Erst die Nadel, dann der Job Daimler will Blut sehen
28.10.2009, 15:06 UhrDer deutsche Automobilkonzern Daimler weist Vorwürfe zurück, bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern fragwürdige Methoden anzuwenden. Der Konzern beruft sich auf seine Fürsorgepflicht.
Jobsuchende müssen einem Medienbericht zufolge bei Daimler offenbar schon während des Bewerbungsverfahrens Blutproben abgeben. Dem Sender "NDR Info" liegen eigenen Angaben zufolge Unterlagen vor, wonach Bewerbern Blut abgenommen wurde, obwohl es noch keine Zusage für eine Arbeitsstelle gab.
Eine Daimler-Sprecherin sagte, zu Beginn des Bewerbungsverfahrens - zum Beispiel im Rahmen eines sogenannten Assessment Centern - würden weder Blut- noch Gesundheitstests gemacht. Dies erfolge erst bei den Einstellungsuntersuchungen, die vor oder nach einer endgültigen Zusage für die Stelle gemacht würden.
Dabei werde untersucht, ob der Bewerber für die Stelle geeignet sei. "Das sind die üblichen Einstellungsuntersuchungen", sagte die Sprecherin. Die Tests werden ihren Angaben zufolge beim werksärztlichen Dienst gemacht. Dieser teile der Personalabteilung anschließend mit, ob der Bewerber geeignet oder nicht geeignet sei.
"Befunde und Diagnosen werden nicht weitergegeben." Diese würden direkt mit den Jobsuchenden besprochen. Der Arbeitgeber habe aber eine Fürsorgepflicht. Wenn ein Mitarbeiter zum Beispiel Diabetes habe, müsse auf geregelte Schicht- und Arbeitszeiten geachtet werden.
Krankheiten in der Personalakte
Zuvor hatten Datenschützer den Autobauer erneut wegen der unzulässigen Speicherung von Daten kranker Mitarbeiter gerügt. Sie forderten den Autobauer auf, diese Gesundheitsdaten zu löschen und aus den Personalakten zu entfernen.
Betroffen seien Beschäftigte des Werkes Bremen und einiger anderer Standorte, teilte die zuständige baden-württembergische Aufsichtsbehörde für Datenschutz mit. Die Verstöße seien "erheblich". Ein Bußgeld wurde den Angaben zufolge nur deshalb nicht verhängt, weil die dafür benötigten Beweise nicht mehr vorlagen. Zum Teil seien die Listen schon vor der Untersuchung gelöscht worden. In einzelnen Werken des Autobauers laufe die Prüfung noch.
Dem Bericht der Datenschützer zufolge wurde teilweise über mehrere Jahre hinweg Listen mit den Fehlzeiten und den Krankheiten der Mitarbeiter geführt. Die Daten stammten aus Gesprächen mit den Mitarbeitern, die nach einer Krankheit wieder an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt waren. Führungskräfte hatte auch Einblick in die Krankengeschichte von Mitarbeitern, die ihnen gar nicht unterstellt waren.
Die Einträge seien teilweise ohne Rechtsgrundlage und die Einwilligung der Betroffenen gemacht worden, kritisieren die Datenschützer. Vorgesetzte und Personalverwaltung dürften nur nach den Gründen von Krankheiten fragen, wenn zum Beispiel Ansteckungsgefahr bestehe.
Klare Rechtslage
Zulässig sei eine solche Frage auch, wenn es um Wiedereingliederungsmaßnahmen oder die Anpassung der Arbeitsumgebung an die gesundheitliche Situation der Mitarbeiter gehe. Dies sei aber bei den meisten Betroffenen nicht so gewesen.
Selbst in Fällen, in denen zu Recht nach den Gründen der Krankheit gefragt worden sei, sei eine längerfristige Speicherung der Daten nicht erforderlich, rügten die Datenschützer. Unzulässig sei, dass Vorgesetzte die Daten auch in Besprechungen benutzt hätten.
Im April war bekanntgeworden, dass der Autobauer in seinem Bremer Werk zwischen 2001 und April 2008 Krankendaten von Mitarbeitern gespeichert hatte. Daraufhin hatte die Behörde Untersuchungen eingeleitet.
"Wir bedauern, dass es in unserem Werk in Bremen zu Verstößen gegen den Datenschutz gekommen ist", sagte eine Daimler-Sprecherin. "Wir hatten diese Altfälle bereits aufgearbeitet bevor die Aufsichtsbehörde sich eingeschaltet hatte."
Viele der im Bericht geforderten Anpassungen habe Daimler bereits unabhängig von dem Bericht der Datenschützer umgesetzt. So seien alle Führungskräfte des Unternehmens erneut auf das Thema Datenschutz hingewiesen worden und klare Vorgaben zum Schutz privater Mitarbeiterdaten gemacht worden.
Quelle: ntv.de, dpa