Wirtschaft

Notenbank bläst Aktienmarkt auf China-Lokomotive pfeift aus letztem Loch

 Ein chinesischer Arbeiter geht am in Peking (China) auf einer Baustelle an chinesischen Schriftzeichen vorbei.

Ein chinesischer Arbeiter geht am in Peking (China) auf einer Baustelle an chinesischen Schriftzeichen vorbei.

(Foto: picture alliance / dpa)

Das Wirtschaftswachstum in China schwächt sich dramatisch ab. Die Notenbank reagiert darauf mit immer neuen Maßnahmen. Die Party am Aktienmarkt könnte daher noch eine Weile weitergehen, obwohl der Immobilienmarkt überhitzt ist.

Auf das höchste Niveau seit März 2008 ist der Aktienmarkt in China geschossen: Seit Juli 2014 steht beim Shanghai A Index ein Kursplus von mehr als 80 Prozent zu Buche. Und die Rally bekommt immer neue Nahrung. Der Auslöser: Bisher wurde viel spekulatives Kapital am Immobilienmarkt investiert. Ab sofort müssen Käufer von Zweitimmobilien jedoch nur noch 40 Prozent des Kaufwerts als Eigenkapital beisteuern, statt wie bislang 60 Prozent. Damit versucht die Notenbank zu verhindern, dass die Preise am Immobilienmarkt noch stärker einbrechen und die chinesische Wirtschaft noch mehr belasten als ohnehin schon. Das durch diese Steuermaßnahmen frei werdende Geld fließt nun in Aktien, da der Immobilienmarkt derzeit heiß gelaufen ist. In der Vorwoche wurden bereits so viele Handelskonten neu eröffnet wie seit 2007 nicht mehr.

In den ersten zwei Monaten 2015 waren die Verkäufe neuer Häuser um 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingebrochen. Das ist eine enorme Belastung für die Wirtschaft, steuert der Immobiliensektor laut Schätzungen von Experten doch rund 15 Prozent zur Wirtschaftsleistung bei. Im Februar waren die Preise für neue Häuser in den größten 70 Städten des Landes um 5,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingebrochen. Das ist der stärkste Rückgang seit 2011, als die Daten erstmals erfasst worden sind. Auf die neuesten Maßnahmen der Regierung waren die Aktien der zwei größten Immobilienfirmen des Landes, wie China Vanke oder Poly Real Estate, nach oben geschossen.

Wirtschaftswachstum schwächt sich dramatisch ab

Wie die Regierung angesichts der Entwicklung am Immobilienmarkt das für 2015 angepeilte Wirtschaftswachstum von rund sieben Prozent erreichen will, bleibt ihr Geheimnis. Denn auch andere Wirtschaftsdaten dürften nicht gerade für Optimismus sorgen: So waren die Einzelhandelsumsätze im Februar um lediglich 10,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Das ist der niedrigste Wert seit neun Jahren. Der Transport von Containern per Zug war in den ersten zwei Monaten des Jahres um 9,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingebrochen, und am vergangenen Wochenende hatte Ministerpräsident Li Keqiang bereits angekündigt, er werde weitere Maßnahmen ergreifen, falls sich das Wirtschaftswachstum weiter abschwächen sollte.

Laut den Berechnungen der New Yorker Researchfirma Cornerstone Macro ist das Plus nicht einmal halb so groß wie offiziell behauptet. "Wir bleiben weiterhin der Überzeugung, dass die Wirtschaft eher um zwei bis drei Prozent wächst." Wie schwach die Konjunktur tatsächlich ist, zeigen etliche andere Daten. So sinken derzeit die Löhne in den vier größten Städten des Landes. Ins gleiche Horn wie Cornerstone bläst auch Albert Edwards, Anlagestratege der Societe Generale, der ebenfalls von einem Plus von lediglich zwei oder drei Prozent ausgeht. "Die chinesischen Daten sind völlig manipuliert. Sie haben ohnehin nur einen Sinn: Die kommunistische Partei an der Macht zu halten."

Bedeutung des Renminbi nimmt zu

Trotz der schwachen Konjunktur verhindert China, dass der Renminbi gegenüber dem Dollar schwächelt. Vielmehr hat sich der Renminbi zuletzt sogar deutlich erholt. Vermutlich versucht China, seine Währung aus Reputationsgründen vor einer stärkeren Abwertung zu bewahren. Im laufenden Jahr steht die turnusmäßige Überprüfung der IWF-Sonderziehungsrechte (SZR) bevor und damit die Zusammensetzung des SZR-Währungskorbs, der bislang Dollar, Euro, britisches Pfund und japanischer Yen beheimatete.

Ginge es nach China, wäre der Renminbi schon längst in den Club der "offiziell" wichtigen Weltwährungen aufgenommen worden, was der IWF bei der letzten Prüfung 2010 noch wegen der mangelnden internationalen Renminbi-Handelbarkeit abgelehnt hatte. Nach den merklichen Fortschritten in Sachen Konvertibilität stehen die Chancen gut, dass die chinesische 2015 in den Korb aufgenommen werden könnte – "dass seine Bedeutung als Weltwährung locker mit der des Britischen Pfunds mithalten kann, sollte außer Frage stehen", schreibt Stefan Bielmeier, Bereichsleiter Research und Chefvolkswirt der DZ BANK, in seinem Blog.

Spekulation auf eine weitere Öffnung

Der Aktienmarkt ist nach der Kursrally inzwischen teuer geworden. Seit August 2014 hat sich das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des Aktienmarkts in Shanghai auf 19 verdoppelt, weil die Investoren immer wilder auf Kredit spekulieren. Allein seit August 2014 ist das Volumen an Wertpapierkrediten um eine Billion Renminbi (148,7 Milliarden Euro) nach oben geschossen – das entspricht mehr als einem Prozent der Wirtschaftsleistung. In den vergangenen 36 Monaten ist das Volumen damit von 50 Milliarden Renminbi auf 1,4 Billionen Renminbi (208 Milliarden Euro) explodiert. Die Wertpapieraufsicht Chinas hat derweil angekündigt, den Finanzmarkt von Festlandchina weiter öffnen zu wollen.

Obwohl der Aktienmarkt bereits gut gelaufen ist, könnte die Hausse dennoch weitergehen. Wegen der Krise im Immobiliensektor halten sich die Schattenbanken, die über Vermögenswerte von rund 2,2 Billionen Dollar verfügen, mit Krediten an kleine Unternehmen und Privatleute zurück und stecken das Geld lieber in den Aktienmarkt - und so nährt die Hausse die Hausse.

Quelle: ntv.de

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