Warnung vor Börsentricks Bund räumt toten Winkel ein
12.07.2009, 11:55 UhrMitten in der Finanzkrise läuft ein großangelegter Versuch, den Fiskus um gigantische Summen zu prellen. Institutionelle Anleger zocken mit Aktien-Deals rund um den Dividendenausschüttungstermin deutscher Konzerne die Finanzämter ab. Das Finanzministerium warnt.

Schnelles Reagieren des Gesetzgebers gefragt: Der Bund muss den toten Winkel für den Fiskus verkleinern.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Es bestehe "die Gefahr, dass zwei Steuerbescheinigungen ausgestellt werden, obwohl nur einmal Kapitalertragsteuer abgeführt wurde", bestätigte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums (BMF) dem "Spiegel" den möglichen Missbrauch, der mit Hilfe höchst komplexer, grenzüberschreitender Börsenmanöver und ausländischer Banken abgewickelt werde. Bei der Veranlagung ließen sich also Steuern auf Dividenden zurückfordern, die nie bezahlt wurden, so der "Spiegel".
In einer Stellungnahme betonte das Ministerium jedoch, die Gefahr eines Steuerschadens sei "minimal". Gleichzeitg warnte das Ministerium vor solchen Tricks. Den hiesigen Finanzämtern und insbesondere den Prüfungsdiensten sei "das Thema gut bekannt". Die Ämter würden bei derartigen Konstellationen jetzt ganz genau hinsehen. Zudem habe das Ministerium zusammen mit den Ländern "steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit Leerverkäufen bereits erheblich eingeschränkt beziehungsweise erschwert".
Das System arbeitet auf Lücke ...
Möglich mache den Trick ein toter Winkel im internationalen System für Wertpapiergeschäfte, schreibt der "Spiegel". Ein Profi-Anleger kauft demnach eine geliehene Dax-Aktie über eine ausländische Bank. Zum selben Zeitpunkt erteilt ein deutscher Finanzinvestor für diese Aktie einen Kaufauftrag. Das Geschäft wird laut Ministerium "in zeitlicher Nähe vor dem Dividendenausschüttungstermin" angestoßen. Es kommt dann laut Magazin zu einer paradoxen Situation: Wegen der Trägheit der Abwicklung ist für rund 48 Stunden nicht genau klar, wer der Eigentümer der Aktie und damit dividendenberechtigt ist. Scheinbar gibt es zwei Besitzer - der ursprüngliche Eigentümer und der Käufer der Aktie erhalten jeweils eine Steuerbescheinigung, obwohl nur einmal bezahlt wurde. Denn die ausländische Bank führt keine Kapitalertragsteuer an den deutschen Fiskus ab.
... und die Mühlen der Justiz mahlen langsam
In einem Brief an das Deutsche Aktieninstitut vom 25. Mai befürchtet das Ministerium - entgegen den jünsten Verlautbarungen - "Steuerausfälle in Milliardenhöhe". Beim Bund vertraut man jedoch auf eine neue Regelung: Die Steuerberater der Aktienkäufer müssen ab sofort bestätigen, dass es keine geheimen Absprachen mit dem Verkäufer geliehener Aktien gab. Hessens Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) traut der Vorschrift dem Bericht zufolge indes nicht, da der Trick auch ohne Absprachen funktioniere. Deshalb habe er laut Sprecher "den Bundesfinanzminister auf die offene Flanke hingewiesen und auf eine rasche Lösung in der neuen Legislaturperiode gedrängt".
Zu den Drahtziehern der Trickserei gibt es bislang kaum Informationen, schreibt das Magazin. Erste Hinweise auf den Missbrauch habe das Bundesfinanzministerium schon im Dezember 2002 vom Bundesverband deutscher Banken erhalten. Die Länder seien im Spätsommer 2005 informiert worden.
Quelle: ntv.de, ddi/dpa