Wirtschaft

Zäher Handel mit deutschen Anleihen Bund fürchtet um die Geldquelle

Ecksteine im Konzept Staatsfinanzierung: Anleihen mit einer Laufzeit von drei Jahrzehnten.

Ecksteine im Konzept Staatsfinanzierung: Anleihen mit einer Laufzeit von drei Jahrzehnten.

(Foto: REUTERS)

Der Wirbel um die finanzielle Lage der Griechen oder Spanier verdeckt, dass auch auf Deutschland gewaltige Schulden lasten. Noch wird nicht wirklich gespart, die Schuldenbremse begrenzt nur die Neuverschuldung. Und genau hier gibt es ein Problem: Die Nachfrage nach langfristigen deutschen Staatsanleihen schwindet.

Da staunt die Schildkröte: Wenn die 30-Jährigen nicht mehr ziehen, muss sich die Bundesrepublik schnell etwas einfallen lassen.

Da staunt die Schildkröte: Wenn die 30-Jährigen nicht mehr ziehen, muss sich die Bundesrepublik schnell etwas einfallen lassen.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Das zuletzt geringe Interesse von Investoren an Staatsanleihen mit langer Laufzeit erfüllt die Finanzagentur des Bundes mit Sorge. "Die Nachfrage in diesem Bereich ist uns besonders wichtig", sagte Geschäftsführer Carl Heinz Daube. Zusammen mit seinen Mitarbeitern ist Daube zuständig für das Schuldenmanagement des deutschen Staatshaushaltes. "Auch uns macht es Sorgen, dass die Nachfrage hier im Zuge der Krisen im Euroraum geringer ausfällt." Gerade die 30-jährigen Bonds seien eine Anlageklasse, "die von den für den Bund traditionell besonders wichtigen langfristig orientierten Investoren nachfragt werden, etwa Lebensversicherern und Pensionskassen".

Die Gebote der Investoren bei der Auktion 30-jähriger Bundesanleihen war vorige Woche unter dem geplanten Volumen geblieben, wie zuvor auch bei Bonds mit zehn Jahren Laufzeit. "Zwar behalten wir immer einen Teil des angestrebten Volumens für die Marktpflege und setzen ihn später am Sekundärmarkt ab, so dass wir nie das Risiko haben, dass der Bundeshaushalt nicht finanziert werden kann", sagte Daube. "Das ist aber natürlich nicht optimal." Die Finanzagentur sei im Gespräch mit Marktteilnehmern, "um das Wertpapierangebot des Bundes erforderlichenfalls noch besser auf die Nachfrage abstimmen zu können". Der Bund will sich in diesem Jahr 252 Mrd. Euro von Investoren leihen, davon 10 Mrd. Euro durch die Emission 30-jähriger Anleihen.

Der Schuldenberg wächst weiter

Ein Grund für die Zurückhaltung der Anleger sind die . So waren die 30-jährigen Papiere mit einer historische niedrigen Verzinsung (Kupon) von 2,5 Prozent ausgestattet. Ein Nachjustieren der für 2012 geplanten Auktionen von Bundeswertpapieren lehnt Daube aber ab. "Ich würde nicht empfehlen, aufgrund temporär niedriger Zinsen den Kalender anzupassen", sagte der Geschäftsführer. "Das würde zu einer Verunsicherung der Marktteilnehmer führen." Nur wenn sich langfristig am Markt etwas ändere, müsse eine Strategieanpassung geprüft werden.

Studien, wonach der Bund durch die niedrigen Zinsen jährlich riesige Summen spare, hält Daube für übertrieben. "Die ausstehende beträgt etwa 1,1 Billionen Euro", sagte er. "Der durchschnittliche Zins über alle Laufzeiten hinweg liegt derzeit bei rund 3,9 Prozent. Das aktuelle Zinsniveau müsste schon noch weitere drei bis vier Jahre anhalten, damit die durchschnittliche Emissionsrendite auf ein deutlich niedrigeres Niveau fällt." Kurzfristig bewirke ein niedrigeres Zinsniveau geringere Zinsausgaben im Bundeshaushalt. Auch auf lange Sicht verlangsame sich dadurch der Anstieg der Schulden. "Da der Schuldenberg aber absolut noch weiter wächst, müssen für Zinsen trotzdem weiter hohe Ausgaben eingeplant werden."

