Wirtschaft

Putzmeister als Paradebeispiel? Chinesen sichern deutsche Jobs

Auf dem Weg nach Fukushima: Ein saugstarker Riesenrüssel aus Aichtal bei Stuttgart

Auf dem Weg nach Fukushima: Ein saugstarker Riesenrüssel aus Aichtal bei Stuttgart

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Mitarbeiter des schwäbischen Betonpumpen-Herstellers Putzmeister können aufatmen: Nach der Übernahme durch die Chinesen lässt sich die Geschäftsführung auf eine weitreichende Betriebsvereinbarung ein. Bis 2020 soll es keine Kündigungen geben. Das Beispiel könnte schnell Schule machen.

Einsatz an Reaktor Nr. 4: Eine umgebaute Putzmeister 70Z, die stärkste Betonpumpe der Welt.

Einsatz an Reaktor Nr. 4: Eine umgebaute Putzmeister 70Z, die stärkste Betonpumpe der Welt.

(Foto: REUTERS)

Der Maschinenbauer Putzmeister aus Baden-Württemberg darf nach der Übernahme durch den chinesischen Industriekonzern Sany weitgehend unabhängig weitermachen. Für die Mitarbeiter gibt es eine Arbeitsplatzgarantie: In den kommenden acht Jahren werde es keine Kündigungen geben, teilten Arbeitnehmervertreter mit. Darauf hätten sich IG Metall und Putzmeister-Geschäftsführung geeinigt. Die Arbeitsplätze sämtlicher 1200 Mitarbeiter sind demnach bis auf weiteres gesichert.

Die Arbeitnehmer hätten mit der Putzmeister-Geschäftsführung vereinbart, dass es bis Ende 2020 keine betriebsbedingten Kündigungen oder Änderungskündigungen gebe, teilte die IG Metall mit. "Putzmeister bleibt ein eigenständiges Unternehmen und alle Funktionsbereiche bleiben erhalten. Gerüchte über eine bevorstehende Job- und Standortgarantie bei dem Unternehmen aus Aichtal bei Stuttgart waren bereits im Vorfeld an die Öffentlichkeit durchgesickert.

Sany hatte Putzmeister Ende Januar für 360 Mio. Euro gekauft und damit große Unruhe in der Belegschaft ausgelöst. Am ersten Arbeitstag nach der Bekanntgabe der Übernahme protestierten rund 700 Beschäftigte am Standort Aichtal gegen die Übernahme. Inzwischen hat sich die Lage aber entspannt. Sany hat angekündigt, den Putzmeister-Sitz in Aichtal zur Zentrale für alle seine Beton-Geschäfte außerhalb Chinas auszubauen. "Die Sany-Leitung plant offensichtlich längerfristig", sagte Sieghard Bender, der erste Bevollmächtigte der IG Metall in Esslingen.

Putzmeister-Chef Norbert Scheuch, der künftig auch im Vorstand von Sany sitzt, hatte früh seine Bereitschaft zu einer Arbeitsplatz- und Standortgarantie signalisiert. Verhandlungskreisen zufolge sträubte er sich aber lange gegen die von den Gewerkschaften geforderte Laufzeit bis Ende 2020, da die Entwicklung der Weltwirtschaft und die Rahmenbedingungen für die Bauindustrie so langfristig nicht vorherzusehen seien.

Millionärsbesuch aus China

Dass Scheuch nun doch einer Garantie für acht Jahre zustimmte, ist Insidern zufolge auch auf den bevorstehenden Besuch von Sany-Chef Liang Wengen zurückzuführen. "Scheuch wollte auf jeden Fall verhindern, dass es nächste Woche Proteste der Mitarbeiter gibt, wenn der Sany-Chef erstmals nach Aichtal kommt", hieß es aus Aichtal.

Liang, der als reichster Mann Chinas gilt, will am kommenden Dienstag zusammen mit Scheuch Details über den Kauf von Putzmeister bekanntgeben. Das US-Magazin "Forbes" führt Liang in seiner berühmten Liste unter allen Chinesen auf Platz 1 mit einem Vermögen von mehr als neun Milliarden US-Dollar. Mit der Übernahme steigt Sany Unternehmensangaben zufolge zum Weltmarktführer für Betonpumpen auf. Von Putzmeister lag zunächst keine Stellungnahme vor.

Den Fall Putzmeister nehmen Beobachter als Paradebeispiel für in Deutschland. Dass die Käufer aus dem Reich der Mitte dabei kaum noch auf Widerstand stoßen, liegt auch an ihrer neuen Herangehensweise. Statt Anlagen abzubauen und in die Heimat verschiffen, setzen sie heute auf Kooperation. Putzmeister könnte dafür ein gutes Beispiel werden.

Außerhalb der Baubranche war Putzmeister bekannt geworden, nachdem der japanische Stromkonzern Tepco kurz nach der Atomkatastrophe in Fukushima eine Betonpumpe des Unternehmens angefordert hatte, um die hochgelegenen Abklingbecken für Brennstäbe in einem der zerstörten Reaktorgebäude mit Kühlwasser zu versorgen.    

Quelle: ntv.de, AFP/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen