Wirtschaft

"Angstkasse" schwillt weiter an Banken parken Milliarden

Die Spannungen im Bankensystem bleiben hoch. Die Kreditinstitute parken bei der Europäischen Zentralbank so viel Geld wie noch nie - und das, obwohl sich viele Geldhäuser kurz vor den Feiertagen bei der EZB mit rund einer Billion Euro eindecken und es bei der Notenbank fast keine Zinsen gibt.

28520730.jpg

(Foto: picture alliance / dpa)

Das Misstrauen im Finanzsystem ist so hoch wie nie: Zwischen den Jahren parken die Geschäftsbanken Milliarden bei der Europäischen Zentralbank EZB. Die sogenannten Übernacht-Einlagen kletterten um rund 40 Mrd. auf 452 Mrd. Euro. Erst am Dienstag waren die kurzfristigen Einlagen erstmals über die Marke von 400 Mrd. Euro gesprungen.

Das aktuelle Niveau liegt deutlich höher als während der ersten Welle der Finanzkrise 2008. Die eintägigen Einlagen und Ausleihungen der Banken bei der EZB gelten als Indikator für das Misstrauen der Institute untereinander.

Normalerweise meiden die Banken die Möglichkeit, bei der Notenbank kurzfristig Geld zu parken oder anzulegen, da die Konditionen ungünstig sind. Der Zinssatz für die sogenannte Einlagefazilität liegt aktuell bei gerade einmal 0,25 Prozent. Wegen der europäischen Schuldenkrise und des starken Engagements der Banken in Staatsanleihen funktioniert der Geldhandel zwischen den Instituten aber nicht wie gewohnt.

Markt seit 2007 gestört

Vor den Weihnachtstagen hatte die Notenbank noch mit einem Mega-Refinanzierungsgeschäft mit drei Jahren Laufzeit versucht, die Verspannungen zu mindern: Die EZB hatte den Banken fast 500 Mrd. Euro geliehen. Offenbar mit noch wenig Erfolg: Am Donnerstag vor Weihnachten hatten die Institute fast 350 Mrd. bei der EZB geparkt - nun sind es noch gut 100 Mrd. Euro mehr.

Zugleich kommen einige Häuser wegen der Vertrauenskrise offenbar weiter nicht an Geld. Sie waren allein am Dienstag gezwungen, sich frische Liquidität bei der EZB zu besorgen und riefen 6,2 Mrd. Euro bei der Zentralbank ab. Hierfür müssen sie 1,75 Prozent bezahlen - deutlich mehr als der Leitzins von aktuell einem Prozent, aber offenbar immer noch deutlich weniger als auf dem freien Geldmarkt, wo sich Banken sonst frisches Geld leihen.

Dieser Markt ist seit Beginn der ersten Finanzkrise Mitte 2007 gestört. Zuletzt sorgte die ungute Mischung aus Schulden-, Banken- und einer sich in vielen Teilen der Welt abzeichnenden neuen Konjunkturkrise für Verspannungen wie zuletzt nach der Pleite von Lehman Brothers im Herbst 2008.

Der vor Weihnachten abgewickelte erste Drei-Jahres-Tender der EZB und ein weiterer Tender Ende Februar sollten die Lage eigentlich beruhigen, da allen Instituten so viel Geld zur Verfügung gestellt wird wie sie wollen - ein in normalen Zeiten undenkbares Verfahren für eine Notenbank. Die EZB hatte zudem Anfang des Monats erstmals seit der Einführung des Euro 1999 die Mindestreservepflicht auf ein Prozent halbiert und dem Bankensystem damit zusätzliche rund 100 Mrd. Euro zufließen lassen. Die Mindestreserve ist der Teil der Kundeneinlagen, den Banken bei der Notenbank parken müssen.

Weidmann verteidigt Entscheidung

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann wies Kritik an der Geldspritze der EZB für die Banken der Euro-Zone zurück. "Es ist eine Überbrückungshilfe für die Banken, die erst dann wieder gefestigt dastehen können, wenn die Staatsschuldenkrise überwunden ist", sagte Weidmann dem "Stern". Er nannte das erste von zwei auf drei Jahre ausgelegten Refinanzierungsgeschäften zwar "eine ungewöhnliche Maßnahme, auch in dieser Höhe". Sie sei aber notwendig, um "den  Kreditfluss in die Wirtschaft in Gang zu halten".

Analysten und Notenbanker hatten damit gerechnet, dass viele Banken das Geld zunächst einmal nicht weiterreichen, sondern wieder an die EZB zurücküberweisen. "Wo hätten die Institute das Geld denn vor Weihnachten und jetzt zwischen den Jahren anlegen sollen?", sagte ein Notenbanker, der nicht genannt werden wollte. Die Hoffnung bleibe dennoch, dass sich die Lage im neuen Jahr wieder entspanne. Vor dem Jahresultimo neigen Banken schon in normalen Zeiten zur Vorsicht.

Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen