Neuer Rüstungsriese "EADS der Meere" geplant
01.08.2011, 19:30 Uhr
Fregatte F-125: Bei einer Werftenallianz soll Frankreich dieses Geschäft führen, Deutschland hätte die Oberhoheit über die U-Boot-Sparte - so sind offenbar die Pläne.
(Foto: picture alliance / dpa)
ThyssenKrupp braucht Geld und will die Werftentochter Blohm + Voss verkaufen. Ein Deal mit einem arabischen Konzern scheitert. Das ruft Paris auf den Plan und eine mögliche Werftenallianz zwischen Frankreich und Deutschland nach dem Vorbild des Luftfahrt- und Rüstungskonzerns EADS ist in der Diskussion.
Frankreich und Deutschland stehen einem Pressebericht zufolge vor einem neuen Anlauf zur Zusammenlegung ihres Militärschiffbaus. Die Konzerne ThyssenKrupp und DCNS sowie die Regierungen in Berlin und Paris wollten nach der Sommerpause Gespräche aufnehmen, schrieb die "Financial Times Deutschland" ("FTD"). Die Franzosen drängten auf eine Zusammenarbeit nach dem Vorbild des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS. ThyssenKrupp entgegnete, es seien keine Termine für Gespräche mit DCNS geplant.
ThyssenKrupp war zuletzt damit gescheitert, seinen Marineschiffbau in eine Allianz mit dem arabischen Werftenkonzern Abu Dhabi Mar einzubringen. Die Bundesregierung wollte zu den Zeitungsinformationen keine Stellung nehmen und verwies auf die Unternehmen.
ThyssenKrupp erklärte dazu, derzeit keine Gespräche mit DCNS zu führen. Der Konzern verwies auf eine vor wenigen Wochen beschlossene Kooperation zur gemeinsamen Torpedo-Entwicklung zwischen einem Gemeinschaftsunternehmen von ThyssenKrupp und EADS sowie DCNS und Atlas Elektronik, einem deutschen Lieferanten für Unterwassermarinetechnik. "Zu weiteren Spekulationen nehmen wir keine Stellung", erklärte eine Sprecherin.
Lang gehegte Pläne
Die "FTD" berichtete unter Berufung auf Insider, dass der französische Botschafter mit ThyssenKrupp-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme erste Kontakte eingefädelt habe. Auch das Management der Werftenkonzerne beider Länder - der Pariser Staatswerft DCNS, des Anteilseigners Thales sowie von ThyssenKrupp - sei bereits eingebunden, ebenso die Bundesregierung. Der Prozess stehe noch am Anfang, hieß es. Europas Rüstungswerften stehen unter wachsendem wirtschaftlichen Druck, weil die Aufträge der nationalen Marinen sie immer weniger auslasten.
Paris wirbt seit Jahren für die Zusammenlegung, eine "EADS der Meere", so die "FTD". Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy habe Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mehrfach darauf angesprochen. Die Deutschen lehnten eine solche Allianz aber lange ab - was mit schlechten Erfahrungen wegen Pariser Einflussversuchen bei Airbus und dessen Mutterkonzern EADS begründet wurde.
Von Fregatten und U-Booten
Bevorzugt wurde ein Bündnis mit Abu Dhabi Mar. Doch die Verhandlungen über den weitgehenden Verkauf der Werftentochter Blohm + Voss von ThyssenKrupp an die Araber scheiterte vor vier Wochen nach zwei Jahren Verhandlungen.
Damit wäre der Weg für die Franzosen grundsätzlich frei. Diese könnten laut Zeitung nun die Führung in einem Gemeinschaftsunternehmen zum Bau von Überwasserkriegsschiffen wie Fregatten erhalten. Im Gegenzug bekämen die Deutschen das Sagen in einer U-Boot-Gemeinschaftsfirma. Ein Test für die Kooperation könnte das jüngst vereinbarte deutsch-französische Bündnis bei Torpedos sein: Dabei entwickeln Atlas Elektronik und DCNS künftig gemeinsam.
Quelle: ntv.de, dpa