Frauen in der Wirtschaft Bergdolt gibt Aktionären eine Stimme
23.09.2009, 09:50 UhrWenn Daniela Bergdolt auf einer Hauptversammlung ein rotes Halstuch trägt, müssen sich die Vorstände der großen deutschen Konzerne warm anziehen.

Ein rotes Halstuch steht für Konfrontation, ein blaues für einen friedlichen Auftritt.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Denn dann wird die Aktionärsvertreterin auf Konfrontationskurs gehen. "Rot ist ein Alarmsignal", sagt sie über ihre zur Schleife gebundenen Halstücher, die längst ihr Markenzeichen geworden sind. Auf mehr als 500 Hauptversammlungen hat die bayerische Landeschefin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) in den vergangenen Jahrzehnten das Wort für die Aktionäre ergriffen. Von Siemens-Chef Peter Löscher bis zum Ex-Chef der Hypo Real Estate (HRE) Georg Funke hat sie unzählige prominente Manager in die Mangel genommen - und dabei sehr oft die Farbe Rot getragen.
Gefürchtet und geschätzt
Ihren nächsten großen Auftritt hat sie am 5. Oktober bei der letzten Hauptversammlung der HRE, nach der der Bund die verbliebenen Aktionäre aus dem Unternehmen drängen will. Aus Sicht von Bergdolt ist die vollständige Verstaatlichung eine Katastrophe - und das wird sie den Vorständen auf dem Podium auch in aller Deutlichkeit sagen. "Vielleicht sollte ich mir dafür sogar rote Schuhe kaufen."
In den Chefetagen wird die Anwältin wegen ihrer pointierten Reden gefürchtet, von den Aktionären für die bildhafte Sprache geschätzt. "Tiefrot, nein, blutig sind die Spuren, die die Dresdner Bank in der Bilanz der Allianz hinterlassen hat", kritisierte sie bei der Hauptversammlung der Allianz über das Debakel mit der Dresdner Bank. Auch für den Widerstand der HRE-Aktionäre gegen die Verstaatlichung des Konzerns fand sie schon einmal klare Worte. "Das sind keine Lämmlein, die sich leise zur Schlachtbank führen lassen." Dass sie sich damit bei den Firmen keine Freunde macht, ist ihr klar. "Wenn die mich sehen, sagen sie: Um Gottes Willen, die Bergdolt ist da", sagt sie lachend.
Beschauliches Privatleben
Auf dem Podium wirkt Bergdolt mit ihren scharfen Bemerkungen, der spärlichen Mimik und der adrett toupierten Hochsteckfrisur eiskalt. Privat hingegen zeigt sie ein ganz anderes Gesicht. Wann immer sie Zeit dafür findet, tauscht sie ihr Business-Kostüm gegen eine Jeans und marschiert mit ihren beiden Hunden durch den Englischen Garten. Ihr elfjähriger Königspudel Brumbrum, der seinen Namen laut Bergdolt seinem friedlichen Gebrumme zu verdanken hat, hat auch in ihrer Kanzlei in München-Schwabing einen Ehrenplatz: Das Sofa neben dem Schreibtisch der Chefin ist nur für ihn reserviert, der Wassernapf steht mitten im Gang. "Die Hunde gehören fest zur Kanzlei", sagt sie.
Selbst ihren Porsche opferte sie vor einigen Jahren aus Liebe zu den Hunden und stieg auf einen komfortableren Großraumwagen um, in dem neben Brumbrum auch noch der zweite Pudel Angelino Platz findet. Zur Familie gehören zudem vier erwachsene Kinder, die ihr Mann bei der Hochzeit vor sieben Jahren in die Ehe brachte und die ihn und Bergdolt bereits zu vierfachen Großeltern gemacht haben.
Fit hält sie sich mit den Enkelkindern, Yoga und Nordic Walking. Am Wochenende stöbert sie gerne auf Flohmärkten nach Antiquitäten. Neben der Arbeit für die DSW und ihre eigene Kanzlei engagiert sich die 50-Jährige bei der Ausbildung von Fachanwälten für das Bank- und Kapitalmarktrecht, wo sie in Deutschland noch großen Nachholbedarf sieht.
Interesse früh geweckt
Sie selbst hat ihre Liebe zur Börse schon als Kind entdeckt. "Mit 10 Jahren hat mir mein Vater die erste Aktie gekauft." Bei der Auswahl des Werts durfte sie mitreden und entschied sich nach gründlicher Prüfung für Mannesmann. Das stellte sich als gute Wahl heraus. Mit zwölf Jahren verkaufte Bergdolt das Papier - und machte einen Gewinn von 20 Prozent. Bei so einer Rendite eines Unternehmens würde sie heute vielleicht sogar mal ein blaues Halstuch für den Auftritt auf der Hauptversammlung aus ihrem Kleiderschrank wählen: Denn das steht in ihrem Dresscode für einen friedlichen Auftritt.
Quelle: ntv.de, Daniela Wiegmann, dpa