Kampf gegen die Schuldenkrise EZB sieht Eile geboten
11.11.2010, 15:45 UhrNach Ansicht von EZB-Chefvolkswirt Stark muss beim Vorgehen gegen die Schuldenkrise in der Euro-Zone ein höheres Tempo angeschlagen werden. "Wenn nicht rechtzeitig reagiert wird, müssen wir einen hohen Preis bezahlen", warnt er. Laut Stark haben sich einige Länder nach ihrem Beitritt zur Euro-Zone nicht an die Bedingungen der Währungsunion angepasst.
Der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Jürgen Stark, dringt im Kampf gegen die Schuldenkrise auf ein höheres Reformtempo in Europa. Unter dem Schutzschirm des Euro hätten sich in den vergangenen Jahren große Ungleichgewichte in den Mitgliedsländern aufgebaut, sagte er auf einer Konferenz des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) in Berlin. So seien die Löhne in Randstaaten der Euro-Zone, beispielsweise in Griechenland, geradezu explodiert. Nun müsse rasch gegengesteuert werden. "Wenn nicht rechtzeitig reagiert wird, müssen wir einen hohen Preis bezahlen", warnte Stark.
Das EZB-Direktoriumsmitglied forderte zugleich eine Verschärfung des Europäischen Stabilitätspakts. Bei Verstößen gegen die Haushaltsregeln müssten verstärkt Automatismen bei Sanktionen greifen. Die Brüsseler Reform-Vorschläge blieben allerdings hinter dem zurück, was nötig wäre, "um die Lehren aus der Krise zu ziehen", sagte der EZB-Banker. Er sei persönlich der Meinung, dass ein unabhängiges Gremium benötigt werde, das über die Haushaltsentwicklung in den einzelnen Ländern wache, sagte der EZB-Chefvolkswirt. Zudem plädierte er für "sanktionsfähige Empfehlungen", wie einzelne Länder Ungleichgewichte angehen sollten.
Stark kritisierte, dass sich einige Länder der Euro-Zone sich nach ihrem Beitritt nicht an die Bedingungen der Währungsunion angepasst hätten. "Einige Staaten haben nichts getan." Dennoch sei der Euro eine erfolgreiche und stabile Währung, der ein hohes Vertrauen entgegengebracht werde. "Wir haben keine Währungskrise, sondern eine Krise der öffentlichen Finanzen."
Höhere griechische Neuverschuldung
Unterdessen wird die Neuverschuldung Griechenlands auch 2010 höher ausfallen als zunächst vereinbart. Sein Land werde das mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vereinbarte Defizitziel von 8,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) überschreiten, sagte Ministerpräsident Giorgos Papandreou.
Giorgos Papandreou kämpft gegen das horrende griechische Staatsdefizit.
(Foto: picture alliance / dpa)
An der höheren Neuverschuldung trage die griechische Regierung aber keine Schuld: Die neuen Zahlen gingen lediglich auf die Revision der Defizitzahlen für das vergangene Jahr zurück. Die EU-Statistikbehörde Eurostat hatte bislang ein Defizit von 13,6 Prozent berechnet; in der kommenden Woche wird sie die Zahl auf voraussichtlich mehr als 15 Prozent anheben.
"Bis Ende des Jahres werden wir unser Defizit um ungefähr 5,5 Prozent reduziert haben, vielleicht mehr", sagte Papandreou. Er betonte, dass Griechenland sein Versprechen gehalten habe, das Haushaltsdefizit zu senken.
Irland will alleine klarkommen
Angesichts der gestiegenen Risikoaufschläge für irische Staatsanleihen hat Finanzminister Brian Lenihan der Inselrepublik um das Vertrauen der Märkte geworben. Irland sei in der Lage, seinen angeschlagenen Haushalt aus eigener Kraft in den Griff zu bekommen, sagte er. Die Volatilität der irischen Staatsanleihen sei der Unsicherheit geschuldet, die wegen der Schuldenkrise in der Euro-Zone herrsche.
Der EU-Kommission zufolge hat das hoch verschuldete Irland aber bislang nicht um Finanzhilfe gebeten. Im Mai hatte die EU zum Höhepunkt der Schuldenkrise einen Schutzschirm für Euro-Staaten aufgespannt.
Zuvor war das Misstrauen an den Märkten gegenüber Irland weiter gewachsen. Der Risikoaufschlag (Spread) bei zehnjährigen irischen Bonds zur Bundesanleihe erreichte ein Rekordhoch.
Quelle: ntv.de, wne/AFP/rts