Große Premiere für Weidmann EZB-Rat tagt in Helsinki
05.05.2011, 10:16 UhrJens Weidmann steht vor einer Bewährungsprobe: Erstmals nimmt er als frisch gebackener Chef der Deutschen Bundesbank an einer EZB-Ratssitzung teil. Die obersten Währungshüter der Eurozone treffen sich diesmal nicht am Sitz der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main. Die erste geldpolitische Entscheidung nach der Zinswende von Anfang April wird in Helsinki fallen.
Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat am Morgen in der finnischen Hauptstadt Helsinki seine turnusmäßige Debatte über den weiteren Kurs der Geldpolitik aufgenommen. Das Gros der Fachleute erwartet nicht, dass die EZB ihrer Zinserhöhung von April sofort eine weitere folgen lässt. Ein Teil der Experten geht allerdings davon aus, dass die Währungshüter um EZB-Präsident Jean-Claude Trichet ein deutliches Signal für eine weitere geldpolitische Straffung bereits im Juni geben werden.
Die Notenbanker hatten bei der voraus gegangenen Sitzung im April zum ersten Mal seit dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im September 2008 ihren Leitzins auf aktuell 1,25 Prozent angehoben. Angesichts des zunehmenden Inflationsdrucks in der Eurozone - zuletzt lag die Teuerung bei 2,8 Prozent und damit deutlich über der Zielmarke der EZB - scheinen weitere Zinserhöhungen im Jahresverlauf ausgemacht Sache zu sein.
Erstmals mit am runden Tisch der obersten Geldpolitiker der Eurozone sitzt der neue Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. Er hat Anfang des Monats das Amt von Axel Weber übernommen, der im Februar überraschend seinen Rückzug zu Ende April erklärt hatte. Weidmann gilt wie sein Mentor Weber als geldpolitischer Falke in der stabilitätspolitischen Tradition der Bundesbank. Er dürfte also eher weiteren Zinserhöhungen zugeneigt sein, als diese auf die lange Bank zu schieben.
Ein merkwürdiger Zufall am Rande
Auch Weidmanns Vorgänger Weber hatte seine allererste Reise im Amt im Mai 2004 zu einem der jährlich zwei außerhalb Frankfurts stattfindenden Ratstreffen in den hohen Norden geführt: ebenfalls nach Helsinki.
Vor der EZB entscheidet in London die Bank von England (BoE) über ihren weiteren Kurs. Fachleute erwarten angesichts der weiter schwächelnden Konjunktur trotz der hohen Inflation auch dieses Mal keine Zinserhöhung im Einflussgebiet des britischen Pfund.
Die Fachwelt schaut nach Finnland
Der Leitzins in Großbritannien dürfte also auf seinem Niveau von 0,5 Prozent bleiben. Höhepunkt des Notenbank-Tages ist dann um 14.30 Uhr (MESZ) die traditionelle Pressekonferenz Trichets, an dessen Lippen wieder einmal Journalisten, Banker und viele andere Marktteilnehmer in aller Welt hängen werden.
Zuletzt hatte die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) diesen geldpolitischen Brauch der Europäer übernommen, um das eigene Handel von Markt, Experten und der breiten Öffentlichkeit .
Quelle: ntv.de, mmo/rts