Streit zwischen Berlin und Paris Europa sucht den Super-Volkswirt
29.11.2011, 18:57 Uhr
Kandidat der Kanzlerin: Jörg Asmussen.
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Deutschland und Frankreich streiten sich um einen der prestigeträchtigsten Posten bei der Europäischen Zentralbank. Beide Staaten erheben Anspruch darauf, den nächsten Chefvolkswirt der EZB zu stellen. Eigentlich gilt Finanzstaatssekretär Asmussen als gesetzt, doch Paris kommen plötzlich Zweifel, ob sie nicht doch einen viel qualifizierteren Kandidaten entsenden.
Zwischen Deutschland und Frankreich entbrennt eine Auseinandersetzung um den richtigen Kandidaten für den Posten des Chefvolkswirts der Europäischen Zentralbank. Bislang galt der deutsche Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen als einziger Kandidat für die Nachfolge des derzeitigen Chefvolkswirts, des Deutschen Jürgen Stark.
Stark hatte im September angekündigt, sein Amt zum Jahresende aufzugeben. Bei ihrem Gipfel im Oktober hatten die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder bereits entschieden, Asmussen ins EZB-Direktorium zu berufen, das Exekutivorgan der Notenbank, dem auch der Chefvolkswirt angehört.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte, Asmussen sei als Nachfolger Starks "bereits gewählt". Die Bundesregierung gehe davon aus, dass Asmussen ein "herausragender Ökonom" mit internationaler Erfahrung und damit "der Beste" für das wichtige Amt in der EZB-Führung sei. "Einen so guten Mann gibt man nicht leicht ab als Bundesfinanzminister", sagte Schäuble.
Den Posten des Chefvolkswirts hatte seit Bestehen der EZB immer ein Deutscher inne. "Es gibt eine Tradition, aber es wäre möglich, eine radikale Neuaufteilung der Verantwortlichkeiten vorzunehmen", hieß es aus informierten Kreisen.
Eignungsfragen
Nach einem Bericht des "Handelsblatts" erhebt neben Deutschland nun auch Frankreich Ansprüche auf das Amt des Chefvolkswirts der Notenbank, das als einflussreich und prestigeträchtig gilt. Informationen der Agentur AFP zufolge möchte Paris den Chefvolkswirt des französischen Finanzministeriums, Benoît Coeuré, bei der Notenbank einführen.

Paris will Benoît Coeuré.
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"Benoît Coeuré hat ganz klar die Kompetenzen und das Profil für den Posten des Chefvolkswirts", sagte ein europäischer Diplomat. Asmussen könne stattdessen andere Zuständigkeiten übernehmen, "beispielsweise das Internationale". Es liege am EZB-Direktorium, dies zu entscheiden.
In der vergangenen Woche hatte Paris Coeuré als neues französisches Direktoriumsmitglied vorgeschlagen. Er soll anstelle des Italieners Lorenzo Bini Smaghi in das Gremium aufrücken. Smaghi verlässt das Direktorium, nachdem mit dem neuen EZB-Präsidenten Mario Draghi im November ein zweiter Italiener in die Runde gerückt war.
Die Nominierung Coeurés für das Direktorium mussten zunächst die Finanzminister der Euro-Zone billigen. Anschließend muss er vor dem zuständigen Ausschuss im Europa-Parlament Rede und Antwort stehen. Offiziell ernannt werden soll er dann beim EU-Gipfel am 9. Dezember.
Quelle: ntv.de, nne/AFP/dpa