Auktionswahnsinn mit Promi-Besitz Die teuerste Lederjacke der Welt
08.06.2011, 13:17 UhrIn Beverly Hills kommt demnächst Michael Jacksons Lederjacke aus dem Video "Thriller" unter den Hammer. Doch die Fans des King of Pop brauchen sich keine Chancen auszurechnen: Promi-Auktionen sind längst ein lukrativer Markt für Investoren.

Oft kopiertes Objekt der Begierde: Die "Thriller"-Jacke von Michael Jackson.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Wer bezahlt bitte freiwillig Geld für die Boxershorts eines Schwerkriminellen? 14 Pakete mit Unterhosen von Milliardenbetrüger Bernard Madoff brachten bei einer Auktion in Miami Beach doch tatsächlich 200 Dollar ein. Es ist schon absurd, freiwillig Geld für benutzte Unterwäsche auszugeben. Auch wenn sie gewaschen ist. Bei einem Schlüpfer von Robbie Williams kann man sich schon eher Motive für das außergewöhnliche Kaufverhalten vorstellen. Doch worin besteht das Vergnügen am Madoff'schen Hausrat? Sind Bernies Buxen als Kultgegenstand oder Wertanlage zu betrachten?
Im Fachjargon werden persönliche Auktionsobjekte internationaler Prominenter als Devotionalien bezeichnet. Devotionalien – eigentlich stammt der Begriff aus der Religion. Gemeint sind damit zum Beispiel Kreuze, Heiligenfiguren oder Rosenkränze, also Gegenstände, die den Glauben symbolisieren. In einschlägigen Kreisen ist aber auch die schwarz abgesetzte Jacke aus rotem Kalbsleder, die Michael Jackson im Video zu seiner bekanntesten Single "Thriller" trug, eine Devotionalie. Michael Jackson, King of Pop und Gott der Auktionshäuser.
Lederjacken sind teuer
Die Kultjacke kommt in Kürze bei einer Versteigerung des Auktionshauses Julien's unter den Hammer. Wie viel wird sie wohl kosten? "Bei der Preisfestlegung spielen verschiedene Faktoren eine wichtige Rolle", sagt Selei Serafin vom Auktionshaus Sotheby's. Entscheidend sind dabei Ergebnisse bei vergleichbaren Auktionen, die Marktfrische, die Herkunft und die Qualität des zu versteigernden Gegenstands. Der Wert, den die Experten für dieses Unikat festgelegt haben, liegt zwischen unglaublichen 200.000 bis 400.000 Euro.
Sicher kann sich der Kauf einer Lederjacke als kostspielige Angelegenheit herausstellen. Für das Modell "Lirius" der Marke Hugo Boss, hergestellt aus Ziegenveloursleder, muss der schnieke Rocker 1099 Euro hinblättern. Lammleder ist schon etwas günstiger. Die Ausgaben "Nakon", "Gilo", "J-Domi" und "Nikato" bewegen sich allesamt im Preisspektrum von 399 bis 699 Euro. Und Kalbsleder? Scheinbar nicht so beliebt bei den Designern von Boss. Einigen wir uns auf 600 Euro.
Angenommen, die Jackson-Kalbsleder-Spezialedition, rot und schwarz abgesetzt, würde bei der Auktion von Julien's für einen Durchschnittspreis von 300.000 Euro den Besitzer wechseln, während eine handelsübliche Kalbslederjacke von hoher Qualität gleichzeitig 600 Euro kostet – der Höchstbietende, dieser Volltrottel, würde tatsächlich das 500-fache des normalen Kaufpreises zahlen. Aber Vorsicht: "Gerade Devotionalien von Persönlichkeiten wie Michael Jackson haben einen besonders hohen Stellenwert. Sie begeistern und ziehen viele Fans an. Sobald eine Auktion namhaft beeinflusst wird, hat das auch Auswirkungen auf den Preis. Es geht um den emotionalen Wert", erklärt Selei Serafin. Das leuchtet ein.
630 Euro für einen Radiergummi
Aber trotzdem so viel Geld? Michael Jackson starb vor zwei Jahren, Jimi Hendrix schon 1970. Was Prominenz und Kultstatus angeht, nehmen sich die beiden Musiker nicht viel. 1990 wurde Hendrix' Fender Stratocaster, ein Ungeheuer von Gitarre, die er auf dem Woodstock-Festival spielte, für 225.000 Euro versteigert. Fatal, wie Experten glauben. Denn bestimmte Objekte solle man lieber in Archiven aufbewahren. Heute könnte das gute Stück nämlich mindestens das Doppelte einbringen.
Wer zahlt diese horrenden Summen? Gewiefte Geschäftsleute, die Devotionalien als Geldanlage sehen? "Wir vertreten diese Philosophie nicht", sagt Serafin. "In erster Linie raten wir unseren Kunden, das zu erwerben, wofür sie sich bereits lange interessieren oder in ihre Sammlung aufnehmen möchten". Radiergummis zum Beispiel sind zumindest bei Kindern ein überaus beliebtes Sammelobjekt. Die bekommt man nämlich überall kostenlos – bei Tombolas, in Wundertüten oder an Wahlkampfständen des lokalen CSU-Ortsverbandes. Es gibt aber auch Menschen, die durchaus bereit sind, 630 Euro für ein vollgekrakeltes und komplett abgenutztes Stück Kautschuk hinzublättern. Vor allem dann, wenn die ehemalige Besitzerin Lady Diana hieß und damit als kleines Mädchen in walisischen Schulheften Rechtschreibfehler ausbesserte.
Wahre Fans sind nur Statisten
Auch Lady Diana ist inzwischen knapp 14 Jahre tot und es scheint, als müsse der frühere Besitzer einer Devotionalie unter der Erde liegen, ehe man mit seinen einstigen Besitztümern ordentlich Asche machen kann. Ein anderes schönes Beispiel: Ein Pillenglas, das in der Nacht von Marilyn Monroes Tod neben ihrem Bett gefunden wurde, kam einst für 13.000 Euro unter den Hammer - ein Pillenglas!
Bei aller Liebe - dem Durchschnittsfan eines Weltstars dürfte es schwerfallen, Preise in dieser Höhe für einen ganz gewöhnlichen Gegenstand zu zahlen – emotionaler Wert hin oder her. Die Groupies stehen bei Auktionen zwar noch immer kreischend in der ersten Reihe, aber wirklich mithalten können ihre Gebote mit denen der Devotionalien-Haie nicht. Die Wahrscheinlichkeit, irgendwann mal ein vollgeschwitztes Handtuch seines Idols von der Bühne aufzufangen, ist wesentlich größer, als auf einer solchen Versteigerung den Zuschlag zu erhalten. Die Höchstbietenden sind nämlich meist Investoren, die auf den steigenden Wert ihrer neuen Errungenschaft setzen. In einigen Jahren wird die Kalbslederjacke von Michael Jackson voraussichtlich für ein Vielfaches wieder den Besitzer wechseln.
Auktionsergebnisse nicht vorhersehbar
Bliebe noch die Sache mit dem Raumschiff Enterprise: Im Spätsommer des Jahres 2008 öffnete die CBS-Paramount-Studios in Los Angeles ihre Lagerhallen, um Requisiten aus der Kultserie zu versteigern. Insgesamt kamen 7,1 Millionen Dollar zusammen. Wie viel Geld Mr. Spocks Spitzohren einbrachten, ist nicht bekannt. Der Spitzenpreis bei der Auktion aber lag bei 765.000 Dollar für ein knapp zwei Meter langes Modell der Enterprise.
"Gerade wenn es um Devotionalien berühmter Persönlichkeiten geht, kann man nicht vorhersehen, was auf Auktionen schlussendlich passieren wird. Manche Interessenten bieten oft wirklich so lange mit, bis das Objekt der Begierde ihres ist. Der Preis kann dann schon mal jenseits des ermittelten Schätzwertes liegen", sagt Selei Serafin. Recht hat sie. Den Kaufpreis des Raumschiffs schätzten die sogenannten "Experten" auf höchstens 20.000 Dollar. Bekloppt. Aber lukrativ.
Quelle: ntv.de