Libor-Affäre noch nicht ausgestanden Bafin lässt Deutsche Bank zappeln
10.09.2012, 11:37 Uhr
Was hat die Führungsebene um Co-Chef Anshu Jain von den Libor Manipulationen bei der Deutschen Bank gewusst?
(Foto: picture alliance / dpa)
Im Skandal um manipulierte Zinssätze lässt die Finanzaufsicht BaFin die Deutsche Bank so schnell nicht vom Haken: Die Sonderprüfung, die klären soll, ob die Führungsebene um Co-Chef Anshu Jain von den Manipulationen wusste, dauert offenbar länger als gedacht. Auch die britischen und US-Aufsichtsbehörden lassen nicht locker – sie dürften bald die Royal Bank of Scotland zu einer Millionenstrafe verdonnern.
Im Skandal um Zinsmanipulationen spannen Aufseher die Deutsche Bank auf die Folter. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin braucht länger als erwartet, um sich ein abschließendes Urteil über die Abläufe in Deutschlands größtem Geldhaus zu bilden, die zu den Manipulationen führten, verlautete aus dem Umfeld der Behörde. Hatte die BaFin sich Kreisen zufolge noch im Juli optimistisch gezeigt, dass im August erste Ergebnisse der Sonderprüfung vorliegen könnten, heißt es nun, ein Ende der Ermittlungen sei völlig offen. "Das ist eher ein länger laufendes Thema", hieß es aus Bafin-Kreisen. "Eine feste Deadline gibt es nicht." Das "Handelsblatt" berichtete unter Berufung auf Finanzkreise, auch ein Vergleich mit der britischen Aufsicht FSA und den US-Behörden in diesem Jahr sei nicht absehbar.
Libor steht für London Interbank Offered Rate. Dieser so genannte Interbankenzins gibt an, zu welchen Konditiionen sich große Banken untereinander Geld leihen.
Es gibt nicht nur einen, sondern viele unterschiedliche Libor-Sätze. Sie werden in insgesamt zehn Währungen mit unterschiedlichen Laufzeiten zwischen einem Tag und einem Jahr berechnet. Beispiel: Der USD-3-Monats-Libor gibt an, zu welchem Zins sich Banken untereinander US-Dollar-Kredite mit einer Laufzeit von 3 Monaten gewähren.
An jedem Werktag wird er um 11 Uhr Londoner Zeit von den wichtigsteninternational tätigen Banken der British Bankers' Association (BBA) festgestellt. Die Institute melden dabei, zu welchen Konditionen sie sich bei anderen Banken Geld mit unterschiedlichen Laufzeiten leihen können. Der jeweils geringste und höchste Zinssatz wird als Ausreißer gestrichen, von den übrigen Angaben wird dann der Durchschnitt errechnet - fertig ist der Libor-Satz. Kontrolliert werden die Angaben der Banken nicht.
Der Libor ist weltweit Grundlage für die Bewertung von Finanzprodukten, Swaps, Krediten undHypotheken. Er ist Berechnungsbasis für Geschäfte im Volumen von rund 360 Billionen Dollar. Neben dem Libor gibt es auch den Euribor für Geldleihen der Banken aus dem Euro-Raum oder den Tokioter Tibor.
Seit Monaten ermitteln Behörden weltweit gegen Großbanken. Diesen wird vorgeworfen, zwischen 2005 und 2009 internationale Referenz-Zinssätze wie Libor und Euribor zu ihren Gunsten manipuliert zu haben, um die tatsächlichen Refinanzierungskosten zu verschleiern und Handelsgewinne einzustreichen. Die Sätze beruhen auf den - von außen bislang kaum nachprüfbaren - Angaben der Banken zu den von ihnen zu zahlenden Zinsen am Geldmarkt. In der Baseler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) beraten Notenbanker seit Sonntag über eine Reform des Libor als Konsequenz.
Im Falle der Deutschen Bank untersucht die Bafin, ob das Institut strukturell genug getan hat, um die Manipulationen zu verhindern. Die Zins-Tricksereien fallen in das Investmentbanking - jenen Bereich, den der heutige Co-Vorstandschef Anshu Jain jahrelang geleitet hat. Die Deutsche Bank verneint nach einer internen Untersuchung eine Mitverantwortung der Führungsspitze und hält die Manipulationen für das Werk einzelner Mitarbeiter. Nach Angaben aus Bankkreisen wurden schon vor einiger Zeit zwei Händler suspendiert.
Royal Bank of Scotland droht Millionenstrafe
Auch in Großbritannien und den USA wird die Deutsche Bank von den Regulierern durchleuchtet. Dort ziehen sich die Ermittlungen offenbar ebenfalls in die Länge. Das liege auch daran, dass die Regulierer zunächst mit jenen Instituten verhandeln wollten, die am stärksten in die Libor-Affäre verwickelt seien, berichtete das "Handelsblatt". Die Deutsche Bank äußerte sich nicht zu dem Bericht.
Bislang hat nur die britische Großbank Barclays ein Fehlverhalten im Libor-Skandal eingeräumt. Sie wurde dafür zu einer Strafe von fast einer halben Mrd. US-Dollar verdonnert. Die alte Führungsriege musste gehen, der Konzernumbau ist in vollem Gang. Eine ähnlich hohe Strafe droht nun der Royal Bank of Scotland (RBS), wie die "Financial Times" am Wochenende berichtete. Das Geldhaus müsse mit 200 bis 300 Mio. Pfund rechnen, berichtete das Blatt ohne Nennung von Quellen. Die RBS, in der Finanzkrise verstaatlicht, wollte sich dazu nicht äußern. Die Bank rechnet allerdings selbst mit einer saftigen Strafe im Zinsskandal. Eine Prognose, wie hoch die Strafe ausfallen könnte, hat die RBS bisher nicht abgegeben.
Quelle: ntv.de, rts