Für die Vormachtstellung Daimler setzt auf China-Lkw
16.07.2010, 10:50 UhrSeit 2008 will Daimler in China Lkw bauen. Nun ist die Genehmigung der chinesischen Behörden da. Gemeinsam mit einem "lokalen Partner" darf produziert werden. Ein wichtiger Schritt für den weltgrößten Nutzfahrzeughersteller, um seine globale Vormachtstellung zu verteidigen.
Nach jahrelangen Verhandlungen darf der weltgrößte Nutzfahrzeughersteller Daimler demnächst in China Lkw bauen und verkaufen. Chinas Regierung genehmigte ein bereits 2008 vereinbartes Gemeinschaftsunternehmen des Stuttgarter Konzerns und des chinesischen Lkw-Bauers Beiqi Foton. Der Gründungsvertrag sei auf der China-Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Peking unterzeichnet worden, teilte Daimler mit.
In wenigen Monaten erwartet Daimler die begehrte Produktionslizenz, damit in China preisgünstige Foton-Lkw mit Daimler-Motoren vom Band rollen können. Im Zuge des Wirtschaftsbooms ist China zum weltgrößten Markt für schwere Lkw der Welt avanciert. Jeder zweite weltweit gebaute Laster wird mittlerweile in China zugelassen: 2009 waren das fast eine Million Fahrzeuge. Bislang importiert Daimler nur wenige hundert schwere Lkw der Marke Mercedes-Benz. Wegen der Aussicht auf steigende Verkaufszahlen legte der Daimler-Aktienkurs zu.
"Meilenstein“
Daimler-Chef Dieter Zetsche sprach von einem "Meilenstein", da der Konzern seine Präsenz in China und benachbarten Wachstumsmärkten ausbauen könne. Daimler montiert bereits mit der staatlich kontrollierten Foton-Mutter BAIC Pkw in China, mit Fujian produzieren die Stuttgarter Lieferwagen. In das paritätisch gehaltene Lkw-Gemeinschaftsunternehmen wollen die beiden Unternehmen umgerechnet 720 Mio. Euro investieren.
Geplant ist der Bau von mittelschweren und schweren Lkw auf der Basis chinesischer Fahrzeuge der Foton-Marke Auman. Für diese wird Daimler Dieselmotoren und Abgastechnologie aus Deutschland liefern, die künftig wegen schärferer Umweltauflagen aber in Europa nicht mehr verkäuflich ist. Die Auman-Lkw sollen zunächst für chinesische Abnehmer gebaut, später aber auch exportiert werden. Foton bringt sein Vertriebs- und Servicenetz in das Joint Venture ein.
Jahrelanges Hickhack beendet
Mit dem Markteintritt in China geht für Daimler eine Irrfahrt zu Ende: Schon vor zehn Jahren startete der damalige Nutzfahrzeugchef und heutige Konzernlenker Zetsche die Suche nach einem Partner für die Lkw-Produktion in China. Der ursprünglich geplante Schulterschluss mit FAW platzte allerdings 2002. Das kurzerhand im Jahr 2003 vereinbarte Joint Venture mit Foton wurde 2006 wieder rückgängig gemacht. Stattdessen erwarb Daimler einen Minderheitsanteil an Foton, erhielt dafür aber nicht die Zustimmung der Behörden. 2008 einigten sich Daimler und Foton wieder auf ein Gemeinschaftsunternehmen, das nun den Segen der Regierung in Peking erhielt.
Damit schließt Daimler zu seinen europäischen Konkurrenten MAN, Iveco und Volvo auf, die schon länger im Besitz von Produktionslizenzen zum Bau von Lkw mit lokalen Partner in China sind. MAN kaufte sich Mitte 2009 für mehr als eine halbe Mrd. Euro mit 25 Prozent beim Fahrzeugbauer Sinotruk ein. Iveco kooperiert mit SAIC, Volvo sitzt über die Tochter Nissan Diesel mit Dongfeng in einem Boot.
Bislang sind dort Lkw für maximal 25.000 Euro gefragt, die die europäischen Lkw-Bauer nicht im Angebot haben. Sie verdienen ihr Geld mit Luxus-Lastern für bis zu 100.000 Euro. "Der Lkw-Markt in China wandelt sich derzeit", erklärt Unternehmensberater Bernd Heid von McKinsey das Interesse der Europäer, in China Fuß zu fassen. Das Aufkommen größerer Speditionen und Umweltauflagen erforderten Lkw in der mittleren Preisklasse von 30.000 bis 40.000 Euro mit effizienteren Motoren und höheren Nutzlasten, die die chinesischen Lkw-Hersteller allein nicht bauen können.
Quelle: ntv.de, rts