Der Druck auf Zetsche wächst Daimler fällt in China zurück
07.03.2013, 20:05 Uhr
Produktion der C-Klasse im Mercedes-Werk in Sindelfingen: "Der Vorstand steht geschlossen hinter unserer Strategie."
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Das Jahr hatte so gut angefangen: Im Januar verzeichnet Daimler im chinesischen Markt noch einen guten Sprung nach vorn. Doch schon im Monat darauf gehen die Zahlen wieder in den Keller. Die Schwäche zerrt nicht nur an der Konzernspitze an den Nerven.

"Wenn ich solche Gedanken erwägen würde, dann hätte ich das sinnvollerweise im vergangenen Jahr getan, um mir Ärger zu ersparen": Dieter Zetsche hält an seinen Plänen fest.
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Die Schwierigkeiten im chinesischen Markt holen den Autobauer Daimler ein: Nach dem guten Jahresstart verbuchte der schwäbische Weltkonzern in seinem wichtigsten Wachstumsmarkt im Februar erneut herbe Rückschläge beim Absatz.
Rund um den Globus zählte Daimler im vergangenen Monat 90.083 ausgelieferte Pkw der Marken Mercedes, AMG und Maybach, was im Vergleich zum Vorjahresmonat einem Rückgang um 5,8 Prozent entspricht. Der Kleinwagen Smart verkaufte sich ebenfalls schlechter als vor Jahresfrist: Mit 7837 Fahrzeugen sanken die Verkaufszahlen um sieben Prozent.
Kalendereffekte versetzten dem Absatzwachstum einen merklichen Dämpfer: Ins Minus geriet die Absatzstatistik vor allem durch das Ergebnis in China. Dort verkaufte Daimler 10.134 Mercedes-Benz - ein Rückgang von 47,2 Prozent. Grund dafür sind Daimler zufolge unter anderem die Feiertagsserie zum chinesischen Neujahrsfest, durch die im Vergleich zum Februar 2012 weniger Autos verkauft worden waren.
Unter dem Strich verkaufte der Autobauer damit in den ersten zwei Monaten des Jahres in China nur 26.829 Mercedes-Benz. Das ist gut ein Fünftel weniger als im selben Zeitraum 2012. Daimler liegt im Reich der Mitte weiter hinter den Konkurrenten Audi und BMW, die nicht nur mehr Autos verkaufen, sondern daran auch noch besser verdienen.
Um das Geschäft voranzutreiben, hatte Daimler in dem Riesenreich jüngst an einigen Stellschrauben gedreht: Zuletzt waren die Stuttgarter bei ihrem chinesischen Partner BAIC eingestiegen. Zudem ernannte Daimler-Chef Dieter Zetsche mit dem bisherigen Lkw-Manager Hubertus Troska ein allein für China zuständiges Vorstandsmitglied. Zwei bisher getrennt arbeitende Vertriebsgesellschaften wurden unter einem Dach zusammengelegt.
Sonderschichten für die A-Klasse
In anderen Weltregionen läuft es für Daimler unterdessen sehr viel besser: Zweistellige Zuwachsraten beim Absatz verbuchte Daimler im Februar in den USA und in Japan. Im nordamerikanischen Markt verbuchte der Dax-Konzern im Februar einen Verkaufsrekord mit 24.517 ausgelieferten Mercedes-Fahrzeugen, was einem Plus von 18 Prozent entspricht.
Auch in Russland und Mexiko lief es den Angaben zufolge rund. Weitere Rückgänge mussten die Schwaben allerdings in Westeuropa hinnehmen: Allein auf dem Heimatmarkt Deutschland brach der Absatz um knapp 15 Prozent auf 15.321 verkaufte Mercedes-Benz ein.
Die Partei fährt Audi
Vertriebschef Joachim Schmidt bekräftigte dennoch sein Ziel, bis Jahresende weltweit mehr Pkw als 2012 ausliefern zu wollen. In den kommenden Monaten kämen die Kassenschlager E-Klasse und S-Klasse auf den Markt, zudem ein weiteres Kompaktmodell. Daimler strebe daher 2013 einen erneuten Pkw-Absatzrekord an. Wegen der hohen Nachfrage nach der neuen A-Klasse fährt der Autobauer in seinem Werk in Rastatt in diesem Jahr unter anderem 21 Sonderschichten.

