Banken sollen Athen-Ausfall berechnen Aufseher verschärfen Stresstests
23.06.2011, 11:19 Uhr
Was passiert, wenn Griechenland fällt?
(Foto: REUTERS)
Die europäische Schuldenkrise macht die Finanzaufsicht offenbar zunehmend nervös: Die anstehenden Stresstests werden um ein zusätzliches Ernstfall-Szenario erweitert. 90 Banken sollen durchrechnen, wie sie dastehen, wenn Griechenland ausfällt. Beobachter halten das für ein offenes Eingeständnis. Sie wittern heimliche Vorbereitungen.
Die europäische hat den Stresstest für Banken Zeitungsberichten zufolge deutlich verschärft. Die seien dazu aufgefordert worden, auch einen Ausfall griechischer Staatsanleihen durchzuspielen, heißt es in einem Bericht der "Financial Times Deutschland". Zuvor hatte bereits die "Börsen-Zeitung" über eine Erweiterung der Stresstest-Szenarien berichtet.

Ausfallwahrscheinlichkeit 36 Prozent: Dass kein Totalausfall berücksichtigt worden war, zählte zu den Hauptkritikpunkten nach der ersten Stresstestrunde.
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Die Banken seien aufgefordert worden, die Ausfallwahrscheinlichkeiten und die Höhe der Verluste der langfristigen Investments so zu bestimmen, dass sie "mit der Entwicklung der Risiken der staatlichen Kredite in einigen Ländern übereinstimmen", bestätigte eine EBA-Sprecherin den Bericht der "Börsenzeitung". Diese Einschätzungen würden dann begutachtet und die Höhe der Investments in Staatsanleihen nach Land und Fälligkeit vollständig veröffentlicht.
Bei den Änderungen gehe es nicht um eine Änderung der Methode des Stresstests, sondern um eine Verschärfung der Leitlinien, erklärte die Sprecherin. Bei der neuen Vorgabe werden Posten in den Fokus genommen, die bei den Banken nicht für den kurzfristigen Handel gedacht sind, sondern im sogenannten Bankbuch als langfristige Investments bilanziert sind. Diese Forderungen werden - im Gegensatz zu den im Handelsbuch notierten Posten - nicht automatisch zu den aktuellen Marktpreisen ("Marked to market") bewertet. Sie müssen erst dann wertberichtigt werden, wenn sich ein dauerhafter Ausfall abzeichnet.
Politisch brisant oder nur realistisch?
In dem Bericht der "Financial Times Deutschland" hieß es dagegen, das Griechenland-Szenario sei politisch brisant, da offiziell in der Europäischen Union nach wie vor die Maßgabe gelte, dass die Euro-Staaten einen ungeordneten Bankrott des Landes auf jeden Fall verhindern werden. Bei dem Test werde angenommen, dass es mit einer Wahrscheinlichkeit von 36 Prozent zu einer Pleite Griechenlands kommt. Außerhalb der Test-Berechnungen besitzt die prozentuale Angabe zur Eintrittswahrscheinlichkeit einer Staatspleite allerdings wenig Aussagekraft zu.
"Wenn eine europäische Behörde den Banken vorschreibt, einen potenziellen griechischen Bankrott in die Stresstests einzurechnen, dann gesteht die EU etwas ein, von dem sie sonst immer das Gegenteil behauptet hat", argumentierte Luis Maglanoc, Analyst bei der italienischen Bank Unicredit, in der "FTD". Die Verschärfung mache den Stresstest realistischer, weil griechische Anleihen an den Märkten schon lange weit unter Nennwert gehandelt werden.
Was heißt das für den Zeitplan?
Entsprechend wahrscheinlicher sei es nun, dass einige Banken bei dem Test durchfallen. Dies drohe vor allem griechischen Instituten. Denn sie hielten bei Weitem die meisten solcher Papiere - im Umfang von knapp 50 Mrd. Euro. Deutsche und französische Institute besaßen diesen Angaben zufolge Ende 2010 Griechen-Bonds für jeweils rund 11 Mrd. Euro.
Bei dem europaweiten Stresstest sollen insgesamt 91 Institute unter die Lupe genommen werden, darunter 13 Institute in Deutschland. Untersucht wird, ob die Banken bei einem Wirtschaftsabschwung und einem Zinsschock genug Kapital haben. Dazu werden verschiedene Szenarien mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen durchgerechnet. Bisher hatte sich der Stresstest vor allem auf die zum Handel vorgesehenen Posten fokussiert. Gerechnet wurde mit den Ergebnissen ursprünglich Ende Juni oder Anfang Juli. Ein neuer Termin ist bisher nicht bekannt.
Quelle: ntv.de, DJ/dpa