Ratingagenturen unter Beschuss Buffett geht auf Distanz
02.06.2010, 20:50 UhrMit prominenten Gästen zieht der US-Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung der Finanzkrise viel Aufmerksamkeit auf sich: Neben Moody's-Chef McDaniel stellen Politiker in Washington auch Fragen an Investment-Guru Warren Buffett. Der glaubt nach der Krise offenbar nicht mehr an die Aussagekraft irgendwelcher Ratings.

Das "Orakel von Omaha" blickt ungern zurück: Warren Buffet vor dem Ausschuss in Washington.
(Foto: AP)
Starinvestor Warren Buffett hat sich von den unter Beschuss geratenen Ratingagenturen distanziert. "Ich denke, sie haben wie alle anderen falsch gelegen", sagte der Chef der Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway dem Fernsehsender CNBC. Buffett befand sich auf dem Weg zum offiziellen US-Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung der Finanzkrise. Investoren sollten ihre Hausaufgaben in Kreditfragen machen und sich nicht auf Ratingagenturen verlassen, meinte Buffett. Berkshire ist mit 13 Prozent an der Agentur Moody's beteiligt. Zuvor hatten frühere Moody's-Mitarbeiter jede Mitschuld an der Entstehung der Finanzkrise abgestritten und auf Einmischungsversuche durch Banker verwiesen.

Skeptische Blicke auf das 13-Prozent-Investment: Buffett lauscht den Worten von Raymond McDaniel.
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Moody's-Chef Raymond McDaniel hatte das Firmenkonzept verteidigt. Ratingagenturen seien keine Wächter, die einen Verkauf von Wertpapieren stoppen könnten. "Märkte wachsen ohne Ratings", behauptete McDaniel. Der frühere Moody's-Präsident Brian Clarkson unterstrich, die Integrität der Analysten sei "unbestritten".
Das Urteil fällt im Winter
Den drei großen Ratingagenturen wie Moody's, Standard & Poor's (S&P) und Fitch wird eine Mitschuld an der Finanzkrise gegeben. Während Moody's-Anteile unter anderem von Investoren wie Buffett gehalten werden, sind die beiden Mitbewerber Töchter größerer Konzerne. S&P ist Teil der US-Mediengruppe McGraw-Hill. Mitbewerber Fitch gehört zur französischen Fimalac-Holding. Allen dreien wird vorgeworfen, die Krise angeheizt zu haben, indem sie zu lange zu hohe Bewertungen ausstellten und dann wiederum zu schnell herabstuften.

Einer der reichsten Männer der Welt unter Eid: Die Untersuchung soll dazu beitragen, eine Wiederholung der Krise zu verhindern.
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Am Mittwoch ging der Ausschuss der Rolle der Agenturen in der Krise auf den Grund. Zudem wollten die Abgeordneten herausfinden, inwieweit sich Investoren auf die Ratings verließen, wenn sie Anlage-Entscheidungen tätigten. Vor dem Gremium haben bereits Spitzenmanager von Wall-Street-Banken wie Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein und der frühere Bear-Stearns-Leiter James Cayne ausgesagt. Bis zum 15. Dezember soll der Ausschuss die Ergebnisse seiner Überprüfungen veröffentlichen.
Neue Regeln für US-Analysten
In den USA werden derzeit die Entwürfe des Senats und des Repräsentantenhauses zur Reform der Wall Street in Einklang gebracht. Diese sehen auch Maßnahmen zur Beaufsichtigung der Ratingagenturen vor. Ein strenger Regulierungsrahmen, der die Abhängigkeit des Finanzmarkts von den Bewertungen der Institute verringern soll, werden derzeit auch in Europa intensiv diskutiert. Frankreichs Zentralbankchef Christian Noyer hat vorgeschlagen, Kreditversicherer wie die Allianz-Tochter Euler Hermes oder die französische Coface zu europäischen Ratingagenturen weiterzuentwickeln.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte dazu, es sei richtig, das Oligopol der drei US-Agenturen Standard & Poor's, Moody's und Fitch aufzubrechen. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso stimmte mit Schäuble überein, es gebe zu wenig Wettbewerb. Der Bedarf einer europäischen Ratingagentur werde überprüft.
Den Instituten werden von europäischen Politikern unter anderem schwere Bewertungsfehler bei Kreditderivaten im Zusammenhang mit der US-Hypothekenkrise vorgeworfen, die der weltweiten Finanzkrise vorausgegangen waren. Auch in der jüngsten Schuldenkrise der Mittelmeerländer gerieten die Agenturen in die Kritik. Auch hatten sich die Bonitätsprüfer mit durch die Benotung von Staaten von der eigentlich neutral angelegten Beobachterrolle in die Lage eines marktbeeinflussendes Akteurs gebracht.
Quelle: ntv.de, mmo/rts