Hollande pocht auf Eurobonds Europa trommelt gegen Merkel
21.05.2012, 13:41 Uhr
Beim Thema Eurobonds blicken Merkel und Hollande in unterschiedliche Richtungen.
(Foto: dapd)
Zwischen Frankreich und Deutschland bahnt sich in der Euro-Rettung massiver Streit an: Francois Hollande will auf dem kommenden EU-Gipfel die Einführung von Eurobonds fordern - Kanzlerin Merkel lehnt die europäischen Gemeinschaftsanleihen weiter vehement ab. Schützenhilfe bekommt der Sozialist auch aus den südeuropäischen Hauptstädten: Die Eurobond-Befürworter blasen zum Angriff auf die deutsche Sparpolitik.
Beim Sondertreffen der EU-Staats- und Regierungschefs am Mittwoch in Brüssel droht ein schwerer Streit um Eurobonds. "Das kommt sicher", sagte ein Diplomat am Rande des Nato-Gipfels in Chicago. Der französische Staatschef François Hollande hatte bereits zuvor angekündigt, die Diskussion um gemeinsame Euro-Anleihen auf dem Brüsseler EU-Sondergipfel in dieser Woche neu entfachen zu wollen: Zu seinen Wachstumsvorschlägen gehörten auch Eurobonds. Und: Er werde sie nicht alleine fordern. "Dafür habe ich hier bei den G-8 die Bestätigung erhalten", sagte Hollande am Rande des Treffens der wichtigsten Staats- und Regierungschefs in Camp David.
Hollande spielt damit auf Italiens Regierungschef Mario Monti an, der eine gemeinsame, europäische Schuldentilgung schon lange befürwortet, mit Rücksicht auf Berlin aber bislang nicht laut danach gerufen hat. Nach Frankreich und Italien dürften sich auf dem EU-Gipfel nun aber auch andere Befürworter der europäischen Gemeinschaftsanleihen aus der Deckung wagen: Die Sparpolitik, die Bundeskanzlerin Angela Merkel Europa mit dem beschlossenen Fiskalpakt verordnet hat, gerät damit massiv in die Kritik, zudem droht der sich anbahnende Richtungsstreit, in dem Deutschland und Frankreich nach der Wahl des neuen sozialistischen Präsidenten Hollande gegensätzliche Positionen einnehmen, die Euro-Rettung zu blockieren.
Haushaltsdisziplin statt gemeinsamer Schulden
Denn während Hollande, Monti und andere Eurobond-Befürworter in den Schuldenstaaten in die Offensive gehen, hält die Bundesregierung eisern an ihrem Nein zu Eurobonds fest: Gemeinsame Staatsanleihen der Eurozone seien kein Mittel zur Bewältigung der aktuellen Krise, sagte der stellvertretende Regierungssprecher. "An dieser Position hat sich nichts geändert." Stattdessen sollte sich Europa auf Bemühungen zur Stärkung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit konzentrieren.
Ohne die Garantie, dass Länder bei einer gemeinsamen Schuldentilgung ihre Reformbemühungen nicht bremsen, soll es keine Eurobonds geben. Da sich Deutschland zu sehr günstigen Konditionen an den Kapitalmärkten finanzieren kann, würden laut Experten zusätzliche Milliardenkosten anfallen, falls Berlin Schulden mit anderen Staaten zusammen aufnehmen würde. "Eine gemeinsame Verschuldung und ein gemeinsames Zinsniveau wären schädlich", sagte FDP-Generalsekretär Patrick Döring. Deshalb sei er sicher, dass die Bundesregierung ihre Position durchhalten und auch durchsetzen werde.
"Eurobonds zum jetzigen Zeitpunkt signalisieren zu niedrige Zinsen und nehmen den Druck auf die Anpassung der europäischen Volkswirtschaften", stemmt sich auch Steffen Kampeter, parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium, gegen die Gemeinschaftsanleihen. Eurobonds seien ein "Rezept zur falschen Zeit". Solange es keine gemeinsame Fiskalpolitik in Europa gebe, lehne Deutschland eine Gemeinschaftsfinanzierung über Euro-Staatsanleihen ab. "Wir brauchen den Fiskalpakt, wir brauchen Haushaltsdisziplin, wir brauchen Zukunftsinvestitionen, wir brauchen eine gemeinsam abgestimmte Politik für Angebotsreformen", sagte Kampeter.
Eine engere Zusammenarbeit in der Fiskalpolitik der Euro-Länder sieht auch die EU-Kommission als Bedingung für Euro-Bonds. Voraussetzung für jede Form gemeinsamer Schuldenaufnahmen sei der Schwenk in Richtung einer Fiskalunion im Währungsgebiet, sagte Kommissionssprecher Altafaj in Brüssel. Generell lehnt die Kommission die Einführung der Bonds allerdings nicht ab.
Als Eurobonds bezeichnet man gemeinsame Staatsanleihen, mit denen die Euro-Länder gemeinsam Schulden an den Finanzmärkten aufnehmen würden. Da alle Euroländer gemeinsam für die Rückzahlung und Zinsen der Anleihen haften, fürchten Staaten mit solider Haushaltspolitik wie Deutschland für die Schuldenmacherei anderer Länder aufkommen zu müssen. Die Zinsen für hochverschuldete Länder wie Griechenland und Italien würden sinken, die Finanzierungskosten für Deutschland würden steigen. Deshalb befürchtet Berlin, dass die Gemeinschaftsanleihen Druck von den Schuldenstaaten nehmen würden, ihre Haushalte in Ordnung zu bringen, weil sie sich künftig noch viel billiger verschulden können.
Deutschland stemmt sich gegen Kuhhandel
Doch nicht nur bei Eurobonds, sondern auch bei der Führung der Eurogruppe geraten Deutschland und Frankreich zunehmend aneinander: Laut "Spiegel" versucht Frankreichs Präsident Hollande den deutschen Finanzminister Wolfang Schäuble an der Spitze der Euro-Gruppe zu verhindern. "Eine solche sachfremde Verknüpfung würde ein falsches Licht auf die Notwendigkeit fiskalischer Konsolidierung in Europa werfen", hält Kampeter dagegen. Zudem würde sie denen, die sie anstrebten, letztlich weder politische noch ökonomische Vorteile bringen. Im Übrigen stehe eine Entscheidung über den Eurogruppen-Vorsitz beim informellen EU-Gipfel in wenigen Tagen noch gar nicht an.
Quelle: ntv.de