Spielball Hochtief: Brüderle am Pranger Baubranche schlägt Alarm
11.10.2010, 13:45 UhrDer spanische Baukonzern ACS will Hochtief schlucken. Das könnte eine Kettenreaktion auslösen, an deren Ende es keinen großen einheimischen Baukonzern mehr gibt, wie der deutsche Bauhauptverband fürchtet. Hochtief rüstet im Abwehrkampf gegen ACS indes weiter auf.

Abgegrätscht: ACS präsentiert im Übernahmekampf Hedgefonds, Hochtief zieht nach.
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Es ist angerichtet. In der schwarzen Ecke steht der spanische Baukonzern ACS des Real-Madrid-Präsidenten Florentino Perez. In der weißen Ecke: Hochtief und die gesamte deutsche Baubranche. Ring frei zur nächsten Runde! Der Vorstoß des spanischen ACS-Konzerns könnte zum Vorbild für europäische Baufirmen werden, sich ebenfalls nach günstigen Kaufgelegenheiten in Deutschland umzusehen, fürchtet der Chef des Bauhauptverbands, Michael Knipper. "Deutsche Unternehmen sind aufgrund der fehlenden Basis im Stammmarkt und aufgrund der geringen Renditen im Land anfällig für Übernahmen", sagte Knipper der "Financial Times Deutschland". "Meine große Sorge ist, dass von einer deutschen Bauindustrie im Weltformat kaum noch etwas übrig bleibt."
Knipper warf Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) vor, die verbliebenen großen deutschen Baukonzerne mit unfairen Bedingungen allein zu lassen. Dazu zähle er abgeschottete Märkte wie in Spanien. "Wir alle wollen offene Märkte. Aber dann brauchen wir auch gleiche Wettbewerbsbedingungen in den einzelnen Märkten", sagte der Chef- Lobbyist der deutschen Baubranche. "In diesem Punkt würde ich mir von Herrn Brüderle mehr Kampfeswillen wünschen." Brüderle hatte Hilfe für Hochtief im Abwehrkampf gegen ACS abgelehnt.
Hedgefonds pro Hochtief

Der "Feind" steht vor der Tür: Herbert Lütkestratkötter eilt derzeit von Termin zu Termin.
(Foto: dpa)
Hochtief erhält indes anderweitig Unterstützung im Kampf gegen den Übernahmeversuch von ACS: Der Manager des Hedgefonds Hermes, Hans-Christoph Hirt, sagte dem "Handelsblatt", dieses Verhalten ergebe sich aus der Anlagerichtlinie seines Fonds, jedenfalls dann wenn die Unternehmensstrategie auf das Interesse langfristiger Investoren ausgerichtet ist. Übernahmeversuche unterstütze Hermes nur in Ausnahmefällen, wenn sie etwa "Synergien oder strategische Vorteile" versprechen.
Hermes hatte in Deutschland laut dem Bericht zuletzt durch seine Auftritte bei Thyssen-Krupp und Volkswagen für Aufsehen gesorgt. Bei beiden Konzernen habe die Investmentgesellschaft vor allem Verstöße gegen Regeln der guten Unternehmensführung kritisiert, weil Großaktionären Sonderrechte eingeräumt worden waren.
Hochtief-Abwehr steht
Auf der jüngsten Hauptversammlung von Hochtief hatte Hirt auf die Unterbewertung des Konzerns an der Börse hingewiesen. Allein die knapp 55-prozentige Beteiligung an der australischen Baugesellschaft Leighton entsprach über mehrere Jahre der gesamten Hochtief-Börsenbewertung.
Hochtief bereitet zurzeit weitere Maßnahmen zur Abwehr der Übernahmepläne vor. Noch am Montag wollte der sogenannte Ad-Hoc- Aufsichtsrat über die nächsten Schritte beraten. Der Ausschuss des Kontrollgremiums, in dem kein Vertreter der spanischen Anteilseigner sitzt, war eigens zur Abwehr der als feindlich angesehenen Übernahme gegründet worden.
Centaurus Capital pro ACS
Am vergangenen Freitag hatte sich der Hedgefonds Centaurus Capital auf die Seite der Actividades de Construcción y Servicios SA (ACS) geschlagen und sich für einen Verkauf des deutschen Baukonzerns an den spanischen Wettbewerber ausgesprochen. "Wir begrüßen das Vorgehen von ACS, denn Hochtief ist wertvoller, als es die Marktkapitalisierung zeigt", hatte Patrick Bierbaum von Centaurus Capital der "Financial Times" gesagt.
ACS hatte vor gut drei Wochen angekündigt, seinen Anteil zunächst auf über 30 Prozent auszubauen, um die Beteiligung dann über Zukäufe an der Börse auf über 50 Prozent aufzustocken. Der Hochtief-Vorstand um den Vorsitzenden Herbert Lütkestratkötter sieht die Pläne als einen feindlichen Akt.
Anleger zurückhaltend
Die Anleger zeigen sich zunächst unbeeindruckt von dem Gerangel um den größten deutschen Baukonzern. Der Aktienkurs von Hochtief notierte am Nachmittag in einem positiven Marktumfeld leicht im Minus.
Quelle: ntv.de, bad/DJ/dpa