"Wir nutzen alle Mittel" Bafin umzingelt Zins-Trickser
28.01.2013, 14:18 Uhr
Scharfer Blick: Eine Prüfung der Bafin braucht seine Zeit, kann aber durchaus harte Konsequenzen nach sich ziehen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Über Jahre hinweg sollen Banken zentrale Zinssätze manipuliert haben, um auf Kosten der Allgemeinheit höhere Gewinne zu erzielen. Mittlerweile rücken die Aufseher auch deutschen Instituten mit peinlichen Sonderprüfungen auf den Leib. Bafin-Präsidentin König pocht auf scharfe Konsequenzen.
"Meines Erachtens müssen wir nicht nur an der Generalüberholung, sondern auch am Ersatz des Systems arbeiten": Elke König.
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Die deutsche Finanzaufsicht weitet in der Affäre um Zinsmanipulationen ihre Ermittlung aus. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) führe seit vergangenem Jahr Sonderprüfungen bei mehreren deutschen Banken durch, die an der Ergebung des europäischen Referenzzinssatzes Euribor beteiligt sind, bestätigte ein Bafin-Sprecher entsprechende Berichte.
"Ich kann nicht sagen, wie viele Sonderprüfungen es gibt und bei welchen Banken", fügte er hinzu. "Wir prüfen, wie sich die beteiligten Banken in diesem Bereich organisiert haben und ob sie eine angemessene Risikovorsorge getroffen haben", sagte er. "Wir nutzen dazu alle Mittel, die wir zur Sachverhaltsaufklärung haben - also Aufsichtsgespräche, Aufsichtsverlangen und Sonderprüfungen."
Unbefriedigender Rücklauf
Einem Bericht der "Süddeutsche Zeitung" zufolge soll es im Zusammenhang mit der Euribor-Erhebung Sonderprüfungen bei der Deutschen Bank und dem WestLB-Nachfolger Portigon. Weder bei der Deutschen Bank noch bei Portigon wollte man sich dazu äußern.
Zwei weitere Banken aus dem Euribor-Panel sollen dabei Besuch von den Prüfern der Bafin erhalten haben, weil der Rücklauf aus einer schriftlichen Anfrage unbefriedigend gewesen sei. Zu den Banken, die die Bafin in Sachen Euribor ("Euro Interbank Offered Rate") in Augenschein genommen hat, gehören demnach außer Deutscher Bank und WestLB/Portigon die Landesbank Berlin, die BayernLB, die Commerzbank, die DZ Bank, die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) und die NordLB.
Die "London Interbank Offered Rate" (Libor) gibt an, zu welchen Konditionen sich Banken gegenseitig Geld leihen. Der Zins dient als Maßstab für Geldgeschäfte in Billionenhöhe. An der Berechnung des Zinssatzes sind die britischen Banken und eine Reihe der weltweit größten internationalen Banken beteiligt.
Bafin-Chefin legt die Axt an
Bafin-Präsidentin Elke König stellte in der vergangenen Woche fest, es habe sich gezeigt, dass das System, das "nur auf Schätzungen von Marktteilnehmern" beruhe, "anfällig für Manipulationen" sei. Man müsse sich "aus aufsichtsrechtlicher Sicht die Frage stellen, ob die Ermittlung von Sätzen wie Libor und Euribor überhaupt nachhaltig reformiert werden" könne, sagte König: "Meines Erachtens müssen wir nicht nur an der Generalüberholung, sondern auch am Ersatz des Systems arbeiten."
Unabhängig von aktuellen Ermittlungen der deutschen Aufseher sieht sich die Deutsche Bank bereits mit einer internationalen Sonderprüfung wegen der Erhebung des Londoner Interbankenzinses Libor konfrontiert. Dabei wurde Finanzkreisen zufolge von Anfang auch der Euribor beleuchtet. "Wir haben schon im vergangenen Sommer gesagt, dass wir uns auch das Thema Euribor anschauen", sagte ein Bafin-Sprecher. Namen oder Details zu einzelnen Instituten nannte die Behörde nicht.
Bei Portigon läuft Finanzkreisen zufolge eine Sonderprüfung wegen der Libor-Festsetzung, an der das Vorgängerinstitut WestLB teilgenommen hatte. Es sei durchaus denkbar, dass dabei auch die Euribor-Festsetzung geprüft werde, sagte ein Brancheninsider.
Die UBS-Strafe als Maßstab?
Ähnlich wie beim Libor, der im Zentrum des Manipulationsskandals steht, beruht der Euribor auf den Angaben der Banken zu ihren Refinanzierungskosten. Sie melden einmal täglich die Zinsen, zu denen sich Banken untereinander Geld leihen. Auf dieser Basis wird dann der Euribor-Referenzzins ermittelt, an dem sich die Preise für viele Finanzprodukte wie Hypotheken oder Tagesgeld orientieren. International kommt dem Libor-Zinssatz die weitaus größere Bedeutung zu. Innerhalb Europas spielt der Euribor jedoch für einige Produkte eine wichtigere Rolle.
Für illegale Manipulationen des Referenzzinssatz zahlte die Schweizer Großbank UBS im Dezember fast 1,2 Mrd. Euro Buße - eine Summe, die Beobachter angesichts des theoretischen Gesamtschadens für verschwindend gering halten. Bei der britischen Großbank Barclays kostete der Skandal Vorstandschef Bob Diamond den Job. Dass auch bei der Deutschen Bank einzelne Mitarbeiter in den Jahren 2006/07 an den Tricksereien beteiligt waren, daran gibt es nach Angaben der Bank keine Zweifel. Die Deutsche Bank schließt nach internen Untersuchungen aber aus, dass das höhere Management an Libor-Manipulationen beteiligt war.
Quelle: ntv.de, dpa/rts