Wirtschaft

EU-Verbot im Krisenfall? Bewegung bei Leerverkäufen

Steter Tropfen höhlt den Stein: Nun will auch die EU-Kommission bei den Leerverkäufen aktiv werden. Einem Entwurf zufolge sollen diese im Fall einer EU-weiten Krise untersagt werden. Das Brüsseler Einlenken ist ein Erfolg für Deutschland und Frankreich. Beide Länder fordern dies seit geraumer Zeit.

Etwas mehr Ordnung im Finanzkasino.

Etwas mehr Ordnung im Finanzkasino.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die EU-Kommission gibt dem Drängen Deutschlands nach und will ein Leerverkaufsverbot von Aktien und Staatsanleihen auf EU-Ebene ermöglichen. "In Notsituationen könnte es notwendig sein, dass die zuständigen Behörden Leerverkaufsaktivitäten verbieten oder begrenzen, die andernfalls legitim wären", heißt es in dem Gesetzentwurf der Brüsseler Behörde.

Die Risiken von Leerverkäufen müssten begrenzt werden, ohne deren nützliche Wirkung für die Finanzmärkte zu schmälern. Die geplante europäische Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA könnte im Fall einer drohenden EU-weiten Krise Verbote oder Beschränkungen der spekulativen Geschäfte verhängen.

Die Bundesregierung war im Mai vor dem Hintergrund der Euro-Schuldenkrise ohne Rücksprache mit den anderen EU-Staaten vorgeprescht und hatte ungedeckte Leerverkäufe auf Bankaktien und europäische Staatsanleihen verboten. Deutschland und Frankreich hatten gefordert, schon im Juli einen Gesetzesvorschlag zu einem umfassenden Verbot ungedeckter Leerverkäufe vorzulegen. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier will den Entwurf der Verordnung jetzt am 15. September vorlegen.

Verbot im Krisenfall

Der Vorschlag der Kommission umfasst nicht nur die ungedeckten, sondern auch gedeckte Leerverkäufe von Aktien und europäischen Staatsanleihen sowie Kreditausfallversicherungen auf Staatsanleihen. Bei Leerverkäufen leihen sich Investoren wie Hedgefonds Aktien oder Anleihen, verkaufen diese und hoffen, sie vor der fälligen Rückgabe preiswerter einkaufen zu können.

Bei ungedeckten Leerverkäufen haben sie die gehandelten Papiere noch nicht einmal geliehen. Diese Handelspraxis verschärfte in der Finanzkrise die Talfahrt von Bankaktien, sodass einige Finanzinstitute an den Rand einer Pleite gerieten.

Ein Verbot wäre nur in einer Krisensituation möglich. Diese würde dann herrschen, wenn eine ungünstige Entwicklung durch Leerverkäufe die Finanzstabilität in einem Mitgliedsland oder in der gesamten EU gefährden würde.

Die nationalen Aufsichtsbehörden können schon heute Verbote verhängen. Mit den harmonisierten Regeln will die EU Alleingänge und unterschiedliches Vorgehen verhindern, denn dies untergräbt die Wirkung eines Verbotes und kann brenzlige Situationen an den Märkten noch verstärken. Die EU-Aufsichtsbehörde ESMA, die im Januar 2011 starten soll, könnte außerdem das von einer nationalen Behörde ausgesprochene Verbot kippen, wenn sie es nicht für angebracht hält.

Pflichten zur Offenlegung

Verbote und andere Beschränkungen wären zunächst für bis zu drei Monate möglich. Die Frist wäre in weiteren Dreimonatsschritten verlängerbar, was eine Behörde jedes Mal rechtfertigen müsste. Ein unbefristetes Verbot wie es in Deutschland gilt wäre nicht möglich. Kurzzeitige Verbote können ausgesprochen werden, wenn eine Aktie an einem Handelstag um zehn Prozent einbricht. Um den Handel transparenter zu machen, müssten ab bestimmten Schwellenwerten die Handelspositionen sämtlicher Leerverkäufe zunächst der Aufsicht gemeldet werden, ab einem höheren Umsatz müssten sie völlig offengelegt werden.

Die EU will durch die Vorschriften außerdem übertriebene Kurswetten durch ungedeckte Leerverkäufe auch außerhalb von Krisenzeiten eindämmen. So müsste zum Zeitpunkt des Verkaufs zumindest eine Vereinbarung über das Leihgeschäft nachgewiesen werden. Eine tägliche Geldstrafe würde drohen, wenn das Wertpapier zur Erfüllung des Geschäfts nicht geliefert würde. Aktien, die vorwiegend außerhalb Europas gehandelt werden, sowie Market Maker sollen von den Vorschriften für ungedeckte Leerverkäufe und Offenlegungspflichten ausgenommen werden.

Quelle: ntv.de, rts

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