte dürften dabei vor allem die verlangten Lohnkürzungen auch im privaten Sektor sein, die nach Gewerkschaftsangaben bis zu 25 Prozent weniger Einkommen für die Arbeitnehmer bedeuten könnte.

Giorgios Karatzaferis (r.) von der LAOS-Partei mit seinen Verbündeten.

Giorgios Karatzaferis (r.) von der LAOS-Partei mit seinen Verbündeten.

(Foto: dpa)

Wie gereizt die Stimmung bei den drei beteiligten Parteien war, zeigen Äußerungen etwa von Antonis Samaras, dem Präsidenten der konservativen Nea Dimokratia (ND): "Das Land kann sie (die Maßnahmen) nicht ertragen. Ich kämpfe mit jedem Mittel um sie abzuwenden", sagte er nach den Verhandlungen am Wochenende. Giorgos Karatzaferis, der Präsident der kleinen rechtsgerichteten Partei (LAOS), die die Regierung des Finanzexperten Papademos unterstützt, warnt vor einer "Verelendung" der Griechen und einer "Revolution" in der Gesellschaft.

Für die Beteiligten sind die Reaktionen der Bevölkerung auf Beschlüsse auch von ganz persönlicher Wichtigkeit: Noch im Frühjahr soll in Griechenland die Übergangsregierung durch eine gewählte Regierung abgelöst werden. Mit einem Wettkampf um die härtesten Einschnitte ist also nicht zu rechnen. Und schon jetzt wächst der Unmut in der Bevölkerung spürbar. Die Gewerkschaften riefen für Dienstag zu einem neuerlichen Generalstreik auf, allen voran die beiden großen Gewerkschaften ADEDY und GSEE. Sie vertreten zusammen rund zwei Millionen Arbeitnehmer.

Noch kein Haircut

Neben den unmittelbar spürbaren Einsparungen sind auch die Verhandlungen mit den privaten Gläubigern noch nicht unter Dach und Fach. Die Gespräche mit dem internationalen Bankenverband IIF dauern bereits seit Dezember an. Und die Zeit drängt: Den Gläubigern müsste Mitte Februar ein förmliches Angebot zum Anleihetausch unterbreitet werden, wenn der Forderungsverzicht fristgerecht umgesetzt werden soll. Da der Schuldenschnitt nur im Gesamtpaket mit den staatlichen Hilfskrediten beschlossen werden soll, ist dieser Zeitplan ohnehin nur noch mit Mühe zu halten. Schließlich müssen die Euro-Länder und der Internationale Währungsfonds die entsprechenden Beschlüsse noch fassen. Der Bundestag und weitere Parlamente müssen zustimmen. Wie viele Gläubiger auch nach einer formellen Einigung tatsächlich mitziehen, steht darüber hinaus auf einem anderen Blatt.

Bayerns Finanzminister Markus Söder forderte Griechenland derweil auf, aus der Euro-Zone auszutreten. "Ich glaube, wir stehen kurz vor der Entscheidung: Wenn die Griechen die Reformen nicht treffen können, dann muss auch diese Hängepartie beendet werden", sagte der CSU-Politiker im Deutschlandfunk. Da Griechenland für die Euro-Partner kein Fass ohne Boden werden dürfe, laufe alles auf einen Bankrott des hoch verschuldeten Landes hinaus. Einen Neustart für Griechenland könne am Ende nur der Austritt aus der Euro-Zone bringen.

Quelle: ntv.de, mit dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen