Cognis und Styrolution BASF bastelt an Zukunft
30.11.2010, 21:50 UhrBASF mausert sich zum Spezialchemiekonzern. Die Übernahme von Cognis, die die EU mit Auflagen genehmigt hat, passt perfekt in dieses Bild. Zudem will sich der Dax-Riese langfristig von seinem Styrolkunststoff-Geschäft trennen. Die Gründung eines Joint Ventures bereitet den Weg.
Für BASF ist es ein denkwürdiger Tag gewesen - mit zwei entscheidenden Weichenstellungen für die unternehmerische Zukunft des Dax-Konzerns. Die Europäische Kommission hat den geplanten Erwerb des Spezialchemieherstellers Cognis durch BASF unter Auflagen genehmigt. Wegen wettbewerblichen Bedenken im Markt für Hydroxymonomere wird der Dax-Konzern die gesamte Cognis-Produktion in diesem Bereich veräußern, wie die EU-Behörde mitteilte. Zudem wird der Ludwigshafener Konzern unter anderem den Cognis-Geschäftsteil Oberflächenbehandlung verkaufen sowie dem Erwerber geistige Eigentumsrechte übertragen.
Bei Hydroxymonomere handelt es sich um Chemikalien, die für Beschichtungen und Klebstoffe verwendet werden.
Übernahme fast abgeschlossen
Wie BASF mitteilte, entfalle auf die zu verkaufenden Bereiche ein Jahresumsatz von "deutlich unter 100 Mio. Euro". Das seien weniger als drei Prozent des Gesamtumsatzes von Cognis, unterstrichen die Ludwigshafener.
Neben der EU haben auch die chinesischen Behörden den Deal genehmigt. Damit liegen BASF eigenen Angaben zufolge die Zustimmungen aller erforderlichen Kartellbehörden vor. Der Abschluss der Übernahme werde für die erste Dezemberhälfte erwartet.
Spezialchemie im Fokus
Im Juni hatte BASF die Übernahme des kleineren Wettbewerbers für 3,1 Mrd. Euro inklusive Schulden und Pensionsverpflichtungen angekündigt. Die bisherigen Cognis-Eigentümer, die Beteiligungsgesellschaften Permira, Goldman Sachs und SV Life Sciences, die seit 2001 bei Cognis engagiert sind, sollen 700 Mio. Euro erhalten. Die frühere Henkel-Tochter wird bei BASF in den Geschäftsbereich Performance Products eingegliedert. Cognis produziert für die Kosmetik- und Reinigungsindustrie Grund- und Zusatzstoffe.
Mit dem Zukauf setzt BASF die Strategie fort, sich im weniger konjunkturabhängigen Spezialchemiegeschäft zu verstärken. Spezialchemiekalien erzielen in der Regel höhere Margen und unterliegen nicht dem starken Wettbewerbsdruck wie Standardprodukte.
Die Übernahme soll sich früheren Angaben zufolge für BASF schnell auszahlen. Bereits ab 2012 soll das Monheimer Unternehmen zum Gewinn je Aktie beitragen. Die Integrationskosten hat BASF bisher bis Ende 2012 mit 200 Mio. bis 250 Mio. Euro beziffert. Das Synergiepotenzial wird auf mindestens fünf Prozent des Umsatzes von Cognis im Jahr 2009 (rund 2,6 Mrd. Euro) veranschlagt, was 130 Mio. Euro wären. Es soll bis Ende 2013 vollständig erreicht sein.
Schön und stark
Mit Cognis steigt BASF von Platz 3 zur Nummer 1 bei Inhaltsstoffen für die Kosmetikindustrie auf und baut seine Position bei Inhaltsstoffen für funktionelle Lebensmittel, die zum Beispiel mit Vitaminen angereichert sind, weiter aus. Cognis ist unter anderem Marktführer bei Vitamin E.
Analysten hatten die Übernahme als strategisch sinnvoll begrüßt. Cognis stärke die Marktposition von BASF in konsumnahen Branchen durch Inhaltsstoffe für Kosmetik, Wasch- und Reinigungsmittel sowie funktionelle Lebensmittel, hatte es geheißen. Diese Geschäfte seien relativ geringzyklisch und entsprächen daher den Akquisitionskriterien von BASF.
Da es sich bei den Erzeugnissen von Cognis zum großen Teil um naturbasierte Produkte handele, ergänzten sie gut die BASF-Produktpalette die stark auf fossilen Rohstoffen gründe.
Joint Venture mit Ineos
Gleichzeitig hat BASF hat eine vorläufige Lösung für seine Styrolkunststoff-Aktivitäten gefunden. Statt eines ebenfalls ins Auge gefassten Verkaufs soll das Geschäft nun zunächst mit den entsprechenden Aktivitäten der britischen Ineos Industries Holdings in ein Joint Venture eingebracht werden, teilte der Dax-Konzern mit. "Das langfristige Ziel ist aber, dass wir uns von dem Geschäft komplett trennen werden", sagte ein Konzernsprecher. Die Aktivitäten seien sehr volatil und erfüllten nicht die Anforderungen, die BASF langfristig an das Geschäft habe.
