Wirtschaft

Europas größtes Medienimperium Bertelsmann feiert 175. Geburtstag

Vom kleinen Verlag zu einem der größten Medienhäuser der Welt - Bertelsmann hat es geschafft. Am 1. Juli wird das Unternehmen 175 Jahre alt - Stoff für eine Familiensaga.

Blick auf die Zentrale des deutschen Medienkonzerns Bertelsmann in Gütersloh.

Blick auf die Zentrale des deutschen Medienkonzerns Bertelsmann in Gütersloh.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Nur wenige wissen das: Fast jeder Deutsche hat täglich mit Produkten aus dem Hause Bertelsmann zu tun. Bertelsmann versorgt mehr als 50 Länder mit Büchern, Zeitschriften, Fernsehen und Dienstleistungen. Man muss nicht Mitglied in dem bekannten Buchclub sein. Auch die Illustrierte "Stern", das RTL-Fernsehen mit Sendungen wie "Deutschland sucht den Superstar", Erfolgsbücher von Stieg Larsson oder Musikrechte an Elvis gehören zu dem Global Player aus Gütersloh. Sogar bei der Behörden- Auskunft 115 sitzen häufig Bertelsmann-Dienstleister am anderen Ende der Leitung. Am 1. Juli wird Europas führender Medienkonzern 175 Jahre alt. Große Geburtstagsfeiern sind geplant.

Wo heute 102.000 Menschen arbeiten, stand ganz am Anfang noch ein einziger Mann. Der Drucker und Buchbinder Carl Bertelsmann (1791- 1850) gründete den Verlag im Jahr 1835. Er brachte Liedersammlungen und christliche Schriften heraus. Zwei Generationen später starb an der Unternehmensspitze zwar der Name Bertelsmann aus. Doch die Familie - jetzt heißt die Dynastie Mohn - lenkte die Geschicke immer weiter. So manche Geschichte rankt sich um die Milliardäre aus Ostwestfalen. Der Aufstieg von Liz Mohn von einer Telefonistin zu einer der mächtigsten Frauen der Welt ist wohl die bekannteste. Seit dem Tod ihres Mannes Reinhard (1921-2009) ist sie Familienoberhaupt.

Bertelsmann-Patriarch Mohn

Das Bild zeigt den 2009 gestorbene Verleger und Bertelsmann-Urenkel Reinhard Mohn mit Ehefrau Liz sowie den langjährigen Vorstandsvorsitzende Mark Wössner mit Ehefrau Anna. (v.l.)

Das Bild zeigt den 2009 gestorbene Verleger und Bertelsmann-Urenkel Reinhard Mohn mit Ehefrau Liz sowie den langjährigen Vorstandsvorsitzende Mark Wössner mit Ehefrau Anna. (v.l.)

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Reinhard Mohn brachte den Aufstieg von Bertelsmann in der Nachkriegszeit entscheidend voran. Er hatte ein Unternehmen übernommen, das im NS-Regime mit Heile-Welt-Büchern und völkischer Lektüre für Frontsoldaten gute Geschäfte gemacht hatte. Er selbst galt aber als politisch unbelastet, konnte den Neustart in die Wege leiten. Mit der Idee des Leserings begann eine Erfolgsgeschichte. Dieser Buchclub finanzierte später die weltweite Expansion.

Der alte Mohn war ein Patriarch mit Sendungsbewusstsein, der dicke Bücher über Menschenführung schrieb und eine partnerschaftliche Unternehmenskultur prägte. Die Mitarbeiter werden in guten Jahren am Gewinn beteiligt, in schlechten Zeiten verzichten sie auf Geld. Manager erhalten große Freiräume. Aber: Die Familie hat im Konzern faktisch das letzte Wort. Eine Lehre aus den Erfahrungen, die Mohn in den 90er Jahren mit seinem Manager Thomas Middelhoff gemacht hatte.

Trotz Krise auf "sehr gutem Kurs"

Immer breiter hat sich das Medienhaus aufgestellt. Bertelsmann ist in Europa durch seinen wichtigsten Gewinnbringer, die RTL Group, klarer Marktführer im Privatfernsehen. Die Gütersloher spielen auch bei Büchern und E-Books (Random House), Zeitschriften (Gruner + Jahr), im Druckgeschäft und bei Kommunikationsdienstleistungen (Arvato) ganz vorne mit. Der Konzern ist in mehr als 50 Ländern aktiv, gerade wird etwa das China-Geschäft ausgebaut. Und der Jahresumsatz der Gruppe lag trotz der schweren Medienkrise 2009 recht stabil bei 15,4 Milliarden Euro. Der Wermutstropfen: Wegen hoher Abschreibungen blieb unter dem Strich nur eine schwarze Null übrig. Die Tochter Gruner + Jahr musste erstmals einen Verlust ausweisen.

Dieses Jahr soll alles anders werden. Das Netto-Ergebnis wird den Planungen zufolge zwischen 400 und 500 Millionen Euro liegen. Hartmut Ostrowski, der wie viele Bertelsmann-Spitzenmanager seine Karriere bei der Dienstleistungssparte begann, hat im Jahr 2009 das größte Sparprogramm der Firmengeschichte ausgerufen. Das zahlt sich aus. Der Konzern habe in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres ein Rekordquartal hingelegt, brachte Ostrowski Anfang dieser Woche beim "medienforum.nrw" in Erinnerung. "Und ich darf drei Tage vor Ende des Halbjahres hinzufügen: Wir sind auch nach sechs Monaten weiter auf einem sehr guten Kurs."

Ein Grund zum Feiern

Liz Mohn wird diesen Kurs noch längere Zeit überwachen. Die 69-Jährige will ihre Machtfülle 2016 an die sechste Generation abgeben. Dann darf sie bestimmen, wer ihr nachfolgt. Kandidaten sind die 46 Jahre alte Tochter Brigitte und der 44-jährige Sohn Christoph. Reinhard Mohn bescheinigte Brigitte zu Lebzeiten, in ihrer "zielgerichteten und verantwortungsvollen Art" seine Auffassung zu teilen, dass jeder mit seiner Arbeit einen Beitrag für die Gemeinschaft zu erbringen habe. Sie werde "zweifelsohne auch zukünftig ihren Beitrag zur Kontinuitätssicherung der Bertelsmann Stiftung leisten". Manche deuteten dies damals als Inthronisation. Jedoch legte Reinhard Mohn die Entscheidung in seinem Testament in die Hände seiner Frau. Wen sie auswählt, gilt als völlig offen.

Bertelsmann feiert seinen Geburtstag zweimal. Zuerst steigt ein
Mitarbeiterfest, bei dem am 9. Juli rund 10.000 Menschen am Stammsitz in Gütersloh erwartet werden. Hohe Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Kultur ist dann im September zu einem Festakt in Berlin geladen.

Quelle: ntv.de, Christof Bock, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen