"Tierwohllabel" bis 2020/21 Discounter sind Vorreiter beim Fleisch-Label
05.08.2018, 05:01 Uhr
(Foto: picture alliance/dpa)
Lidl und andere Discounter wollen ihre Kunden bei Fleischkäufen über die Haltungsbedingungen der Tiere informieren. Die Supermarktketten zögern bislang noch. Mit den Vorstößen der Bundesagrarministerin bleibt ihnen bald jedoch nichts anderes mehr übrig.
Es ist eigentlich paradox: Wer beim Fleischeinkauf nicht nur auf den Preis, sondern auch auf die Haltungsbedingungen der Tiere Wert legt, hat es im Moment bei den Discountern leichter als in den teureren Supermärkten. Denn Lidl, Aldi, Netto, Penny und Kaufland haben zum Teil schon vor Monaten mit der Einführung einer vierstufigen Kennzeichnung begonnen, die auf den ersten Blick Auskunft über die Haltungsbedingungen der Schlachttiere gibt. Nur die großen Supermarktketten Edeka und Rewe machen bisher bei der Kennzeichnung nicht mit.

Erklärtes Ziel von Lidl ist es, dass bereits Anfang kommenden Jahres rund die Hälfte der Fleischprodukte mindestens der Stufe zwei entsprechen.
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Doch dabei soll es nicht bleiben. Nach den Discountern will auch Rewe noch in diesem Jahr bei sämtlichen Eigenmarken aus den Selbstbedienungsbereichen Frischfleisch und Geflügel eine Haltungskennzeichnung einführen, wie ein Firmensprecher sagte. Sogar an den Frischfleischtheken soll über die Umstände der Aufzucht informiert werden. Allerdings könne dies wegen der damit verbundenen Schwierigkeiten noch ein Weilchen dauern. Dass Rewe als Supermarktkette länger für die Einführung einer Haltungskennzeichnung brauche als die Discounter, liege an den viel größeren Sortimenten und den komplexeren Strukturen im Unternehmen, betont der Handelsriese. Das mache die Einführung "etwas zeitaufwendiger".
Der Rivale Edeka prüft unterdessen nach eigenen Angaben noch, "ob eine Umsetzung im Vollsortimentsgeschäft von den Kunden angenommen werden würde und auf welche Weise diese Informationen an der Bedientheke kommuniziert werden können". Das Unternehmen habe das Ziel, den Anteil tierischer Produkte, bei denen Zucht, Haltung, Transport und das Schlachten der Nutztiere den wachsenden Anforderungen der Kunden gerecht werde, kontinuierlich auszubauen, betonte ein Sprecher. "Eine reine Ausweisung der Haltungsform zahlt jedoch nicht direkt auf eine Erhöhung des Tierwohls ein", bemängelte er.
"Tierwohllabel" soll bis 2020/21 in die Supermärkte
Die SB-Warenhauskette Real will bei dem Trend zu eigenen Tierschutz-Labeln des Handels nicht mitmachen. Befragungen hätten eindeutig ergeben haben, dass unterschiedliche Haltungskennzeichnungen für den Verbraucher schwer nachvollziehbar seien, erklärte der Händler. "Eine eindeutige Hilfe für den Kunden sehen wir nur in einer bundesweit gültigen gesetzlichen Regelung." Das könnte allerdings noch dauern.
CDU-Bundesagrarministerin Julia Klöckner strebt aktuell an, dass das geplante staatliche "Tierwohllabel" bis 2020/21 in die Supermärkte kommt. Bis dahin werden wohl die selbst gestrickten Kennzeichnungen der großen Handelsketten das Bild bestimmen. Vorreiter war Lidl. Die Discount-Kette präsentierte im Februar ihr eigenes System zur Kennzeichnung der Haltungsbedingungen, an dem sich alle anderen mehr oder weniger orientierten. Das Unternehmen hofft, dass die Verbraucher durch die Kennzeichnung verstärkt Produkte aus tiergerechterer Haltung kaufen.
Erklärtes Ziel von Lidl ist es, dass bereits Anfang kommenden Jahres rund die Hälfte der Frischfleischprodukte mindestens der Stufe zwei entsprechen, den Tieren also mehr Platz und Beschäftigungsmaterial garantieren. Ob die Bereitschaft der Verbraucher, für das Tierwohl tiefer in die Tasche zu greifen, dazu groß genug ist, darüber kann Lidl im Moment allerdings auch nur spekulieren. Auf die Frage nach den Erfolgen der Kennzeichnung heißt es bei Lidl lediglich: "Für eine zuverlässige Auswertung, ob Verbraucher durch ihr Einkaufsverhalten Fleisch aus einer tierwohlgerechteren Haltung fördern, ist es aktuell noch zu früh."
Quelle: ntv.de, Erich Reinmann, dpa