Ein Koloss mit weichen Füßen Das Imperium von Dubai World
27.11.2009, 13:51 UhrDas Erdöl hat Milliardenbeträge in die Kassen der Vereinigten Arabischen Emirate gespült. Der Staatskonzern Dubai World soll den Reichtum verwalten. Jetzt kämpft die Finanzholding mit Schwierigkeiten. Ein Überblick.
Dubai World ist eine der drei großen Holdingfirmen neben der Dubai Holding und dem Staatsfonds Investment Corporation of Dubai. Unter ihrem Dach agieren zahlreiche staatliche Firmen der Vereinigten Arabischen Emirate. Ende November 2009 hat Regierung von Dubai Gläubiger von Dubai World um ein Stillhalteabkommen für Milliarden von Dollar als ersten Schritt einer Restrukturierung gebeten. Damit kommen erhebliche Zweifel an der Finanzkraft des einstigen Boom-Emirats auf.
Insbesondere bei der Dubai-World-Tochter, der Baufirma Nakheel, haben sich riesige Schulden angehäuft. Dubai World und Nakheel stehen hinter dem schlagzeilenträchtigen Bauprojekt der bewohnten Palmeninseln vor der Küste des Emirats.
Führung
Als Chef von Dubai World fungiert Sultan bin Sulajem. Er gilt als wichtiges Mitglied der politischen Führung Dubais und Vertrauter von Scheich Mohammed bin Raschid al Maktum, dem Herrscher von Dubai. Er ist auch Mitglied des Exekutiv-Rates, vergleichbar mit der Position eines Ministers.
In den vergangenen Tagen hat es Spekulationen gegeben, dass seine Position ins Wanken geraten könnte, nachdem Bin Sulajem aus der Investment Corporation von Dubai ausscheiden musste. Dubai World lehnte einen Kommentar dazu ab.
Restrukturierung
Dubai World hatte im Oktober mitgeteilt, die Restrukturierung sei fast abgeschlossen; binnen der nächsten drei Jahre sollen bis zu 800 Mio. Dollar an Betriebskosten eingespart werden. Die Zahl der Mitarbeiter wurde um 15 Prozent gekürzt auf rund 70.000.
Die Töchter von Dubai World
Nakheel Properties gilt als weltweit größte private Immobilienfirma mit Aktivitäten in den Bereichen Wohnraum, Einzelhandel, Firmen und Freizeit. Bei Nakheel wird am 14. Dezember eine Anleihe (Islamic Bond) im Volumen von 3,5 Mrd. Dollar fällig.
Istithmar heißt ein Finanzinvestor mit einem Portfolio von über 50 Firmen aus den Bereichen Finanzdienstleistungen, Verbraucher, Industrie sowie Immobilien. 2007 zahlte die Firma für die US-Luxuskette Barneys New York volle 942 Mio. Dollar an Jones Apparel. Die Beteiligungen belaufen sich insgesamt auf mehr als 2,6 Mrd. Dollar in vielen Märkten von Nordamerika bis nach Fernost.
Mit Limitless findet sich unter dem Dach von Dubai World auch ein Immobilienentwickler mit Projekten in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Malaysia, Vietnam, Saudi-Arabien, Jordanien und Russland. Im April musste die Firma wegen des weltweiten Abschwungs ein wichtiges Kanalprojekt mit einem Volumen von 61 Mrd. Dollar verschieben.
Die Dubai-World-Tochter DP World ist an der Nasdaq Dubai gelistet und gilt als einer der größten Hafenbetreiber weltweit. Im Oktober kündigte DP World an, das vierte Quartal könne schwierig werden.
Die Werftentochter Dubai Dry Docks verdient an der Reparatur von Schiffen und anderen Aktivitäten im Marine-Sektor.
Mit Tedschari versucht Dubai World auch einen Fuß in die Türen des Online-Geschäfts zu halten. Tedschari betreibt im Internet einen sogenannten B2B-Marktplatz. B2B steht dabei für "Business to Business". Die Seite vermittelt also Geschäftskontakte zwischen Unternehmen. Zumindest in der Golf-Region hat sich Teschardi bereits als E-Commerce-Zentrum etabliert.
Teil des Konglomerats Dubai World ist auch die "Jebel Ali Free Zone Authority" (JAFZA), die mit Dschabal Ali, wie es in der deutschen Schreibweise heißt, auch den größten Tiefseehafen der Region verwaltet. Abgesehen von der Verwaltung der dazugehörigen Freihandelszone exportiert JAFZA als Dienstleister auch sogenannte Infrastrukturlösungen wie etwa die Entwicklung und den Betrieb von Wirtschaftszonen in anderen Staaten.
Dubai Multi Commodities Centre (DMCC) kümmert sich unterhalb der Holding um die hoheitliche Aufgabe, Dubai zu einem Zentrum des Rohstoff-Handels zu machen. Das Unternehmen stellt nach eigenen Angaben branchenspezifische Marktinfrastruktur für die Bereiche Gold und Metalle, Diamanten, Energie und andere Rohstoffe bereit, was im Klartext bedeutet, dass DMCC die lokale Rohstoffbörse betreibt.
Weltweite Verbindungen
Die Zahlungsprobleme von Dubai World haben weltweit deutliche Reaktionen ausgelöst. Experten halten jedoch zumindest die Kursverluste im Bankensektor für übertrieben. Die Verstrickung mit ausländischen Kreditgebern falle in den meisten Fällen kaum ins Gewicht, hieß es. Die Belastungen für die Banken weltweit seien gering, fassten zum Beispiel Analysten von JP Morgan zusammen. Sie beriefen sich dabei auf Daten, nach denen sich das Volumen der im weltweiten Bankensektor verteilten syndizierten Dubai-World-Krediten insgesamt "nur" auf 13 Mrd. US-Dollar beläuft.
Abgesehen davon wiesen die Analysten auch Bedenken im Hinblick auf die finanzielle Situation des Nachbaremirats Abu Dhabi zurück. Die Vereinigten Arabischen Emirate verfügen diesen Angaben zufolge über Währungsreserven in Höhe von 150 Mrd. US-Dollar. Daneben stünden im Hintergrund Mittel aus einem 300 Mrd. US-Dollar schweren Staatsfonds zur Verfügung.
Anlass zur Sorge biete allerdings die Gefahr, dass die Krise auf den Rest der Vereinigten Arabischen Emirate übergreife. Die Beobachter bei JP Morgan verwiesen darauf, dass die Spreads der Credit Default Swaps (CDS) in Abu Dhabi am Donnerstag, dem Tag nach dem Bekanntwerden der Schwierigkeiten, auf 136 Basispunkte gestiegen sind, nachdem sie am Dienstag nach bei 99 Basispunkten notiert hatten.
Allerdings ließen sich die Ausfallrisiken derzeit nicht abschätzen. Zudem sei unklar, ob die Regierung Dubais für die Verbindlichkeiten der staatlichen Gesellschaften einstehen werde und wie die mit Dubai verbundenen Unternehmen und die Nachbarländer die Krise bewältigten. Klar sei, dass mit schlechteren Bonitätsnoten das Ausfallrisiko steige, erklärten die Experten. Gleichwohl dürfte nur für einen Bruchteil des Kreditengagements Wertberichtigungsbedarf entstehen. Bei den Investmentbanken könnten die Einnahmen des Fixed-Income-Geschäfts geschmälert werden. Die Analysten weisen darauf hin, dass das Dubai-Engagement der Banken derzeit noch sehr intransparent sei. Das gelte vor allem für die US-Banken.
Quelle: ntv.de, DJ/rts