Die geplante Ausgliederung in das Gemeinschaftsunternehmen sei nun ein erster Schritt auf diesem Weg. Analysten von UniCredit halten einen Komplettausstieg in zwei bis drei Jahren für möglich.
Fast 1500 Mitarbeiter betroffen
Zunächst werden die weltweiten Geschäftsaktivitäten in den Arbeitsgebieten Styrol-Monomere, Polystyrol, Acrylnitrilbutadienstyrol, Styrolbutadiencopolymere und weitere Styrol-basierte Copolymere sowie Copolymerblends von BASF und Ineos in einem Gemeinschaftsunternehmen mit dem Namen Styrolution zusammengeführt. Eine entsprechende Absichtserklärung ist unterzeichnet worden. Styrolution soll einen jährlichen Umsatz von über 5 Mrd. Euro erwirtschaften. Die Wettbewerbsbehörden müssen dem Vorhaben noch zustimmen.
BASF hatte vor kurzem angekündigt, ihre Styrolkunststoff-Aktivitäten bis Ende 2010 auszugliedern und in separate Gesellschaften einzubringen. Die Ausgliederung wird laut BASF planmäßig fortgeführt. Ab dem 1. Januar 2011 wird der Konzern die Styrolkunststoff-Aktivitäten als eigenständiges Unternehmen führen, das bereits unter dem Namen Styrolution firmieren soll. BASF beschäftigt rund 1460 Mitarbeiter in ihrem Styrolkunststoffgeschäft und erwartet 2010 einen Umsatz von mehr als 3 Mrd. Euro.
Polystyrolschaum-Geschäft nicht betroffen
Ineos hatte ebenfalls angekündigt, alle Anteile am paritätischen Styrenics-Joint-Venture Ineos Nova von Nova Chemicals zu übernehmen. Bei Gründung des Joint Ventures mit BASF werde Ineos diese Geschäfte in das neue Unternehmen Styrolution überführen, erklärte BASF weiter. Das Geschäft mit Polystyrol-Schäumen sei nicht Teil der Transaktion und verbleibe innerhalb der BASF bzw. bei Ineos. Dieses Geschäft ist laut früheren BASF-Angaben kundenorientierter, innovativer und weist eine höhere Profitabilität aus.
Ausgleichszahlung für BASF
Der Sitz des neuen Gemeinschaftsunternehmens soll in Frankfurt am Main sein. Die Anteile am Joint Venture werden jeweils zu 50 Prozent von BASF und Ineos gehalten. BASF erhält nach eigenen Angaben nach Abschluss der Transaktion eine Ausgleichszahlung. Das BASF-Geschäft steuert mehr als 50 Prozent zum Joint Venture bei und ist nach Einschätzung von Analysten vermutlich profitabler als das Geschäft von Ineos. Weitere finanzielle Einzelheiten wurden nicht genannt.
BASF sucht seit 2007 nach Möglichkeiten, sich von dem Geschäft zu trennen. Bemühungen, es zu verkaufen, waren bisher nicht erfolgreich. Die ursprünglich für den 1. Januar 2009 geplante Ausgründung des Geschäfts war wegen der Finanzkrise verschoben worden. Das Styrolgeschäft ist von einer volatilen Nachfrage, hohem Margendruck und intensivem Wettbewerb gekennzeichnet. Das Umfeld hat sich in diesem Jahr allerdings verbessert. Im Bericht zum dritten Quartal hatte BASF höhere Preise und eine Ergebnisverbesserung im Styrolgeschäft bekannt gegeben.
Markt ist zufrieden
Analysten bewerteten die geplante Transaktion in einer ersten Einschätzung positiv. Das Styrolkunststoffgeschäft der BASF sei das profitabelste Geschäft in dieser Industrie und BASF sei nicht bereit gewesen, die Aktivitäten unter Wert zu verkaufen, erklärten Analysten von UniCredit. Das neue Gemeinschaftsunternehmen werde dank der gestärkten strategischen Position und der Chance auf Kostensynergien Wert schaffen. Ein direkter Verkauf wäre zwar wünschenswert gewesen, das Joint Venture mache aber Sinn und könne als erster Schritt zur endgültigen Trennung gewertet werden, hieß es. Die Desinvestition werde zwar nun wohl länger dauern, BASF werde aber auf diesem Weg möglicherweise eine bessere Rendite erzielen als mit einem schnellen Verkauf .
Auch Händler erwarteten, dass das Joint Venture mit Ineos den Kurs von BASF etwas stützen sollte. Die BASF-Aktie lag notierte am Vormittag im Minus, drehte im weiteren Handelsverlauf aber ins Plus und gewann mehr als ein Prozent.
Quelle: ntv.de, bad/DJ