Wirtschaft

Annäherung mit Karibik-Staat EU will Handelsabkommen mit Kuba

EU-Kommissionspräsident Barroso und Kubas Präsident Raul Castro beim Gipfeltreffen der EU und lateinamerikanischer Staaten in Santiago de Chile.

EU-Kommissionspräsident Barroso und Kubas Präsident Raul Castro beim Gipfeltreffen der EU und lateinamerikanischer Staaten in Santiago de Chile.

(Foto: picture alliance / dpa)

Seit dem Ende der Sanktionen der EU gegen Kuba hat sich wirtschaftlich wenig getan. Doch die behutsame Öffnung des Landes durch Präsident Raul Castro bietet Chancen für mehr Handel mit Europa. Als Vorbild könnte dabei ein Nachbar der Insel dienen.

An einem heißen Sommertag in Chile ist das Eis zwischen der EU und Kuba getaut: Der kommunistische Staatschef Raul Castro winkt auf dem Gruppenfoto des EU-Lateinamerika-Gipfels Anfang 2013 freundlich, dicht daneben EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso.

Während der Begräbnisfeier von Nelson Mandela in Südafrika reichte US-Präsident Obama Castro die Hand - eine seltene Geste zwischen den Staatschefs der USA und Kubas.

Während der Begräbnisfeier von Nelson Mandela in Südafrika reichte US-Präsident Obama Castro die Hand - eine seltene Geste zwischen den Staatschefs der USA und Kubas.

(Foto: picture alliance / dpa)

Dann kommt es abseits der Kameras zum historischen Händedruck zwischen Castro und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Gut ein Jahr später strebt die EU nun Handelsgespräche an, die Ende 2015 in einem Abkommen mit Kuba münden sollen. Nach Jahrzehnten der Distanz gehen beide aufeinander zu und wollen ins Geschäft kommen.

In Kuba, das im Welthandel als Exporteur von Zigarren, Rum und Nickel nur eine Nebenrolle spielt, bieten sich große Entwicklungschancen. Die EU will die vorsichtige Öffnungspolitik Castros fördern und dabei Einfluss auf die Menschenrechtslage in dem Ein-Parteien-Staat nehmen. Nach Informationen der Organisation Human Rights Watch werden Bürgerrechtler durch lange Haftstrafen mundtot gemacht oder durch Prügel eingeschüchtert.

Handschlag mit Signalwirkung

Nicht zuletzt deswegen gaben Länder wie Deutschland, Polen und Tschechien erst nach langem Zögern grünes Licht für das Verhandlungsangebot an Kuba. Denn noch ist die Erinnerung an den Beginn der Eiszeit zwischen beiden Seiten zu frisch. Die EU reagierte 2003 auf Massenverhaftungen von Dissidenten mit Sanktionen, die später ausgesetzt und 2008 aufgehoben wurden.

Die in Kuba allgegenwärtigen Oldtimer könnten nach einer Lockerung der Importverbote bald von Neuwagen abgelöst werden.

Die in Kuba allgegenwärtigen Oldtimer könnten nach einer Lockerung der Importverbote bald von Neuwagen abgelöst werden.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Dass auch US-Präsident Barack Obama am Rande der Trauerfeier für Südafrikas Anti-Apartheid-Idol Nelson Mandela Kubas Staatschef die Hand reichte, belegt das Ende der internationalen Isolation des Karibik-Staates. Fidel Castros Bruder Raul hatte dafür die Basis geschaffen: durch gelockerte Bestimmungen für Auslandsreisen und die Nutzung des Internets sowie weniger politische Gefangene. Vorsichtig versucht er zudem, die straffe Planwirtschaft mit kleinen Reformen zu lockern. Der kubanische Staatschef hat die ausgestreckte Hand der Europäer ergriffen und will das Gesprächsangebot aus Brüssel "konstruktiv prüfen".

Handel mit Europa dümpelt vor sich hin

Der Handel zwischen der EU und dem Inselstaat dümpelt seit langem vor sich hin: Mit einem Volumen von 739 Millionen Euro war er 2012 kaum höher als vor einem Jahrzehnt. Dabei bieten sich in Kuba ähnliche Chancen wie einst in der Dominikanischen Republik. In dem beliebten Urlaubsland sind die Zeiten längst vorbei, in dem der Zuckerrohr-Anbau die Wirtschaft dominierte.

Durch Freihandelszonen, die sogenannten "Zona Franca", sowie die Ansiedlung von Betrieben des Verarbeitenden Gewerbes hat sich der Karibik-Staat zum attraktiven Investitionsstandort gemausert, in dem unter anderem Medizinprodukte eine wichtige Rolle spielen. Kuba könnte diese Erfolgsgeschichte in unmittelbarer Nachbarschaft als Vorbild für eine stärkere Öffnung dienen. So böte beispielsweise der Tiefseehafen Mariel bei Havanna die Möglichkeit, zu einem festen Punkt auf der Karte der internationalen Schifffahrtsrouten werden.

Abhängigkeit vom "Bruderstaat" überwinden

Mit einer Öffnung nach Europa dürfte Kuba auch seine wirtschaftliche Abhängigkeit von Venezuela verringern. Das südamerikanische Land ist Kubas größter Handelspartner und "Wohltäter". Die linkspopulistische Regierung in Caracas stützt das sozialistische System in Kuba seit Jahren. Doch mittlerweile ist der vom Ölgeschäft profitierende Staat verstärkt mit eigenen wirtschaftlichen und politische Problemen beschäftigt.

Castro kann die starke Abhängigkeit von einem "Bruderstaat" ohnehin nicht mehr geheuer sein: Der Zusammenbruch der Sowjetunion dürfte ihm eine Lehre gewesen sein. Die wirtschaftliche Unterstützung der Insel endete Anfang der 90er Jahre abrupt. Auch diese Erfahrung dürfte zum Tauwetter zwischen Havanna und Brüssel beigetragen haben, meint der frühere kubanische Botschafter in der EU, Carlos Alzugaray: "Kuba ist bei der Suche nach Wirtschaftspartnern realistischer und pragmatischer geworden."

Quelle: ntv.de, Robin Emmot, rts

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