US-Gas für das rote Riesenreich China will in Texas bohren
11.10.2010, 21:40 UhrEine milliardenschwere Übernahme wirft Licht auf das künftige energiepolitische Nebeneinander der beiden mächtigsten Volkswirtschaften: Um den eigenen Rohstoffhunger zu stillen, wagen sich die Chinesen tief ins Hinterland der Vereinigten Staaten vor.

Staatlich-chinesische Offshore-Förderung: CNOOC-Experten bohren rund um den Erdball nach Öl - warum nicht auch in Texas?
(Foto: REUTERS)
Der staatlich-chinesische Ölriese CNOOC versucht in einem neuen Anlauf einen Fuß in den amerikanischen Markt zu bekommen. Der Staatskonzern übernimmt ein Drittel an dem Öl- und Gasprojekt "Eagle Ford Shale" der Firma Chesapeake Energy in Texas. Für das als vielversprechend geltende Vorhaben zahlen die Chinesen eigenen Angaben zufolge 1,1 Mrd. US-Dollar in bar. Vor fünf Jahren war CNOOC noch mit der Übernahme des US-Konzerns Unocal am Widerstand der Aufsichtsbehörden gescheitert.
"Shale Gas" und "Shale Öl" bezeichnen Rohstoffvorkommen, bei denen fossiles Erdöl und Erdgas in Gesteinsschichten wie Schiefer eingeschlossen schlummert und erst durch aufwändig mechanische und chemische Prozesse herausgelöst werden kann.
Teuer, schmutzig und ergiebig
Das Verfahren zur Förderung von Shale-Vorkommen gilt als schwieriger und kostspieliger als die Erschließung herkömmlicher Öl- oder Gasfelder. Die Förderung lohnt erst ab einem gewissen Marktpreis. Sie gilt als zukunftsträchtig, weil die in dieser Form im Boden schlummernden Mineralölvorkommen bislang kaum angetastet wurden.
Angesichts stagnierender Erträge aus leicht zugänglichen Ölfeldern hat eine Reihe von Ölfirmen zuletzt massiv in diesen Bereich investiert. Experten rechnen damit, dass sich der Anteil von "Shale Gas" an der Gasproduktion in den USA in den nächsten Jahren vervierfachen wird.
Chesapeake bleibt den Angaben nach der Betreiber des Projekts. CNOOC erklärte sich zudem damit einverstanden, 75 Prozent der Bohr- und Abschlusskosten, die für Chesapeake anfallen, zu übernehmen. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen zudem zusätzliche 1,08 Mrd. Dollar fällig werden. Chesapeake rechnet mit der Zahlung bis Ende 2012.
Inder schauen in die Röhre
CNOOC kam zum Zug, nachdem Gespräche zwischen Chesapeake und dem indischen Energiekonzern Reliance Industries vergangene Woche gescheitert waren. Das Projekt gilt in der Branche als heiß begehrt: Erst am Sonntag gründete der norwegische Ölkonzern Statoil ein Gemeinschaftsunternehmen mit der kanadischen Talisman Energy, um sich mit umgerechnet rund 1,3 Mrd. US-Dollar am Projekt "Eagle Ford" zu beteiligen. Das Feld gilt als attraktiv, weil hier besonders viel flüssiges Erdgas und Kondensate vermutet werden. Sie können teurer verkauft werden als normales Erdgas.

Frische Wunden: Zumindest an der Golfküste hält sich die Begeisterung für neue Bohrvorhaben in engen Grenzen.
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Investitionen chinesischer Firmen in den USA galten aus politischen Gründen lange Zeit als kaum machbar. Experten zufolge erwärmt sich die amerikanische Seite aber angesichts der vielerorts klammen Firmen zunehmend für chinesische Geldgeber.
Zwar gibt es derzeit nicht zuletzt wegen des Währungsstreits Spannungen im Verhältnis zwischen beiden Ländern. Experten gehen aber davon aus, dass die US-Regierung anders als 2005 beim angestrebten Kauf von Unocal durch CNOOC kein Veto einlegen wird.
Aggressive Expansion
"Mit Unocal wollten sie eine ganze Firma kaufen, auch die Beschäftigten mit übernehmen. Nun kaufen sie einen Anteil von 33 Prozent an einem von vielen Projekten von Chesapeake", beschrieb Analyst Gordon Kwan von Mirae Asset Securities einen aus seiner Sicht wichtigen Aspekt des Geschäfts.
Marktbeobachter vermuten, dass die staatlich-chinesische CNOOC ihre Fühler künftig vermehrt ins Ausland ausstrecken dürfte, etwa zum kanadischen Ölsand-Geschäft oder in Richtung Tiefseebohrungen vor Brasilien, Angola oder Nigeria.
Die Expansionsstrategie des Konzern gilt als aggressiv: Die Chinesen versucht auf diese Weise, die eigenen ehrgeizigen Produktionsziele doch noch zu erreichen. Bislang haben chinesische Öl- und Gasfirmen in diesem Jahr mit 18,6 Mrd. Dollar schon mehr in Partnerschaften oder Zukäufe investiert als im vergangenen Jahr.
Quelle: ntv.de, rts