Wirtschaft

Die Tücken der Neujahrsprognosen Blinde Börsenkurs-Hellseher

Bei vielen Börsen-Experten schleicht sich wohl ein wenig Wunschdenken in den Kaffeesatz.

Bei vielen Börsen-Experten schleicht sich wohl ein wenig Wunschdenken in den Kaffeesatz.

(Foto: picture alliance / dpa)

Prognosen für das Börsenjahr haben Ähnlichkeit mit guten Vorsätzen: Sie sind meistens nicht zu halten. In vielen Fällen sind die Analysten zu optimistisch, bedeutende Ereignisse werden nicht vorhergesehen. Welche Lehren können Anleger daraus ziehen?

Prost, Neujahr… der Kater dürfte ja mittlerweile abgeklungen sein, widmen wir uns also klaren Kopfes einigen Neujahrstraditionen, die sich an der Wall Street nicht allzu sehr von den Bräuchen anderswo unterscheiden. Als da wären: Der Neujahrsvorsatz und die Neujahrsprognose – beide haben ihre Tücken.

Den Neujahrsvorsatz haben erfahrungsgemäß 90 Prozent der Leser bereits gebrochen. Gesünder essen, weniger trinken, mehr Sport... tja, das hält nicht lange, und gerade nach dem holprigen Börsenstart – zum Auftakt krachte der Dow Jones erst einmal um mehr als 300 Punkte durch – dürften Händler wie Anleger statt ins Fitnessstudio lieber in die nächste Bar gegangen sein.

Womit wir beim zweiten Neujahrsbrauch wären: der Prognose für die nächsten zwölf Monate. Prognosen zu treffen ist bekanntlich schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen – jeder Fußballer weiß das. Und auch jeder Analyst, und zwar aus eigener Erfahrung. Ein Blick auf die Statistik zeigt, dass die Experten an der Wall Street prinzipiell zu Jahresbeginn hohe Erwartungen an die Gewinne der Unternehmen und die Kursentwicklung der Börsen haben, die sich letztlich nicht halten lassen. In den letzten 39 Jahren seien die Analysten 32 Mal mit viel zu hohem Optimismus gestartet, schreibt Morgan Stanley – bei vielen Experten schleicht sich wohl ein wenig Wunschdenken in den Kaffeesatz.

Zu schnelllebig ist die Börsenwelt

Außerdem wissen die Experten oft eben auch nicht mehr als der durchschnittliche Anleger – sie haben ja auch keine geheimen Infos. Wer weiß schon, wann die Fed nun die Zinsen anhebt? Wer weiß, wo der Ölpreis einen Boden findet? Und wer kann schon abschätzen, wie sich die schwindenden Öl-Gewinne auf die Investitionen in der amerikanischen Industrie auswirken.

Einen Tag nach den dramatischen Montagsverlusten stehen auf der führenden amerikanischen Finanzwebseite Marketwatch zwei Artikel: Der eine behauptet, ein Bärenmarkt sei für 2015 geradezu unvermeidbar – der andere sagt, dass von einem Bärenmarkt keine Rede sein könne. Meine ganz persönliche Prognose: Nur einer der beiden Analysten wird Recht behalten.

Wer auch immer daneben liegt, muss sich nicht etwa um seinen guten Ruf sorgen. Viel zu schnelllebig ist die Börsenwelt, als dass man sich am Jahresende auf die besinnt, die zu optimistisch waren. Ungünstig mag es manchem sein, dass die Protokollanten bei Bloomberg die Prognosen der Kollegen aufbewahren und hin und wieder überprüfen. Gerade haben sie ihre Liste von falschen Vorhersagen veröffentlicht. So sind 2014 weder Staatsanleihen eingebrochen noch die Börse gecrasht, von einer befürchteten Inflation ist weit und breit nichts zu sehen, und der Ölpreis hat sich in direktem Widerspruch zu nahezu allen Hellsehern halbiert.

Was passiert also in den nächsten zwölf Monaten? Warten wir´s ab...

Quelle: ntv.de

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