Aus EFSF-Euro fünf Euro machen? BDI warnt vor Kredithebel
08.10.2011, 15:09 UhrDer Rettungsschirm EFSF reicht im Extremfall nicht für alle notleiden Euro-Staaten. Und erst recht nicht noch für deren Banken. Deshalb denken die Euro-Staaten über einen Kredithebel nach, mit denen die Hilfen aufgestockt werden könnten. Der BDI warnt, die Zahlungsverpflichtungen könnten in ungeahnte Höhen schießen.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sieht unkalkulierbare Risiken, sollte der Euro-Rettungsschirm EFSF mittels eines sogenannten Kredithebels ausgeweitet werden. "Wir sollten die Konstruktion des EFSF bezüglich der Finanzmittelausstattung noch einmal überdenken und nicht vorschnell auf ein Bankmodell einengen", sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Aus einem Hebel könne eine echte Zahlungsverpflichtung in kaum zu leistender Höhe werden.

Verlockend: Mit Hilfe des Kredithebels könnten aus einem EFSF-Euro fünf Euro werden.
(Foto: picture alliance / dpa)
Das Thema könnte auch eine Rolle beim Besuch von Frankreich Präsident Nicolas Sarkozy am Sonntag bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) spielen. Paris steht einem Hebel offen gegenüber - so könnte das von Frankreich angeblich befürwortete Anzapfen des Rettungsschirms für seine notleidenden Banken einfacher werden.
Mehr Geld, mehr Risiko
Mittels eines solchen Hebels könnten aus den 440 Mrd. Euro des Rettungsfonds auch zwei Billionen Euro werden, indem zum Beispiel weitere Geldgeber - etwa Staatsfonds aus Asien oder Arabien - als Kreditgeber gewonnen werden. Die würden dann auch Haftungsrisiken übernehmen, wobei die Tranchen mit größerer Ausfallwahrscheinlichkeit wohl beim EFSF verbleiben. Dessen Engagement würde damit riskanter, es könnte also eher zu tatsächlichen Zahlungen der haftenden Euroländer kommen.
Kerber betonte, es sei ein Konstruktionsfehler, dass der EFSF als eine Art Bank konzipiert worden sei. Dadurch müsse man den Fonds mit 780 Mrd. Euro an Garantien versehen, damit der EFSF 440 Mrd. Euro ausgeben kann. Besser als ein Kredithebel seien entweder eine Art Versicherung, indem der tatsächliche Ausfall von Schuldenrückzahlungen - etwa 50 Prozent bei Griechenland - versichert würde. Oder aber man müsse die Idee einer europäischen Treuhandanstalt eingehender prüfen. Dabei würden in Not geratene Staaten notfalls mit ihrem Staatsvermögen haften. "Es gibt Alternativen zum Kredithebel", betonte Kerber.
Der BDI-Hauptgeschäftsführer und frühere Spitzenbeamte im Bundesfinanzministerium kritisierte, dass die Finanzmärkte zu weit dereguliert worden sind. "Ich sage das sehr selbstkritisch: Wir haben heute die Märkte, die wir in den letzten 20 Jahren geschaffen haben." Man habe Akteure kreiert, die eigentlich nicht mehr kontrollierbar seien. "Im Kern ist das Finanzsystem zu gefährlich, aber niemand weiß eigentlich, wie es einzudämmen ist", sagte Kerber. "Wir bekommen die Zahnpasta nicht mehr in die Tube zurück." Mit Blick auf den Euro betonte Kerber, dieser sei nicht als Währung gescheitert, sondern kranke an den Konstruktionsfehlern bei seiner Einführung.
Quelle: ntv.de, dpa