Strategischer Rückzug aus Kolumbien Carrefour vermählt die Tochter
19.10.2012, 08:08 Uhr
Der Mann hinter dem Aufstieg: Cencosud-Chef Horst Paulmann bei einem Sommerbesuch in New York.
(Foto: Reuters)
In Südamerika wächst Schritt für Schritt ein neuer Handelsriese heran: Der chilenische Konzern Cencosud einigt sich mit dem französischen Metro-Rivalen Carrefour einig und legt für dessen kolumbianischen Ableger eine beachtliche Summe auf den Tisch.

Kolumbien bildet für die Franzosen offenbar ein verzichtbares Standbein im Südamerika-Geschäft.
(Foto: REUTERS)
Der französische Handelskonzern Carrefour verkauft seine kolumbianische Tochter nach Chile.
Die chilenische Einzelhandelskette Cencosud investiert eigenen Angaben zufolge rund 2,6 Mrd. US-Dollar (rund zwei Milliarden Euro). Cencosud sichert sich damit einen vergleichsweise komfortablen Einstieg in den kolumbianischen Markt. Das Geschäft soll bis Jahresende abgeschlossen werden.
Neben seinem Heimatland ist Cencosud bereits in Argentinien, Brasilien, Kolumbien und Peru aktiv.
Während lateinamerikanische Handelskonzerne von einer wachsenden Mittelschicht profitieren, stecken viele europäische Unternehmen in der Krise. Wegen steigender Preise, geringen Lohnzuwächsen und Sparmaßnahmen der Regierungen halten sich Verbraucher dort zurück.
Erst vor gut einer Woche hatte Carrefour seine Aktionäre mit dem Zwischenbericht zum dritten Quartal positiv überrascht. Der französische Wettbewerber des deutschen Handelsriesen Metro deckte einen unerwarteten Umsatzanstieg auf.
Spürbare Schwächen in Europa
Der bereinigte Umsatz des im französischen Leitindex CAC 40 notierten Konzerns war im abgelaufenen Vierteljahr um 0,2 Prozent gestiegen - dank der guten Nachfrage in Lateinamerika, wie es zu diesem Zeitpunkt hieß. An den Börsen reichte der schwache Aufwärtstrend aus, um den Aktienkurs zeitweise kräftig anzuschieben
Nach Aussagen von Carrefour verbesserte sich auch der Umsatz in den französischen Supermärkten. Damit scheint der größte französische Einzelhändler auf seinem hart umkämpften Heimatmarkt wieder Boden gut zu machen. Von Juli bis September konnte die Supermarktkette 1,2 Prozent mehr in Frankreich umsetzen.
Einkaufen wie Gott in Frankreich?
Insgesamt bekommt Carrefour immer mehr zu spüren, dass das Format des Lebensmittel-Hypermarktes in Frankreich zunehmend unbeliebter wird. Am Heimatmarkt macht der Konzern rund 40 Prozent seiner Geschäfte. In den vergangenen Jahren haben immer mehr Kunden einen Bogen um die Hypermärkte gemacht, die "auf der grünen Wiese" alles unter einem Dach anbieten, um stattdessen im Supermarkt um die Ecke einzukaufen.
Die Kaufzurückhaltung im übrigen Europa macht dem gemessen am Umsatz weltweit zweitgrößten Einzelhandelskonzern zusätzlich zu schaffen.
Insbesondere im krisengebeutelten Südeuropa hielten sich die Kunden weiter spürbar zurück. Allerdings konnte die Kaufzurückhaltung in den südeuropäischen Ländern durch solide Umsätze in Lateinamerika wettgemacht werden.
Insgesamt legten die Umsätze im dritten Quartal auf Basis aktueller Wechselkurse um 2,1 Prozent auf 22,63 Mrd. Euro zu, und fielen damit etwas besser aus als von Analysten erwartet. In Europa - ausgenommen Frankreich - gingen die Einnahmen hingegen um 2,2 Prozent zurück.
Carrefour ist mit seinen Schwierigkeiten in Europa in guter Gesellschaft. Anfang Oktober musste seine Gewinnerwartung für dieses Jahr im Windschatten der Wirtschaftsflaute in Europa kappen.
Quelle: ntv.de, DJ/rts