Japans letzte Chance? Devisen-Intervention möglich
08.09.2010, 15:22 UhrJapans Wirtschaft kämpft - mit der Deflation und einem zu starken Yen. Der zarte Aufschwung ist gefährdet. Das ruft die Politik auf den Plan und die will notfalls hart durchgreifen, um die Konjunktur zu retten. Noch ist die mögliche Intervention am Devisenmarkt nur eine verbale Drohung. Aber sie zeigt die Verzweiflung Tokios.

Yoshihiko Noda: "Letztlich werden wir bei Bedarf Maßnahmen einleiten, zu denen auch Interventionen zählen."
(Foto: REUTERS)
Japan hat erstmals explizit einen Eingriff am Devisenmarkt ins Spiel gebracht, um den Anstieg des Yen zu stoppen. Finanzminister Yoshihiko Noda räumte vor dem Parlament ein, eine Devisenmarkt-Intervention sei eine Option. "Im Grundsatz ist es wichtig, mit der internationalen Gemeinschaft eng zu kommunizieren, und dies tun wir gerade", sagte Noda. "Letztlich werden wir bei Bedarf Maßnahmen einleiten, zu denen auch Interventionen zählen." Damit hat sich die Rhetorik Nodas deutlich verschärft. Bislang hat der Minister stets darauf verzichtet, direkt von einem Eingriff am Devisenmarkt zulasten des Yen zu sprechen.
Der Yen kletterte dessen ungeachtet zum Dollar auf ein 15-Jahres-Hoch von 83,34 Yen. Im Verlauf gab die japanische Währung aber wieder einen Teil der Gewinne ab und lag bei 83,77 Yen. Analysten gehen davon aus, dass Japan erst dann einschreiten wird, wenn der Yen ein Rekordhoch von 79,75 Yen zum Dollar markieren würde. Die japanische Regierung fürchtet, dass der starke Yen die ohnehin fragile Konjunkturerholung abwürgt, die Deflation weiter antreibt und insbesondere den Motor des Aufschwungs, die Exportindustrie, schwächt. Die jüngsten japanischen Daten zum Auftragseingang im Maschinenbau für Juli deuteten auf eine gute Entwicklung hin, halfen aber nicht, die Zweifel zu zerstreuen.
Experten: Alleingang bringt nichts
Japanische Politiker versuchen seit längerem ohne Erfolg, den Yen verbal zu schwächen. Ob ein Eingriff am Devisenmarkt erfolgsversprechender wäre, ist fraglich. Auch ist unklar, ob es tatsächlich soweit kommt. Zwar sagte Finanzstaatssekretär Hiroshi Ogushi, die Vorbereitungen für Eingriffe am Markt würden getroffen. Analysten rechnen aber nicht unbedingt damit. "Sie versuchen, so viel wie möglich darüber zu sprechen. Wir denken aber, dass eine Intervention unwahrscheinlich ist, weil andere G7-Staaten nicht mitmachen würden", sagte Thomas Harr von Standard Chartered in Singapur. Ein Alleingang Japans wäre Experten zufolge ohnehin weitgehend wirkungslos.
Japan hatte zuletzt im Frühjahr 2004 am Devisenmarkt interveniert. Von Januar 2003 bis März 2004 flossen 35 Billionen Yen in die Maßnahmen. Traditionell kauft Japan bei solchen Eingriffen für Yen Dollar, um die US-Währung gegen den Yen zu stärken und damit indirekt ein Sinken des Yen-Kurses zu erreichen.
Die Notenbank hatte sich zuletzt mit Aktionismus zurückgehalten und den ultraniedrigen Zinssatz von 0,1 Prozent nicht angetastet. Die Zentralbank werde "wenn nötig" rechtzeitig angemessene Schritte einleiten, hieß es. Die Notenbanker dürften sich nicht zuletzt wegen des in der Regierungspartei tobenden Machtkampfes dafür entschieden haben, zunächst abzuwarten. Sollte Ministerpräsident Naoto Kan nächste Woche in einer Kampfabstimmung um die Parteiführung unterliegen, droht Japan der dritte Regierungswechsel binnen eines Jahres. Bei einer Wahl von Kans innerparteilichem Rivalen Ichiro Ozawa dürfte zugleich der Druck auf die Notenbank steigen, ihren Kampf gegen die Deflation zu verstärken. Ozawa plädierte unterdessen dafür, auch im Alleingang am Devisenmarkt zu intervenieren.
Quelle: ntv.de, rts