"Tendenziell höhere Zinsen"

Daube rechnet damit, dass das extrem niedrige Zinsniveau nicht von Dauer sein wird. "Es spricht einiges dafür, dass wir tendenziell wieder in eine Phase steigender Zinsen hineinkommen. Wenn die Anleger wieder Alternativen sehen zu investieren und nicht mehr nur deshalb in den Bund gehen, weil er das sicherste Instrument ist, dann wird das den Preis beeinflussen."

Deutschland genießt bei Anlegern den Status als sicherer Hafen. Sie verzichten auf Rendite, um an die begehrten Papiere zu kommen. Bei einer Auktion von Geldmarktpapieren im Januar zahlten die Investoren sogar eine Prämie, so dass der Bund beim Schuldenmachen Geld verdiente. Auch die Marktrenditen sind teilweise negativ. "Viele Anleger haben ein ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis", sagte Daube. "Sie sind daher bereit, eine hohe Prämie für Sicherheit und Liquidität zu zahlen. Das sorgt im Ergebnis teilweise dafür, dass die Prämie besonders groß ausfällt. Das kommt vor. Dass das dauerhaft so sein wird, glaube ich aber nicht."

Inflationsschutz für Anleger

Die Finanzagentur erwägt nach den Worten ihres Chefs den Ausbau von inflationsgeschützten Anleihen. Bei diesen sogenannten Linkern übernimmt der Bund das , das normalerweise bei Anlegern liegt. "Wir haben dem Markt zugesichert, regelmäßig zu emittieren. Das werden wir auch tun, um auch im Ausbau dieses Marktsegments ein verlässlicher Partner zu sein", sagte Daube.

"Wenn sich die Marktlage signifikant ändert und die Parameter stimmen, würden wir dem Bund empfehlen, auch einen 30-jährigen Linker aufzulegen." Bislang gibt es inflationsgeschützte Bundesanleihen nur mit einer Laufzeit bis zehn Jahre, deren Auktion zuletzt auf eine eher schwache Nachfrage stieß.

Madrid muss mehr berappen

Das finanziell bedrängte konnte sich unterdessen am Kapitalmarkt zwar reichlich frisches Geld besorgen, musste dafür aber den Investoren wieder deutlich höhere Zinsen bieten als zuletzt. Bei der jüngsten Auktion spanischer Staatsanleihen platzierte das Land insgesamt vergleichssweise kurz laufende Titel mit Laufzeiten bis 2015 und 2017 im Volumen von rund 2,5 Mrd. Euro.

Das Interesse an den Auktionen war rege und am oberen Ende der angestrebten Zielspanne: Die Nachfrage übertraf bei den fünfjährigen Papieren das Angebot um das 3,7-Fache und war damit höher als bei der jüngsten vergleichbaren Auktion mit einer Überzeichnungsquote von 2,7. Allerdings verlangten die Investoren nun wesentliche höhere Zinsen als zuletzt: Die bis Juli 2017 laufende Anleihe wirft eine Durchschnittsrendite von 4,96 Prozent ab - zuletzt waren es nur 3,69 Prozent. Auch bei den dreijährigen Anleihen wurde mit 4,037 Prozent ein weit höherer Zins fällig als zuletzt mit nur 2,61 Prozent.

Spanien kämpft mit großen Haushaltsproblemen. Das Land hat für 2012 ein weniger ehrgeiziges Defizitziel als ursprünglich vereinbart in Brüssel durchgesetzt und damit Vertrauen bei den Anlegern verspielt. Zudem sitzt der Bankensektor nach dem Platzen einer Immobilienblase auf einem Berg fauler Kredite. Die Regierung will jedoch nicht wie Nachbar Portugal unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen. Auch will sie keine Hilfsgelder für den angeschlagenen Bankensektor aus dem Fonds beantragen.

Quelle: ntv.de, Sarah Marsh / Rene Wagner, rts

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