Rekord-IPO Facebook will's 2012 wissen
14.06.2011, 07:04 UhrDas soziale Online-Netzwerk Facebook strebt US-Medienberichten zufolge einen Börsengang im ersten Quartal 2012 an. Der Zeitplan sei durch die Bestimmungen der US-Börsenaufsicht SEC vorgegeben, heißt es unter Berufung auf informierte Kreise. Facebook könnte mit mehr als einhundert Milliarden Dollar bewertet werden, deutlich mehr als bisher angenommen.

Der erst 26-jährige Mark Zuckerberg ist siebenfacher Milliardär. Angeblich ist er selbst "vom Markt".
(Foto: REUTERS)
Das soziale Netzwerk Facebook will US-Medien zufolge bei einem Börsengang 2012 alle Rekorde brechen und strebt eine Bewertung von rund 100 Mrd. US-Dollar an - ein Drittel mehr als bislang geschätzt. Der Antrag für das Vorhaben könne im Oktober oder November kommen, der Börsengang selbst im ersten Quartal 2012, berichtete der auf Finanzthemen spezialisierte Sender CNBC.
Damit würde das populäre Netzwerk mit seinen weltweit mehr als 500 Millionen Nutzern den Run auf Aktien von Internet-Firmen nutzen - die Entwicklungen etwa beim Schnäppchenportal Groupon, dem Online-Karrierenetzwerk Linkedin und dem russischen Suchmaschinen-Betreiber Yandex aber weit übertreffen.
100 Milliarden Bewertung?
Facebook mit seinem Chef Mark Zuckerberg gilt seit Monaten als Börsenkandidat und hatte den Schritt selbst erst im Mai als unausweichlich bezeichnet. Über Details gibt es bislang aber nur Spekulationen - etwa die Frage, wie viel seiner Anteile die Firma zunächst an die Börse bringen könnte und zu welchem Preis. Auch am Montag wollte sich das Unternehmen nicht äußern. CNBC berichtete, die Bewertung könne bei über 100 Mrd. US-Dollar liegen - womit Facebook an der Börse höher bewertet wäre als etwa Deutsche Bank, Deutsche Post und Lufthansa zusammen. Experten haben bereits vor einer neuen "Blase" für Tech-Aktien gesprochen und vor einem Platzen gewarnt. CNBC zufolge könnte die US-Großbank Goldman Sachs bei dem Facebook-IPO federführend sein.

Unternehmen mit mehr als 500 privaten Investoren müssen nach den Regeln der SEC ihre Finanzlage offenlegen.
Zuckerberg hatte in der Vergangenheit eigentlich mehrfach erklärt, dass er den Börsengang nicht überstürzen wolle. Allerdings würden die Bestimmungen der US-Börsenaufsicht SEC dem Unternehmen keine andere Wahl lassen, berichtete CNBC unter Berufung auf mit dem Vorgang vertraute Kreise.
Hintergrund ist demnach eine Regel, wonach Unternehmen mit mehr als 500 privaten Investoren ihre Finanzlage offenlegen müssen - damit gelten für sie ähnliche Vorgaben wie für an der Börse gehandelte Firmen. Facebook werde diese Schwelle in diesem Jahr höchstwahrscheinlich überschreiten.
Viel Raum für Spekulationen
Investoren haben die Bewertung von Facebook zuletzt immer höher geschraubt. Im Juni 2010 war das Unternehmen mit 23 Mrd. US-Dollar bewertet worden, im Januar 2011 von Goldman Sachs bereits mit mehr als dem doppelten. Im März 2011 wollte ein Finanzinvestor einem Medienbericht zufolge bei Facebook einsteigen und bewertete es mit 65 Mrd. US-Dollar. Facebook hatte Anfang 2011 etwa 2000 Mitarbeiter und weltweit mehr als 500 Millionen Nutzer. Das Jung-Unternehmen machte Bankenkreisen zufolge von Januar bis September 2010 bei einem Umsatz von 1,2 Mrd. US-Dollar einen Netto-Gewinn von 355 Mio. US-Dollar.
Ihren jüngsten Höhepunkt hatte der Hype um Internet-Aktien Mitte Mai beim Börsengang des Online-Karrierenetzwerks Linkedin. Deren Papiere waren am ersten Handelstag zeitweise um fast 120 Prozent in die Höhe geschnellt. Einige Experten sagten daraufhin, zehn Jahre nach dem jähen Ende des Höhenfluges an Nasdaq und Neuem Markt seien Firmen ohne nennenswerte Gewinne plötzlich wieder Mrd. wert, weil Investoren offenbar mit rosaroter Brille in die Zukunft blicken wollten. Selbst Linkedin war von dem Höhenflug überwältigt: Noch Tage vor dem Börsengang hatten sie einen Firmenwert von rund drei Mrd. US-Dollar angepeilt. Stattdessen war das Netzwerk - eigentlich eine mit Lebensläufen gefüllte Internet-Datenbank - plötzlich zehn Mrd. US-Dollar wert. Üblicherweise streben Börsenkandidaten und die beteiligten Banken ein Kursplus von rund 15 Prozent an: Auf diesem Niveau werden Anleger für ihren Mut ausreichend belohnt und das Unternehmen selbst hat nicht das Gefühl, seine Anteile unter Wert verkauft zu haben.
Die nächste Blase?
In der Branche wimmelt es von neuen Start-Ups und Trittbrettfahrern. "Die Leute gehen davon aus, dass eine Technologie-Firma ihren Platz für immer halten kann. Dabei gibt es immer einen Neuen, der irgendetwas besser macht", sagte etwa David Menlow von der auf Börsengänge spezialisierten Web-Seite IPOfinancial.com nach dem Linkedin-IPO. Er erinnerte an den Hype, den die Seite MySpace hervorrief - um kurz darauf von Facebook überrannt zu werden.
Trotz ausgelassener Partystimmung sind über dem Börsengang von Facebook die ersten dunklen Wolken auszumachen. Allein im Mai verlor Facebook nach eigenen Angaben in den USA sechs Millionen Mitglieder (bisher 155 Millionen). Im selben Zeitraum sprangen in Kanada anderthalb Millionen Nutzer ab. Da dies bereits der zweite Monat in Folge mit hohen Verlusten ist, deuten Analysten dies als sicheres Zeichen, dass Zuckerbergs Netzwerk möglicherweise seine Expansionsgrenzen erreicht hat.
Quelle: ntv.de, rts/AFP