Deutscher Etat wird zerpflückt EU fordert härteren Sparkurs
17.03.2010, 17:20 UhrBeim Thema Staatsverschuldung ist Griechenland nicht allein. Die EU-Kommission fordert auch Deutschland und Frankreich zu massiven Sparanstrengungen auf. Brüssel vermisst bei der Bundesregierung ausreichende Maßnahmen gegen das Defizit über 2010 hinaus.

Deutschland muss als wichtigste EU- und Euro-Land mehr tun.
(Foto: dpa)
Die Haushaltspolitik der Bundesregierung gerät immer mehr in den Blickpunkt der EU-Kommission. Die Behörde forderte Deutschland zu härteren Sparanstrengungen auf, um den wachsenden Schuldenberg abzubauen.
"Die Haushaltsstrategie reicht nicht aus, um den Schuldenstand zu senken", hieß es in Brüssel. Es sei nicht sichergestellt, dass die Neuverschuldung wie geplant bis 2013 wieder unter die Grenze des Stabilitätspaktes von drei Prozent sinken werde.
Allein der Bundeshaushalt 2010 sieht Gesamtausgaben von 320 Milliarden Euro und eine Neuverschuldung von 80,2 Milliarden Euro vor. Das ist doppelt so hoch wie der bisherige Schuldenrekord aus dem Jahr 1996. Grund sind vor allem die staatlichen Konjunkturprogramme und Hilfen im Kampf gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte im Bundestag die Rekordverschuldung mit Hinweis auf die Krise.
Pläne zu optimistisch
Beim geplanten Abbau des ausgeuferten Defizits sieht die Kommission Risiken, unter anderem wegen der geplanten Steuersenkungen in Deutschland. Die Regierung gehe von zu optimistischen Annahmen aus, verlautete aus der Behörde. In dem Bericht schreiben die Experten, dass die Haushaltslage sich aus drei Gründen schlechter entwickeln könnte als gedacht.
So habe Deutschland noch keine ausreichenden Sparmaßnahmen über 2010 hinaus genannt und müsse seine geplanten Steuersenkungen mit Ausgabenkürzungen finanzieren. Zudem sei nicht sichergestellt, dass Länder und Gemeinden die Schuldenbremse - die die Nettokreditaufnahme des Bundes begrenzt - umsetzten.
Die Bundesregierung erwartet laut Brüsseler Angaben, dass der staatliche Schuldenberg von gut 76 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im laufenden Jahr auf 82 Prozent 2013 wachsen wird. Erlaubt sind höchstens 60 Prozent.
Frankreich noch stärker unter Beschuss
Auch andere Länder bekamen schlechte Noten aus Brüssel. Zu den Schuldensündern gehören neben Deutschland auch Frankreich, Spanien und das Nicht-Euro-Land Großbritannien. Die Kommission äußerte sich nicht zum schlimmsten Schuldenmacher des Eurogebiets, Griechenland, das derzeit unter Spezialaufsicht steht.
Mit dem zweiten großen Euro-Land Frankreich ging EU-Währungskommissar Olli Rehn härter ins Gericht als mit den Deutschen. Beim Defizitabbau bis 2013 gebe es "überhaupt keinen Sicherheitsspielraum", wenn die Konjunktur nicht mitspiele, schrieb die Behörde. Mehr sparen als geplant müssen nach Ansicht der EU-Kommission vor allem Spanien, das von der Rezession schwer getroffen ist, und Großbritannien.
In Großbritannien liegt das Haushaltsdefizit derzeit bei 12,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und soll bis 2014/15 wieder unter das Maastricht-Kriterium von drei Prozent fallen. Die Kommission empfahl den Briten, ihre "mittelfristige Konsolidierung zu beschleunigen". Großbritannien gehört zwar nicht der Währungsunion an, muss aber die Vorgaben des Stabilitätspaktes einhalten - allerdings hat die EU-Kommission keine Sanktionsmöglichkeiten gegen die Briten.
Großes Sorgenkind Spanien
Die Sparmaßnahmen der spanischen Regierung könnten nach Ansicht der EU-Kommission über 2011 hinaus nicht ausreichend sein. Zudem sei Spaniens Prognose, das Haushaltsdefizit bis 2013 auf die von der EU geforderten drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu reduzieren, "ausgesprochen optimistisch", erklärte die Kommission.
Im Vorjahr betrug das Defizit in dem Euro-Land 11,4 Prozent. Die EU geht davon aus, dass die Verschuldung des Landes höher liegen könnte als von der Regierung prognostiziert. Die öffentlichen Schulden erreichen 2012 nach Angaben Spaniens mit rund 74 Prozent ihren Höchststand. Für 2009 wurde eine Verschuldung von rund 55 Prozent angenommen.
Die EU-Behörde bemängelte zudem, dass die Umstrukturierung der Banken in Spanien nicht vorankomme. Dies gefährde das Wachstum. Spanien gehört wie Griechenland, Irland, Italien und Portugal zu den Staaten im Euro-Raum mit den größten Haushaltsproblemen.
Quelle: ntv.de, wne/dpa/rts