Banken bestehen, Prüfung fällt durch Experten zerpflücken Stresstest
16.07.2011, 11:29 Uhr
Zu wenig Stress in Frankfurt?
(Foto: dpa)
Der jüngste Krisentest unter Europas Banken sorgt unter Branchenexperten für ein geteiltes Echo. Während Finanzpolitiker und deutsche Bankenaufseher darin einen wertvollen Beitrag zur Beruhigung der Märkte sehen, kritisieren Analysten und Wissenschaftler den Test als zu lasch und manipulierbar.
Nach dem vergleichsweise guten Abschneiden deutscher Finanzhäuser beim europäischen Bankenstresstest gehen die Meinungen über die Aussagekraft des Tests weit auseinander. Deutsche Bankenaufseher sehen darin vor allem einen Beweis der Stabiliät ihrer Schützlinge.
"Die Ergebnisse des Bankenstresstests zeigen, dass die Kapitalausstattung der teilnehmenden deutschen Banken (...) sich unter den pessimistischen Annahmen des Stresstests als robust erwiesen hat", sagte die Vizepräsidentin der Bundesbank, Sabine Lautenschläger. "Der deutsche Bankensektor hat seine Widerstandsfähigkeit bewiesen", betonte auch Raimund Röseler, neuer Leiter Bankenaufsicht bei der deutschen Aufsichtsbehörde BaFin.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wertete die Resultate des Tests als Beleg für die Krisenfestigkeit der Branche. Er sprach von einem "positiven Signal". Die EU-Kommission erklärte, die Institute seien stärker als in der Vergangenheit.
Weichgespült
So einmütig die politische Bewertung des Tests auch ausfällt, verstummen auch nach dem Test nicht laute kritische Stimmen, die die Belastbarkeit der Resultate in Zweifel ziehen. "Alle vergleichsweise großen Banken haben bestanden", sagte etwa Analyst Kevin Kruzenski von KeyBanc Capital Markets. "Das hat die Märkte beruhigt." Die nächste Frage sei aber, ob die Prüfung wirklich hart genug gewesen sei.
Seine Kollegen aus Banken und Wissenschaft finden noch deutlicherer Worte: "Da wurde eine große Chance für glaubwürdige Tests vertan", kritisierte Martin Faust, Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance & Management. "Mit nur acht Durchfallern kann kein Vertrauen wiederhergestellt werden", sagte Michael Symonds, Kreditanalyst von Daiwa Capital Markets.
Politisch geschönt
Der Bankenexperte und Präsident des Bayerischen Finanzzentrums, Wolfgang Gerke, erkennt in dem Test die Handschrift der Politik. "In dem Stresstest stecken auch politische Interessen", sagte Gerke der "Saarbrücker Zeitung". "Er ist immer noch zu großzügig gewesen, was die Möglichkeit der Insolvenz eines europäischen Landes angeht", meinte Gerke. "Man will einfach nicht zugeben, dass Griechenland vor einer Pleite steht".

Hält wenig vom Stresstest: Hans-Peter Burghof, Finanzprofessor an der Universität Hohenheim.
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Auch nach Einschätzung des Banken-Experten Hans-Peter Burghof haben die Testergebnisse nur begrenzte Aussagekraft. "Krisen haben immer viele Dimensionen. Ein solcher Test bildet nur ein mögliches Szenario ab - und es ist extrem manipulierbar, welches Szenario das ist", sagte Burghof.
Im Schnitt kamen die deutschen Teilnehmer im Krisenszenario - Einbruch von Wirtschaft und Aktienmärkten, höhere Zinsen für frisches Geld - auf eine harte Kernkapitalquote von 7,5 Prozent. Die europäische Bankenaufsicht EBA hatte mindestens 5,0 Prozent gefordert. Acht Institute rasselten durch: fünf aus Spanien, zwei aus Griechenland und eins aus Österreich. 16 weitere Banken erfüllten die Anforderungen bei dem umstrittenen Härtetest nur knapp, darunter die NordLB und die HSH Nordbank.
Helaba-Posse
Burghof bemängelt den Umgang der Aufseher mit der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba): Das Frankfurter Institut wäre nach EBA- Kriterien durchgefallen, weil bestimmte Kapitalpositionen überraschend doch nicht als hartes Kernkapital für Krisenzeiten anerkannt wurden.
"Das ist eine bürokratische Albernheit, wenn man jetzt sagt: Die Helaba ist ein unsolides Institut, nur weil sie die eine oder andere Unterlage vielleicht nicht rechtzeitig geliefert hat." Der Bankenexperte urteilte: "Man kann dahinter einen Angriff auf die Landesbanken vermuten oder aber es ist schlicht bürokratische Sturheit. Beides ist kein gutes Signal."
Auch Banker haben für den Fall Helaba kein Verständnis. Sparkassen-Präsident Heinrich Haasis monierte, der Test trage nur unzureichend zur Vertrauensbildung bei. Einige gesunde Institute seien "künstlich krankgeredet" worden, erklärte er unter anderem mit Blick auf die Helaba.
Der Finanzexperte Burghof sieht in dem Test ohnehin nur vordergründig einen Beitrag zu mehr Transparenz im europäischen Bankensektor: "Ziel ist, bei bestimmten Instituten strukturell einzugreifen." Im Visier der Behörden: Vor allem spanische Sparkassen und deutsche Landesbanken.
Quelle: ntv.de, nne/dpa/rts