Kurzer Blick in den Innenhof der "Großen Halle des Volkes": Nach dem großen Volkskongress drängeln die Funktionäre mit ihren Audi-Limousinen zur Ausfahrt.
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Auch bei Audi sorgte das einwöchige chinesische Neujahrsfest, das 2012 im Januar gefeiert worden war, für sinkende Verkaufszahlen. Im Februar verkaufte die Marke mit den vier Ringen auf dem Kühlergrill nur 30.268 Pkw, 3,5 Prozent weniger als vor Jahresfrist.
Audi ist unter den Oberklasse-Autobauern der Platzhirsch in China, wo die Bayern früher als ihre Konkurrenten in den Markt eingestiegen waren und lang vor anderen Marken Limousinen für Regierungs- und Behörden-Mitarbeiter liefern durften. Weltweit kletterte der Absatz von Audi im Februar um 3,2 Prozent auf rund 110.000 Autos.
"Glaube nicht, dass ich ein Problem habe"
Für Zetsche dürfte sich der Leistungsdruck durch die neuen Zahlen weiter erhöhen: Der langjährige Konzernchef muss sich Beobachtern zufolge nach seiner unerwartet kurz ausgefallenen Vertragsverlängerung zunehmend auch gegen interne Gegner verteidigen. Zuletzt wies Zetsche Kritik der Arbeitnehmer an seinem Kommunikationsstil zurück.
"Ich glaube nicht, dass ich ein Problem habe, mit den Kollegen oder den Mitarbeitern zu kommunizieren", erklärte Zetsche dem "Handelsblatt". Das heiße allerdings nicht, dass er keine Fehler gemacht habe, sagte er der Zeitung. Die Arbeitnehmerseite soll unter anderem Zetsches Umgang mit internen Kommunikationabläufen bemängelt haben. Zetsche lasse keine anderen Meinungen zu, hieß es. Unzufrieden war man demnach darüber, dass Zetsche über die anstehenden Sparvorhaben nicht mit sich diskutieren ließ.
Eine Kurskorrektur des geplanten Sparprogramms lehnte der 59-Jährige im "Handelsblatt"-Interview ab. "Wenn ich solche Gedanken erwägen würde, dann hätte ich das sinnvollerweise im vergangenen Jahr getan, um mir Ärger zu ersparen", betonte er. "Offensichtlich war uns der Fortschritt des Unternehmens wichtiger."
Nach der Kontroverse um seine Vertragsverlängerung sucht Zetsche aktiv die Unterstützung seiner Vorstandskollegen. "Der Vorstand steht geschlossen hinter unserer Strategie, der gesamte Aufsichtsrat ebenso", schrieb Zetsche Anfang der Woche in einem Brief an die Führungskräfte des Konzerns.
Wo sitzt der Wettbewerber?
Bei der Abstimmung über die Wiederbestellung Zetsches war es vor knapp zwei Wochen zum Eklat zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat gekommen. Die Arbeitnehmer wollten den Vertrag von Zetsche zunächst gar nicht und dann nur um drei statt der üblichen fünf Jahre verlängern - und nur unter der Bedingung, dass Truck-Chef Andreas Renschler und Mercedes-Produktionsvorstand Wolfgang Bernhard ihre Posten tauschen.
"Im Daimler-Vorstand haben wir die Vorgänge zum Anlass genommen, uns nochmals unserer Geschlossenheit als Führungsteam zu versichern", schrieb Zetsche. Der Ämtertausch von Renschler und Bernhard ändere an der strategischen Ausrichtung "nichts". Der Daimler-Chef bat die Führungskräfte um Unterstützung: "Der Wettbewerb sitzt nicht im Büro nebenan, sondern in Wolfsburg und Ingolstadt, in München und Göteborg."
Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts