Umschuldung Griechenlands EZB setzt Athen unter Druck
24.04.2011, 11:28 UhrAus der Schuldenkrise im Euroraum führt nach Ansicht von EZB-Chefvolkswirt Stark "kein schmerzfreier Weg". Eine Umschuldung sei als "kurzsichtig und für das jeweilige Land mit erheblichen Nachteilen verbunden".
Die Europäische Zentralbank (EZB) stemmt sich gegen eine Umschuldung Griechenlands. EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark warnte im ZDF vor den Folgen eines Schuldenschnitts, bei dem die Gläubiger des Landes auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müssten. Die Regierung wäre voraussichtlich auf unabsehbare Zeit von den Finanzmärkten abgeschnitten und auf fremde Finanzhilfe angewiesen. Außerdem würde das Bankensystem an den Rand der Insolvenz gedrängt und für seine Stabilisierung müsste sich das Land erneut schwer verschulden.
"Die Vorstellung, man könne eine Haushaltskrise durch eine einfache Schuldenreduzierung lösen, ist eine Illusion", warnte Stark. Die einzige tragfähige Möglichkeit sei die konsequente Umsetzung der Reformprogramme und die vollständige Rückzahlung aller ausstehenden Schulden: "Es gibt keinen schmerzfreien Weg."
Eindringlich warnte der Volkswirt vor den möglichen Folgen einer Umschuldung: "Eine neue Bankenkrise ist eines der Risiken, das zum Beispiel von einer Umschuldung in einem Mitgliedsland der Eurozone ausgehen könnte." Stark verwies auf die enge Verflechtung der Euro-Finanzmärkte. Eine zunächst lokal begrenzte Krise könne negative Auswirkungen auf das ganze europäische Bankensystem haben.
Markt erwartet Umschuldung
Am Kapitalmarkt gilt eine Umstrukturierung der griechischen Schulden als sehr wahrscheinlich. Die Verbindlichkeiten des Landes werden im kommenden Jahr voraussichtlich auf 160 Prozent seiner jährlichen Wirtschaftsleistung steigen. In Deutschland beträgt die Schuldenstandquote gut 80 Prozent.
"Die Diskussion über Umschuldungen im Euroraum beruht auf der vollkommen falschen Annahmen, dass das eine oder andere Mitgliedsland insolvent ist", sagte Stark. Den Hilfen der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds seien Analysen zur Schuldentragfähigkeit vorausgegangen. Die Hilfen wären nicht gewährt worden, wenn die Schuldentragfähigkeit der Länder nach ihren Reformprogrammen nicht sichergestellt werden könnte.
Auf die Frage, ob die Lage in Griechenland zu einer Gefahr für den Euro werde, antwortete Stark: "Unsere gemeinsame europäische Währung war nie in Gefahr und ist es auch heute nicht." Der Euro habe sich in der Krise als Stabilitätsanker bewährt. Eine Schuldenreduzierung erscheine vielleicht als der einfache Weg, sie löse aber nicht die zugrundeliegenden Haushalts- und Strukturprobleme eines Landes.
Quelle: ntv.de, rts/dpa