Kampf gegen die Euro-Krise China prüft Hilfe
02.02.2012, 15:20 UhrDie erhofften konkreten Zusagen gibt es von Ministerpräsident Wen Jiabao zwar nicht, aber immerhin denkt China darüber nach, den Euro-Staaten zu helfen. Allerdings gibt es eine Bedingung: Europa muss sich richtig anstrengen.
China erwägt, den Euro-Staaten im Kampf gegen die Staatsschuldenkrise stärker unter die Arme zu greifen. Ministerpräsident Wen Jiabao sagte nach einem Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Peking, man prüfe ein stärkeres Engagement an den Euro-Rettungsschirmen: "China denkt darüber nach, über die EFSF oder den ESM mehr an der Überwindung der Schuldenkrise mitzuwirken", sagte Wen.
Zugleich betonte er, dass China auch eine wichtige Rolle des IWF bei der Überwindung der Krise befürworte. Seine Regierung prüfe, wie der G20-Staat mehr Mittel für den IWF bereitstellen könne. Wie Chinas Beitrag konkret aussehe, werde aber noch analysiert. Auch Merkel betonte in Peking, China sei auch aus seiner "allgemeinen Verantwortung für eine stabile Weltwirtschaft" bereit, sich mit für einen stabilen Euro einzusetzen.
China nimmt aus deutscher Sicht eine Schlüsselrolle bei der Stabilisierung der Euro-Zone ein. Ein Einstieg des kapitalstarken Landes bei den Rettungsschirmen könnte auch andere Staaten mitziehen. Zudem spielt China mit seiner wachsenden Wirtschaftskraft auch eine große Rolle bei der von IWF-Chefin Christine Lagarde geplanten Aufstockung der Krisenmittel des IWF um 500 Mrd. Euro. Die USA lehnen eine Beteiligung bisher ab, die Schwellenländer reagieren zurückhaltend.
Deutliche Mahnung an Europäer
So deutlich wie selten mahnte Wen aber, dass die Europäer zunächst ihre Probleme anpacken und sich der Bedeutung ihrer Krise für die gesamte Welt bewusst sein müssten. "Die Lösung der Schuldenkrise ist angesichts der kritischen Weltwirtschaftslage ausgesprochen dringend und wichtig." Die EU sei der größte Währungsraum der Welt. Deshalb betreffe das Schicksal Europas auch China. "Grundlage und Schlüssel der Bewältigung der Schuldenkrise sind eigene Anstrengungen Europas", sagte er. Die Schuldenländer sollten schmerzhafte Entscheidungen treffen, um ihre Haushalte in den Griff zu bekommen. Neben den Rettungsmaßnahmen sollte die EU aber auch als Ganzes strukturelle und institutionelle Reformen in der Fiskal- und Finanzpolitik vorantreiben. Auch Merkel betonte, dass die Stabilisierung vor allem eine Aufgabe für die europäischen Staaten sei. "Wir müssen unsere Hausaufgaben machen." Die Welt erwarte, dass Europa ein geschlossenes Bild abgebe.
Zuvor hatte sie in einer Rede vor der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften in Peking darauf verwiesen, dass die Europäer in den vergangenen Monaten bereits entscheidende Fortschritte gemacht hätten, um die Haushaltsdefizite zu reduzieren, eine größere Verbindlichkeit der Zusammenarbeit zu schaffen und für mehr Wettbewerbsfähigkeit der Euro-Länder zu sorgen.
Gegenseitige Investitionen erwünscht
Merkel und Wen sprachen sich für mehr gegenseitige Investitionen aus. Beide warnten zudem vor Protektionismus. Die Europäer sollten angemessene Investitionsmöglichkeiten anbieten und eine positive und offene Atmosphäre schaffen. Dies wurde als Hinweis darauf gewertet, dass China als Gegenleistung für ein stärkeres Engagement in Europa etwa ein Ende des EU-Waffenembargos gegen das Land und eine frühere Gewährung des Status als Marktwirtschaft durch die EU fordert.
"Die Investitionen chinesischer Unternehmen sind uns willkommen", betonte die Kanzlerin. "Wir wollen keine protektionistische Grenze um Europa errichten." Es sei vielmehr gute Praxis sowohl in Europa als auch Deutschland, dass Unternehmensentscheidungen nicht politisiert würden. "Wir haben klare Regeln." Zuvor hatte Merkel aber auch Chancengleichheit für deutsche Unternehmen in China etwa bei Ausschreibungen gefordert. Sie erwarte jetzt eine "sehr große Dynamik". Hintergrund sind die wachsenden Einkaufwünsche chinesischer Firmen in Europa. Deutsche Firmen beklagen sich über eine Benachteiligung bei Ausschreibungen in China.
Merkel wird am Freitag auch Präsident Hu Jintao treffen. Sie betonte, dass sie in ihren Gesprächen auch die Menschenrechtslage angesprochen habe. Zudem pochte sie auf größere Medienfreiheit in dem Land. Wen wird zur Hannover-Messe nach Deutschland kommen, auf der China diesjähriges Partnerland ist. Der Ministerpräsident lud die Kanzlerin für die zweite Jahreshälfte erneut nach China ein.
Quelle: ntv.de, rts