Schweigeminute an der Wall Street Börsianer denken an Boston
16.04.2013, 16:29 Uhr
Echte Betroffenheit: In Manhattan liegen die Erinnerungen an 9/11 direkt unter der Oberfläche.
(Foto: dpa)
Am Tag nach dem mysteriösen Anschlag auf den Bostoner Marathon versucht die US-Finanzwelt, die neu aufflammende Terrorangst zu überwinden. An den New Yorker Börsen halten Händler für einen Moment inne. Für eine volle Minute ruht der Wirbel an der Wall Street.
Der sonst so hektische Börsenalltag an der Wall Street stand nach dem Anschlag von Boston einen Moment still: Kurz vor Öffnung der Märkte am Morgen gab es an der New York Stock Exchange (Nyse) und der Technologiebörse Nasdaq eine Schweigeminute.
Im großen Handelssaal der Nyse ließen die Händler ihre Vorbereitungen auf den Handelstag ruhen. Das Schweigen wurde nur ab und an durch das Klingeln der Computersysteme durchbrochen. Die rein elektronisch handelnde Nasdaq zeigte auf ihren riesigen Monitoren an der Außenfassade die US-Flagge und schrieb: "Unsere Gedanken und Gebete sind bei den Opfern und Familien."
Die Finanzprofis an der Wall Street sind den Menschen in Boston auf besondere Weise verbunden. Die vier Autostunden entfernte Stadt ist ein wichtiges Handels- und Finanzzentrum der USA. Entsprechend eng sind geschäftliche und persönliche Kontakte.
Am Vortag hatten die Explosionen beim Bostoner Marathon und überraschend schwache Konjunkturdaten aus China die Kurse an der Wall Street tief ins Minus gedrückt. Wichtige Aktienindizes gaben deutlich nach. Auch Kupfer und Öl verbilligten sich, weil Investoren eine schwächere Nachfrage aus der Volksrepublik fürchten.
Die Börsen hatten kurz vor Handelsschluss bereits deutlich im Minus gelegen, als am Nachmittag gegen 15.00 Uhr (Ortszeit) die Nachrichten aus Boston den Ausverkauf verstärkten. Die Hintergründe der Explosionen bleiben auch am Tag danach noch unklar. Nachdem Ermittler an den Explosionsort Sprengstoffspuren nachweisen konnten, stand zumindest fest, dass es sich tatsächlich um einen kriminellen oder gar terroristisch motivierten Bombenanschlag handelt.
Den Abwärtstrend verstärkt
Die Nachricht der Explosionen beim Boston Marathon kam knapp eine Stunde vor Handelsschluss. Der Dow-Jones-Index mit den 30 Standardwerten ging schließlich 1,8 Prozent tiefer fast auf Tagestief mit 14.599 Punkten aus dem Handel. Im Verlauf war er zwischen 14.598 und 14.865 Stellen gependelt. Der breiter gefasste S&P 500 verlor 2,3 Prozent auf 1552 Stellen. Der Nasdaq-Index gab 2,4 Prozent auf 3216 Zähler nach.
Den bereits deutlichen Kursrückgang vor den Detonationen hatte der Experte Andrew Wilkinson von Miller Tabak & Co auf die Weltkonjunktur zurückgeführt. Es gehe die Angst um, dass sich das Wachstum verlangsamen könnte. In China wuchs das Bruttoinlandsprodukt von Januar bis März nur um 7,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und damit deutlich schwächer als erwartet.
Quelle: ntv.de, dpa/rts