Regierung unter Handlungsdruck Chinas Industrie schrumpft
01.09.2012, 11:55 Uhr
In einer Fabrik in Wuhan kontrolliert ein Mitarbeiter Glasfaserkabel.
(Foto: REUTERS)
Schlechte Konjunkturnachrichten aus China: Die Talfahrt der Industrie setzt sich in der Volksrepublik fort. Damit verstärkt sich die Sorge, dass die wichtigste Wachstumslokomotive für die Weltwirtschaft weiter an Dampf verliert. Derzeit lasten nicht nur die europäische Schuldenkrise und die flaue Konjunktur in den USA auf den chinesischen Exporten.
Die Zeichen in China stehen weiter auf Abschwung. Im August setzte die Industrie ihren Abwärtstrend fort, und aktuelle Daten weisen auf eine Schrumpfung des Sektors: Der offizielle Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe fiel auf 49,2 Punkte nach 50,1 Zähler im Vormonat, wie die China Federation of Logistics and Purchasing (CFLP) mitteilte. Damit ist der Index den vierten Monat in Folge gefallen und notiert nun auf dem niedrigsten Stand seit neun Monaten. Werte über 50 Punkte zeigen ein Wachstum an, Zahlen darunter deuten auf eine Schrumpfung.
Analysten sagten, die Zahlen legten nahe, dass die Regierung mit ihren Maßnahmen zur Stimulierung der Wirtschaft "hinter die Kurve zurückgefallen" ist. Damit die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt wieder ihre Rolle als Wachstumslokomotive übernehmen könne, seien kraftvolle Maßnahmen nötig.
Der entsprechende vorläufige Index der Großbank HSBC für August hatte bereits auf eine schwache Entwicklung hingedeutet. Er sank im August auf den niedrigsten Stand seit neun Monaten.
"Chinas Industrie kämpft weiter mit heftigem Gegenwind, resultierend aus einer Abschwächung in der Heimat, einem wenig hilfreichen Klima im Ausland und einer völlig ungenügenden Antwort der Politik", sagte Alistair Thornton von IHS Global Insight. "Die Regierung hat das Tempo des Abschwungs völlig unterschätzt und hinkt der Entwicklung hinterher."
Die Gewinne sinken
Andere Experten äußerten sich ähnlich. "Die Zahlen zeigen, dass die chinesische Wirtschaft sich weiter auf einem Abwärtstrend befindet und dass weitere Unterstützung nötig ist", meinte Lin Caiyi, Chefvolkswirtin bei Guotai Junan Securities. Denkbar seien eine Kappung der Leitzinsen und eine Senkung der Reserveanforderung an die Banken, sodass die Institute mehr Kredite vergeben könnten, ergänzte die Expertin. Auch könnte die Regierung größere Investitionen anstoßen und die Staatsausgaben erhöhen.
Im zweiten Quartal war die chinesische Wirtschaft nur um 7,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr wachsen, die niedrigste Rate seit über drei Jahren. Der Einkaufsmanagerindex ist ein viel beachtetes Konjunkturbarometer für die gesamtwirtschaftliche Lage. Für den Index werden Manager, die für ihre Unternehmen im Einkauf tätig sind, zur aktuellen Geschäftslage ihrer Betriebe befragt. Dabei werden wichtige Kenngrößen wie Auftragslage, Produktion, Exportaufträge, Beschäftigung und Einkaufspreise erhoben.
Chinas Industrie bekommt die Konjunkturabkühlung mit deutlich geschmälerten Gewinnen zu spüren. Laut Statistikamt verdienten die Firmen des Verarbeitenden Gewerbes im Juli 5,4 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Damit bröckeln die Gewinne des Sektors bereits den vierten Monat in Folge. Im Juni war der Rückgang jedoch mit 1,7 Prozent wesentlich geringer ausgefallen als im Juli. "Die Daten sind schlecht und spiegeln den schwachen Konjunkturverlauf wider", sagte Ökonom Dariusz Kowalczyk von Credit Agricole CIB.
Quelle: ntv.de, jga/rts/DJ