Wirtschaft

Zu Zahlungsaufschub bereit Banken lassen Athen hoffen

Nicht nur Bundeskanzlerin Merkel will, dass Europas Banken Griechenland Schulden stunden. Offenbar sind einige Institute dazu bereit. Kurzfristig würde eine Atempause Athen sicher helfen. Doch mehr als ein Zeitgewinn wäre das nicht. Die Schuldenkrise bleibt ungelöst.

In Athen dauern die Proteste gegen den Sparkurs der Regierung an.

In Athen dauern die Proteste gegen den Sparkurs der Regierung an.

(Foto: REUTERS)

Griechenland kann im Kampf gegen die drohende Staatspleite auf ein Entgegenkommen privater Gläubiger hoffen. Die französisch-belgische Bankengruppe Dexia ist der Nachrichtenagentur Reuters zu einem Zahlungsaufschub bereit, ebenso italienische Geldhäuser und die französische Credite Agricole.

Kurz vor Beginn des zweitägigen Gipfels der Staats- und Regierungschefs aller 27 EU-Länder habe Dexia signalisiert, einer freiwilligen Verlängerung der Laufzeit seiner griechischen Staatsanleihen zustimmen zu können, hieß es. Das hätten Gespräche mit der belgischen Notenbank ergeben. Die Bank hält nach eigenen Angaben 5,4 Mrd. Euro Staatsanleihen des Euro-Landes. In die Verlängerung einbezogen werden sollen angeblich aber nur 4,2 Mrd. Euro. Dexia wollte sich nicht äußern, eine Stellungnahme der Notenbank gab es zunächst nicht.

Offensichtlich verhandelt das Bundesfinanzministerium mit deutschen Instituten über eine freiwillige Beteiligung am neuen Hilfspaket - unter anderem mit der Deutschen Bank und der Allianz. Auch die Notenbanken Frankreich und den Niederlanden sprechen mit ihren Kreditinstituten, wie es weiter hieß. In Spanien ziehe Wirtschaftsministerin Elena Salgado die Fäden. Nach Angaben aus italienischen Regierungskreisen sind mehrere Banken des Landes ebenfalls zu einem Zahlungsaufschub bereit. Auch die französische Credite Agricole hat ihr Entgegenkommen signalisiert.

Zweifel am Nutzen

Ein Zahlungsaufschub würde dem mit 340 Mrd. Euro verschuldeten Land eine Atempause verschaffen. Das soll dem Land ermöglichen, sein Defizit abzubauen, Reformen umzusetzen und wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen.

Ob Griechenland diese ambitionierte Aufgabe meistern kann, bleibt allerdings zweifelhaft. Viele Ökonomen halten einen Schuldenschnitt für unausweichlich. So betont die Wirtschaftsweise Beatrice di Mauro, Griechenland werde nicht in der Lage sein, die notwendigen Überschüsse für einen nachhaltigen Schuldenabbau zu erwirtschaften. Auch die Wirtschaftsweisen Lars Feld und Peter Bofinger sprachen sich bereits für eine Umschuldung aus.

Derzeit sei ein Schuldenschnitt jedoch nicht möglich, da der europäische Bankensektor die Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen nicht verkraften könne, sagte di Mauro, die als Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung die Bundesregierung berät. Zudem sperre sich die Europäische Zentralbank gegen eine solche Lösung, die aber ohne die EZB nicht machbar sei.

Die jetzt geplante sanfte Umschuldung, bei der private Gläubiger freiwillig griechische Staatsanleihen im Portfolio behalten sollen, wird nach Ansicht di Mauros kaum einen nennenswerten Beitrag zur Entlastung Griechenlands einbringen. Auch das zweite Hilfspakt für das hoch verschuldete Euro-Mitgliedsland werde die Krise nicht beenden. "Wir können noch einmal Zeit gewinnen, aber es wird das letzte Mal sein müssen", sagte die Mauro. Notwendig sei, mittels eines glaubwürdigen Stresstests endlich Klarheit über den Zustand der Banken zu schaffe. Auf Basis dessen müssten zu schwache Banken rekapitalisiert werden.

EU-Gipfel in Brüssel

Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen auf ihrem am Donnerstag beginnenden Gipfel in Brüssel ihre grundsätzliche Einwilligung für ein weiteres Hilfspaket geben, dessen Umfang bis zu 120 Mrd. Euro erreichen soll. Die Regierung in Athen hat mit der Verabschiedung eines neuen Sparprogramms in Höhe von 28 Mrd. Euro dazu die Voraussetzung geschaffen. Das Parlament muss dem in der kommenden Woche aber noch zustimmen. Ob Regierungschef Giorgos Papandreou das Reformpaket durchbekommt, ist angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse ungewiss.

Die Finanzminister der Eurozone hatten Anfang der Woche bekräftigt, dass sich private Gläubiger auf freiwilliger Basis an einer neuen Hilfsaktion beteiligen sollten. Bundeskanzlerin Angela Merkel beharrt auf einer solchen Beteiligung. Die Rating-Agenturen Standard & Poor' s und Fitch drohen allerdings, einen solchen Schritt als Zahlungsunfähigkeit Griechenlands zu interpretieren.

Die Folgen wären womöglich verheerend. Denn noch akzeptiert die Europäische Zentralbank die Schuldentitel Griechenlands als Sicherheit bei den Refinanzierungsgeschäften mit Banken. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hatte unlängst aber unmissverständlich klar gemacht: Anleihen aus Athen bei der Bewertung "Default" werden nicht mehr als Sicherheit akzeptiert. Das wäre das Aus für die Finanzierung der griechischen Banken, die bereits jetzt am Tropf der EZB hängen.

Quelle: ntv.de, jga/rts/AFP/dpa

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