Institutionelle mit im Boot? EZB signalisiert Verzicht
08.02.2012, 12:13 Uhr
Die EU pflügt mit Volldampf durch stürmische Gewässer.
(Foto: Reuters)
Zwischen EU und EZB zeichnet sich möglicherweise ein komplizierter Deal ab, wie doch noch einer der sogenannten öffentlichen Gläubiger am Schuldenschnitt für Griechenland beteiligt werden kann. Einem Medienbericht zufolge soll die EZB dafür ihre griechischen Staatsanleihen an den Rettungsschirm EFSF verkaufen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) ist einem Medienbericht zufolge nun offenbar doch bereit, sich an einer Minderung der Schuldenlast Griechenlands zu beteiligen. Wie das "Wall Street Journal" unter Berufung auf Insider schreibt, soll die EZB die am Sekundärmarkt erworbenen griechischen Staatsanleihen, die sie im Rahmen ihrer Stützungskäufe meist weit unter ihrem Nominalwert erworben hat, an den EFSF abgeben und im Gegenzug Anleihen des Rettungsfonds erhalten.
Anschließend soll der EFSF die von der EZB übernommenen Anleihen - ebenfalls zum Einkaufspreis - an Griechenland zurückgeben. Die EZB wollte diesen Bericht nicht kommentieren. Unklar ist, zu welchem Preis die EZB die Papiere abgegeben werden sollen. Sollte es zu diesem Deal kommen, könnte der Forderungsverzicht der privaten Gläubiger insgesamt aber geringer ausfallen als befürchtet, sagte ein Händler.
Den möglichen Forderungsverzicht der EZB durch diesen Deal an Griechenland beziffert das "Wall Street Journal" mit 11 Mrd. Euro. Die Zeitung beruft sich dabei auf Personen, die über die laufenden Umstrukturierungsverhandlungen unterrichtet sein sollen. "Damit würde der Kreis der Beteiligten an der Umschuldung Griechenlands über den privaten Sektor hinaus ausgeweitet", schreibt die HSH Nordbank. "Der Schritt hin zum EFSF ist dann nicht mehr weit"
Wie auch immer der Deal am Ende aussehen mag, er soll auf jeden Fall die Wahrscheinlichkeit steigern, dass es zu einem neuen Hilfsprogramm über 130 Mrd. Euro kommt, bevor Griechenland im März zahlungsunfähig wird. Die Pleite noch abzuwenden gestaltet sich weiterhin schwierig, da zwischen dem neuen Kredit und dem tatsächlichen Finanzbedarf immer noch eine Lücke von schätzungsweise 15 Mrd. Euro klafft, die auch vom neuen Angebot der EZB nicht geschlossen wird.
Nicht alle Notenbanken im Boot
Der Vorschlag, neben der EZB sollten auch die nationalen Zentralbanken des Euroraums auf ihre Forderungen gegenüber Griechenland teilweise verzichten, wird dem Vernehmen nach weiterhin abgelehnt.
In den vergangenen Wochen war die Forderung laut geworden, neben den privaten müssten sich auch die institutionellen Gläubiger an einem Forderungsverzicht beteiligen, weil Griechenland seine Schuldenlast andernfalls langfristig nicht tragen könne. Der private Forderungsverzicht soll sich auf rund 100 Mrd. Euro belaufen. Ein Sprecher des Institute for International Finance (IIF), das die privaten Anleihegläubiger Griechenlands vertritt, sprach am Dienstagabend von "konstruktiven Gesprächen". In den vergangenen Tagen hatte es allerdings schon geheißen, die Verhandlungen seien so gut wie abgeschlossen.
Troika-Vorschlag auf Wiedervorlage
Unterdessen gehen die Verhandlungen Griechenlands mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF), der EU-Kommission und der EZB über neue Strukturreformen und Ausgabenkürzungen weiter - bisher ohne handfestes Ergebnis, denn ein ursprünglich schon für Montag geplantes und dann auf Dienstag verschobenes Treffen von Ministerpräsident Lucas Papademos mit den griechischen Parteiführern soll nun erst heute stattfinden.
Einige von ihnen haben bereits signalisiert, dass sie die von der so genannten Troika gemachten Vorschläge ablehnen. So sagte der Konservative Antonis Samaras, die Einrichtung eines Sperrkontos für künftige Zinszahlungen käme einer Kontrolle Griechenlands durch Deutschland gleich. "Damit habe ich ein Problem", sagte er. Auch die geplante Kürzung von Renten lehnt er ab.
Berlin spielt auf Zeit
Unterdessen scheint Deutschland entgegen öffentlichen Verlautbarungen das griechische Hilfsprogramm verzögern zu wollen. Die Financial Times Deutschland berichtet, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sei dafür, zunächst nur die 30 Mrd. Euro bereitzustellen, die zur Absicherung der von einem Schuldenschnitt betroffenen griechischen Banken benötigt werden. Die restlichen 100 Mrd. Euro, darauf hat sich Deutschland angeblich mit Finnland und den Niederlanden geeinigt, sollen später genehmigt werden. Damit schaffe Schäuble Spielraum für weitere Forderungen gegenüber Griechenland oder sogar eine Insolvenz.
Quelle: ntv.de, DJ/rts