HP-Chef stolpert über Affäre "Das wollte ich nicht"
09.08.2010, 07:26 UhrEine Affäre mit einer externen Mitarbeiterin hat den Chef des weltgrößten PC-Herstellers Hewlett-Packard am Ende den Job gekostet. Die Frau, für die er zwei Jahre lang Spesenabrechnungen fingiert hat, sucht die Öffentlichkeit. Offenbar war sie sich der Konsequenzen ihrer Anschuldigungen nicht bewusst.
Die Frau, die den Chef des weltgrößten Computerherstellers Hewlett-Packard, Mark Hurd, der sexuellen Belästigung bezichtigt und damit eine Untersuchung ins Rollen gebracht hat, die fingierte Abrechnungen ans Tageslicht befördert hat, hat sich in einer Stellungnahme von den Konsequenzen für Hurd betroffen gezeigt. "Ich war überrascht und betrübt, dass Mark Hurd über dieser Sache seinen Job verloren hat", teilte die Anklägerin mit. Das sei nicht ihre Absicht gewesen.
HP hatte am Freitag überraschend Hurds Rücktritt bekannt gegeben. Zur Begründung gab der Konzern an, der 53-jährige zweifache Familienvater habe Spesenabrechnungen fingiert, um eine "enge persönliche Beziehung" zu einer Frau zu verschleiern. Die Anklägerin hatte das HP-Direktorium im Juni darüber informiert, dass Hurd sie sexuell belästigt habe. Eine Untersuchung des Unternehmens ergab allerdings, dass der Top-Manager nicht gegen die HP-Prinzipien bezüglich sexueller Belästigung verstoßen habe.
Außergerichtliche Einigung erfolgt
Wie die Frau mitteilte, wurden die Vorwürfe durch eine außergerichtliche Einigung mit Hurd beigelegt. Weitere Details gab sie nicht bekannt. Nach Informationen des "Wall Street Journals" soll firmenseitig zumindest kein Geld fließen. Hurd arbeitete seit fünf Jahren für HP. 2005 hatte er Carly Fiorina an der Spitze des Konzerns abgelöst.
Die Anklägerin arbeitete zwischen Ende 2007 und 2009 für HP im Verkauf. Nach eigenen Angaben war sie bei Kunden- und Manager-Veranstaltungen im In- und Ausland für den Konzern tätig. Zuletzt trat sie in Kinofilmen und TV-Shows auf, sie war beispielsweise in der Dating-Sendung "Age of Love" des Fernsehsenders NBC zu sehen.
Hurd entschuldigt sich
"Das ist eine schmerzhafte Entscheidung für mich nach fünf Jahren bei HP", sagte Hurd, "aber ich glaube, dass es schwierig für mich würde, als Chef bei HP erfolgreich weiterzuarbeiten." Er habe seine und die Prinzipien des Unternehmens verletzt: Vertrauen, Glaubwürdigkeit und gegenseitige Achtung. Der Rücktritt sei die einzige Entscheidung gewesen, die er und der Verwaltungsrat zu dieser Zeit hätten treffen können.
Nach Informationen der "New York Times" hatte Hurd die Frau mehrfach zu Veranstaltungen im In- und Ausland mitgenommen. Sie sei dafür nicht nur gut bezahlt worden, sondern der 53-Jährige hätte mit ihr auch häufiger auf Firmenkosten zu Abend gegessen, ohne dies später anzugeben. Hurd, so schreibt die Zeitung unter Berufung auf sein Umfeld, habe eine sexuelle Beziehung aber abgestritten. Auch die Anwältin der Frau bestritt sexuelle Kontakte.
Der als kühler Rechner und harter Sanierer bekannte Manager habe es in diesem Fall "deutlich an Urteilsvermögen mangeln lassen", sagte Chefjustiziar Michael Holston. Seine Leistungen als Chef würdigte er dagegen. "Das war eine schmerzhafte Entscheidung für alle Beteiligten, angesichts der starken Führung von Mark in den vergangenen Jahren", kommentierte Verwaltungsratsmitglied und Netscape-Mitgründer Marc Andreessen den Abgang. Hurd bekommt eine Abfindung von 12,2 Mio. US-Dollar in bar.
Suche nach einem Nachfolger läuft
Für eine Übergangszeit übernimmt Finanzchefin Cathie Lesjak die Unternehmensführung. Sie wolle den Posten aber nicht dauerhaft ausfüllen, sagte sie. Dennoch zählt die HP-Veteranin mit ihren 24 Dienstjahren zu den heißesten Anwärtern. "Wir schauen uns interne und externe Kandidaten an", sagte Verwaltungsratsmitglied Andreessen. Es kursieren bereits Namen von Managern der Technologiekonzerne Microsoft, Cisco, Oracle und Motorola.
Die Börsianer reagierten verunsichert auf die überraschende Nachricht von Hurds Rücktritt, zumal eine erste Firmenmitteilung mehr Fragen aufwarf, als sie Antworten gab. Erst eine nachfolgende Telefonkonferenz brachte etwas Licht ins Dunkel. Die Aktie verlor im nachbörslichen Handel bis zu 10 Prozent an Wert.
Hurd hatte HP ohne größeren Schaden durch die Wirtschaftskrise gesteuert. Er hatte das Unternehmen in seinen fünf Jahren als Chef breiter aufgestellt. Er baute das hochprofitable Servicegeschäft aus und verringerte damit die Abhängigkeit von der margenschwachen Hardware. HP überholte sowohl den Rivalen Dell als größten Computerhersteller als auch IBM als größten IT-Konzern.
Erfolg macht nicht nur Freunde
Innerhalb des Unternehmens schuf Hurd sich durch seinen rigiden Sparkurs aber nicht nur Freunde. Er habe die Schrauben zu stark angezogen, murren Mitarbeiter. Als eine seiner ersten Amtshandlungen hatte Hurd vor fünf Jahren die Streichung von 14.500 Stellen verkündet - etwa ein Zehntel der damaligen Belegschaft. HP hat durch eigenes Wachstum und diverse milliardenschwere Zukäufe mittlerweile rund 300.000 Mitarbeiter.
Gute vorläufige Zahlen für das gerade abgelaufene dritte Geschäftsquartal und eine Erhöhung der Prognose gingen in dem Trubel unter. Interimschefin Lesjak versuchte vergeblich, die Börsianer zu beruhigen: "Mark war ein starker Kopf, aber er hat die Initiativen am Ende nicht alleine gefahren, es war die ganze Organisation."
Quelle: ntv.de, dpa/rts